
In Kehrsatz (BE) legt der Archäologische Dienst des Kantons Bern ein Dorf aus der Bronzezeit frei. Spuren im Boden zeigen, wo einst Häuser und Speicher standen. Aufwendig verzierte Keramikgefässe sprechen für die Kunstfertigkeit der damaligen Handwerker.
Zwischen der Bernstrasse in Kehrsatz und dem Gurten sollen eine Wohn- und Gewerbeüberbauung sowie ein neuer Strassenkreisel entstehen. In dieser Zone liegen archäologische Reste eines bronzezeitlichen Dorfes, die von den geplanten Baumassnahmen bedroht sind. Dank der frühzeitigen Koordination mit der Projektleitung der Überbauung können die archäologischen Arbeiten im Vorfeld der einzelnen Bauetappen ausgeführt werden, ohne dass es zu Bauverzögerungen kommt.
Einmalige Chance
Die Geländeterrasse am Fuss des Gurtens zwischen Kleinwabern und Kehrsatz ist seit dem 4. Jahrtausend v. Chr. ein beliebter Siedlungsplatz. Ein erstes grossflächiges Dorf entstand in der sogenannten Mittelbronzezeit, vor rund 3500 Jahren. Nur selten ergibt sich für Archäologinnen und Archäologen die Chance, ein Dorf in seiner ganzen Ausdehnung zu untersuchen. Für die fragliche Epoche ist eine solche Gelegenheit wohl in der ganzen Schweiz einmalig. Nur aus vollständigen Dorfplänen lassen sich Rückschlüsse zur Struktur einer Siedlung und zur damaligen Gesellschaft ziehen.
In Kehrsatz zeichnet sich eine lockere Bebauung ab, in der sich Zonen mit kleinen Speicherbauten mit Zonen abwechseln, in denen grössere Wohnhäuser standen. Daneben liegen Areale, die nur wenige Spuren einer Nutzung liefern – ein Hinweis auf Dorfplätze?
Vorräte, Depots und Abfälle
Scherben von Tongefässen sind das häufigste Fundmaterial in Kehrsatz. Sie lassen eine erstaunliche Formen- und Verzierungsvielfalt erkennen. Diese innovative Phase in der Keramikentwicklung wiederspiegelt Veränderungen der Gesellschaft, die sich auch in neuen Bestattungssitten und einer intensivierten Landwirtschaft äussern.

Einige Gruben mit Resten von Keramikgefässen werfen die Frage auf, ob diese hier rituell deponiert oder einfach entsorgt wurden. Daneben lassen sich bei Wohnbauten auch Gruben nachweisen, in denen Nahrungsvorräte in Töpfen aufbewahrt wurden. Zudem konnten Werkzeuge aus Feuerstein und Fragmente von Mühlsteinen geborgen werden.
Die namengebende Bronze ist in mittelbronzezeitlichen Fundstellen selten. Als wertvoller Rohstoff wurde sie in der Regel wiederverwendet. Bisher konnten in Kehrsatz Fragmente von Schmucknadeln und einer Sichel sowie eine Pfeilspitze geborgen werden. Gussfragmente deuten an, dass hier auch Bronze verarbeitet wurde.
Am «Tag der offenen Grabung» vom 22. September 2016 kann die Bevölkerung die Ausgrabung besichtigen.