Ein photonischer Chip, der Licht verstärken kann

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2022 EPFL
2022 EPFL

Wissenschaftler der EPFL haben photonische integrierte Schaltkreise entwickelt, die ein neues Prinzip der Lichtverstärkung auf einem Siliziumchip demonstrieren. Dieses Prinzip kann für optische Signale genutzt werden, wie sie in Lidar, transozeanischen Faserverstärkern oder in der Telekommunikation von Datenzentren verwendet werden.

Die Möglichkeit, eine Quantengrenzverstärkung der in Glasfasern enthaltenen optischen Signale zu erreichen, ist zweifellos einer der wichtigsten technologischen Fortschritte, die unsere moderne Informationsgesellschaft begründen. In der optischen Telekommunikation wurde das Wellenlängenband von 1550 nm nicht nur wegen der minimalen Verluste von Siliziumdioxid-Lichtwellenleitern gewählt (eine Entdeckung, die 2008 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet wurde), sondern auch, weil es Möglichkeiten zur Verstärkung dieser Signale gibt, die für die Realisierung der transozeanischen Kommunikation über Lichtwellenleiter unerlässlich sind.

Die optische Verstärkung spielt eine wesentliche Rolle in nahezu allen Lasertechnologien wie der optischen Kommunikation, die z. B. in Rechenzentren für die Kommunikation zwischen Servern und zwischen Kontinenten über transozeanische Glasfaserverbindungen genutzt wird, oder in Telemetrieanwendungen wie dem kohärenten frequenzmodulierten Dauerstrich-LiDAR (FMCW) - einer aufstrebenden Technologie, mit der Objekte weiter, schneller und mit bisher unerreichter Genauigkeit erkannt und verfolgt werden können. Heute werden optische Verstärker, die auf Seltenerdionen wie Erbium und III-V-Halbleitern basieren, in konkreten Anwendungen häufig eingesetzt.

Beide Ansätze basieren auf der Verstärkung durch optische Übergänge. Es gibt jedoch noch ein weiteres Paradigma der optischen Signalverstärkung: parametrische Wanderfeldverstärker, die das Signal verstärken, indem sie einen kleinen "Parameter" des Systems variieren, wie etwa die Kapazität oder die Nichtlinearität einer Übertragungsleitung.

Optische parametrische Verstärker

Seit den 1980er Jahren ist bekannt, dass die intrinsische Nichtlinearität von Glasfasern auch für parametrische optische Wanderwellenverstärker genutzt werden kann, deren Verstärkung unabhängig von Atom- oder Halbleiterübergängen ist, was bedeutet, dass sie breitbandig sein und praktisch alle Wellenlängen abdecken können.

Parametrische Verstärker leiden auch nicht unter einem minimalen Eingangssignal, was bedeutet, dass sie dazu verwendet werden können, sowohl die schwächsten Signale als auch eine hohe Eingangsleistung in derselben Einstellung zu verstärken. Schließlich kann das Verstärkungsspektrum durch Optimierung der Wellenleitergeometrie und Dispersionstechnik angepasst werden, was eine hohe Designflexibilität für Zielwellenlängen und -anwendungen mit sich bringt.

Noch interessanter ist, dass eine parametrische Verstärkung in ungewöhnlichen Wellenlängenbändern erzielt werden kann, die außerhalb der Reichweite von herkömmlichen Halbleitern oder mit seltenen Erden dotierten Fasern liegen. Die parametrische Verstärkung ist intrinsisch durch Quanten begrenzt und kann sogar eine rauschfreie Verstärkung erreichen.

Die Grenzen des Siliziums

Trotz ihrer attraktiven Eigenschaften haben optische parametrische Verstärker in Fasern einen sehr hohen Bedarf an Pumpleistung, der sich aus der geringen Kerr-Nichtlinearität von Siliziumdioxid ergibt. In den letzten zwei Jahrzehnten haben die Fortschritte bei den integrierten Photonikplattformen die effektive Kerr-Nichtlinearität, die in Siliziumdioxidfasern nicht erreicht werden kann, erheblich verbessert, aber nicht zu Gleichwellenverstärkern geführt.

"Der Betrieb im Gleichwellenregime ist nicht nur eine akademische Errungenschaft", sagt Professor Tobias Kippenberg, Leiter des Labors für Photonik und Quantenmessungen an der EPFL. "Vielmehr ist sie für die praktische Funktionsweise jedes Verstärkers unerlässlich, denn sie bedeutet, dass jedes Eingangssignal verstärkt werden kann, z. B. optisch kodierte Informationen, Signale von LiDAR oder Sensoren. Die zeitlich und spektral kontinuierliche Wanderwellenverstärkung ist entscheidend für den erfolgreichen Einsatz von Verstärkungstechnologien in modernen optischen Kommunikationssystemen und in aufstrebenden Anwendungen der optischen Detektion und Entfernungsmessung."

Ein revolutionärer Photonenchip

Unter der Leitung von Johann Riemensberger aus dem Team von Tobias Kippenberg hat eine aktuelle Studie nun die Herausforderung angenommen und einen Wanderwellenverstärker entwickelt, der auf einer integrierten photonischen Schaltung basiert, die im Gleichstrombetrieb arbeitet. "Unsere Ergebnisse sind der Höhepunkt von mehr als einem Jahrzehnt Arbeit im Bereich der integrierten nichtlinearen Photonik und der Bemühungen, die Wellenleiterverluste immer weiter einzuschränken", erklärt Johann Riemensberger.

Die Forscherinnen und Forscher verwendeten einen über zwei Meter langen, sehr verlustarmen integrierten photonischen Schaltkreis aus Siliziumnitrid, um den ersten Wanderwellenverstärker auf einem 3x5 mm2 großen photonischen Chip herzustellen. Der Chip arbeitet im Dauerbetrieb und bietet in den Telekommunikationsbändern eine Nettoverstärkung auf dem Chip von 7 dB und eine Nettoverstärkung auf der Faser von 2 dB. Auch die parametrische Verstärkung mit Nettoverstärkung auf dem Chip in Siliziumnitrid wurde kürzlich von den Gruppen von Victor Torres-Company und Peter Andrekson an der Chalmers University realisiert.

In Zukunft kann das Team mithilfe präziser lithografischer Kontrolle die Dispersion des Wellenleiters optimieren, um eine parametrische Verstärkungsbandbreite von über 200 nm zu erreichen. Da der grundlegende Absorptionsverlust von Siliziumnitrid sehr gering ist (ca. 0,15 dB/Meter), kann durch weitere Fertigungsoptimierungen die maximale parametrische Verstärkung des Chips mit nur 750 mW Pumpleistung auf über 70 dB gesteigert werden und damit die Leistung der besten Faserverstärker übertreffen.

"Die Anwendungsbereiche für diese Verstärker sind unbegrenzt", fährt Tobias Kippenberg fort. "Von der optischen Kommunikation, bei der man Signale über die herkömmlichen Telekommunikationsbänder hinaus erweitern kann, über die Verstärkung von Signalen und Lasern im mittleren Infrarot oder im sichtbaren Bereich bis hin zu LiDAR oder anderen Anwendungen, bei denen Laser zum Sondieren, Erkennen und Abfragen von klassischen oder Quantensignalen eingesetzt werden."

Referenzen

Johann Riemensberger, Junqiu Liu, Nikolai Kuznetsov, Jijun He, Rui Ning Wang, Tobias J. Kippenberg. Photonic chip-based continuous-travelling-wave parametric amplifier. Nature 30 November 2022. DOI: 10.1038/s41586’022 -05329-1.