Intelligente Mikroskope zur Erfassung seltener Ereignisse

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An der EPFL haben Spezialisten für Biophysik eine Kontrollsoftware entwickelt, die die Datenerfassung von Fluoreszenzmikroskopen an lebenden Proben optimiert. Ihre Kontrollschleife ermöglicht es, detaillierte Bilder von bakteriellen und mitochondrialen Teilungsstellen zu erhalten. Sie ist als Plug-in frei verfügbar und könnte eine neue Generation von intelligenten Mikroskopen inspirieren.

Stellen Sie sich einen Doktoranden mit seinem Fluoreszenzmikroskop und einer Probe lebender Bakterien vor. Wie kann man diese Ressourcen am besten nutzen, um detaillierte Beobachtungen der Teilung von Mikroorganismen zu erhalten?

Man kann auf Mahlzeiten und Schlaf verzichten, um Tag und Nacht vor dem Mikroskop zu sitzen. So erhält man Bilder genau dann, wenn sich das Bakterium teilt (dieser Vorgang kann Stunden dauern!). Das ist nicht so unvernünftig, wie es scheint. Die manuelle Kontrolle von Erkennung und Aufnahme ist in vielen Wissenschaftsbereichen üblich.

Man kann das Mikroskop auch so einstellen, dass es unterschiedslos und so oft wie möglich Bilder aufnimmt. Doch zu viel Licht verbraucht die Fluoreszenz der lebenden Probe schneller und kann sie vorzeitig zerstören. Außerdem wird man viele uninteressante Bilder produzieren, da nur einige wenige eine bakterielle Teilung beschreiben.

Künstliche Intelligenz ermöglicht eine andere Lösung, indem sie die Vorboten der bakteriellen Teilung erkennt. Diese Hinweise würden dazu dienen, die Software zur Steuerung des Mikroskops automatisch anzupassen, damit es mehr Bilder von dem Ereignis aufnimmt.

Tatsächlich haben Biophysiker der EPFL einen Weg gefunden, die Steuerung von Mikroskopen zu automatisieren. Mit künstlichen neuronalen Netzen erhalten sie detaillierte Bilder von biologischen Ereignissen, während sie gleichzeitig den Stress für die Proben begrenzen. Ihre Technik funktioniert sowohl bei der Zellteilung von Bakterien als auch bei der Teilung von Mitochondrien. In Nature Methods berichten sie über die Details ihres intelligenten Mikroskops.

"Ein intelligentes Mikroskop ist ein bisschen wie ein autonomes Fahrzeug", erklärt Suliana Manley, Leiterin des Labors für experimentelle Biophysik an der EPFL. Es muss eine bestimmte Art von Informationen und subtile Konfigurationen verarbeiten, auf die es mit einer Anpassung seines Verhaltens reagiert. Mit einem neuronalen Netz können wir viel feinere Ereignisse erkennen und diese zur Anpassung der Erfassungsgeschwindigkeit nutzen."

Suliana Manley und ihr Team fanden zunächst einen Weg, die Teilung von Mitochondrien zu erkennen, die komplizierter ist als die Teilung von Bakterien wie C. crescentus. Die mitochondriale Teilung ist unvorhersehbar. Sie kommt nicht häufig vor und kann jederzeit im mitochondrialen Netzwerk auftreten. Die Wissenschaftler lösten das Problem, indem sie ihr neuronales Netzwerk darauf trainierten, auf mitochondriale Einengungen zu achten - Veränderungen in der Form der Mitochondrien, die Vorläufer von Teilungen sind - sowie ein Protein zu beobachten, von dem bekannt ist, dass es an den Stellen der Teilung angereichert ist.

Sind die Einschnürungen groß und die Proteinwerte hoch, schaltet das Mikroskop auf hohe Geschwindigkeit um, um viele detaillierte Bilder der Teilung zu erfassen. Sind beide Parameter auf einem niedrigen Niveau, schaltet das Mikroskop auf eine niedrige Geschwindigkeit, um die Probe nicht zu viel Licht auszusetzen.

Mit diesem intelligenten Fluoreszenzmikroskop haben die Wissenschaftler gezeigt, dass man eine Probe über einen längeren Zeitraum beobachten kann als mit der standardmäßigen Hochgeschwindigkeits-Bildgebung. Die Probe wurde zwar stärker gestresst als bei der Hochgeschwindigkeits-Bildgebung, dafür erhält man aber mehr verwertbare Daten.

"Das Potenzial der intelligenten Mikroskopie umfasst die Messung von Dingen, die Standard-Erfassungsmethoden übersehen würden", erklärt Suliana Manley. Wir erfassen mehr Ereignisse, messen kleinere Verengungen und können jede Teilung detaillierter verfolgen."

Das Team hat seine Steuerungsmethode in Form eines Plug-ins für die Open-Source-Mikroskopiesoftware Micro-Manager öffentlich zugänglich gemacht. Damit sollen auch andere Wissenschaftler in die Lage versetzt werden, künstliche Intelligenz in ihre eigenen Mikroskope zu integrieren.