Faserverstärkte Verbundstoffe schnell und präzise durchleuchten

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Matias Kagias (links) und Marco Stampanoni vor der Apparatur, mit der sie die Ve
Matias Kagias (links) und Marco Stampanoni vor der Apparatur, mit der sie die Verbundstoffe mithilfe der neu entwickelten Röntgenmethode untersuchten. Beide halten jeweils eines der Werkstücke, die damit durchleuchtet wurden. (Foto: Paul Scherrer Institut/Mahir Dzambegovic)

Forschende des Paul Scherrer Instituts PSI haben eine Methode der Röntgenkleinwinkelstreuung so verbessert, dass sie nun bei der Entwicklung oder der Qualitätskontrolle neuartiger faserverstärkter Verbundstoffe eingesetzt werden kann. Dadurch können künftig nicht nur Röntgenstrahlen aus besonders leistungsfähigen Quellen wie der Synchrotron Lichtquelle Schweiz SLS für die Untersuchung entsprechender Materialien genutzt werden, sondern auch jene aus herkömmlichen Röntgenröhren. Ihre Ergebnisse veröffentlichen die Forschenden nun im Fachmagazin Nature Communications.

Neuartige faserverstärkte Verbundstoffe gewinnen als stabile und gleichzeitig leichte Materialien zunehmend an Bedeutung. Ein Beispiel für diese Art von Verbundstoffen sind kohlenstofffaserverstärkte Kunststoffe (CFK), die beispielsweise im Flugzeugbau oder bei der Konstruktion von Formel-1-Rennwagen und Sportfahrrädern eingesetzt werden. Die Eigenschaften dieser Materialien hängen massgeblich davon ab, wie die Fasern ausgerichtet sind und wie sie sich im umgebenden Material zueinander anordnen. Sie beeinflussen beispielsweise das mechanische, optische oder elektromagnetische Verhalten von Verbundstoffen.

Will man die Zusammensetzung solcher Verbundstoffe beobachten, muss man zwangsläufig in sie hineinschauen. Dafür kann man die sogenannte Röntgenkleinwinkelstreuung verwenden, Englisch: small angle X-ray scattering (SAXS), und damit ausnutzen, dass Röntgenstrahlen beim Durchdringen von Materie gestreut werden. Aus dem so entstehenden Streuungsmuster lassen sich Informationen über das Innere einer Probe ermitteln und eventuell über die Orientierung der Fasern. Die herkömmlichen Verfahren der SAXS haben allerdings den Nachteil, dass sie sehr langsam sind: Es kann nämlich mehrerer Stunden dauern, um wenige Zentimeter einer Probe fortlaufend in der notwendigen Auflösung zu durchleuchten.

Das Verknoten eines Kohlefaserbandes beobachten

Forschenden des Paul Scherrer Instituts PSI und der ETH Zürich ist es nun gemeinsam mit Kollegen der EPF Lausanne und dem dänischen Spin-off-Unternehmen Xnovo Technology gelungen, die Technik für die praxisnahe Anwendung weiterzuentwickeln. « Dadurch ist es möglich, mehrere lokale Streuungsmuster zu erkennen, die die räumliche Innenstruktur einer Probe mit nur einem Röntgenbild widerspiegeln, sodass wir eine grosse Anzahl von aufeinanderfolgenden Bildern aufnehmen können", sagt Matias Kagias, Erfinder der Methode und Postdoc in der PSI-Röntgentomografiegruppe unter der Leitung von Marco Stampanoni. Als prinzipiellen Beweis für ihr Funktionieren nutzten die Forscher das neue Verfahren, um die Ausrichtung der Fasern in einem Kohlefaserband während des Knotenprozesses darzustellen. Sie nahmen zeitaufgelöste Röntgenprojektionen mit 25 Bildern pro Sekunde über einen Zeitraum von 11 Sekunden auf.

Anwendung in der Medizin oder für die innere Sicherheit denkbar

Die neue Methode funktioniert darüber hinaus nicht nur mit Röntgenstrahlen aus Beschleunigeranlagen wie der Synchrotron Lichtquelle Schweiz SLS, sondern auch mit Strahlen aus herkömmlichen Röntgenröhren. « Es wird daher erwartet, dass dieser neuartige Ansatz konkrete Anwendung in Medizinprodukten, bei der zerstörungsfreien Prüfung sowie im Bereich der inneren Sicherheit finden wird", so Marco Stampanoni, Leiter der Forschungsgruppe Röntgentomografie.

Ihre Ergebnisse veröffentlichen die Forschenden nun im Fachmagazin Nature Communications.

Text: Paul Scherrer Institut/Sebastian Jutzi