Wissenschaftler der EPFL haben mithilfe einer nanoplasmonischen Methode die Produktion von Zellsekreten, darunter Proteine und Antikörper, in Echtzeit beobachtet. Dieser Durchbruch könnte zur Entwicklung von Krebsbehandlungen, Impfstoffen und anderen Therapien beitragen.
Zellsekrete wie Proteine, Antikörper und Neurotransmitter spielen eine entscheidende Rolle bei der Immunantwort, dem Stoffwechsel und der Kommunikation zwischen den Zellen. Das Verständnis der Zellsekretionen ist für die Entwicklung von Behandlungsmethoden für Krankheiten unerlässlich. Mit den derzeitigen Methoden kann man jedoch nur die Menge der Sekrete angeben, ohne genau zu sagen, wann und wo sie produziert werden.
Wissenschaftler des Labors für bionanophotonische Systeme ( BIOS ) der Fakultät für Ingenieurwissenschaften und Technik und der Universität Genf haben eine neue Methode der optischen Bildgebung entwickelt, die eine vierdimensionale Ansicht der Zellsekretionen in Raum und Zeit ermöglicht. Indem sie einzelne Zellen in mikroskopisch kleinen Vertiefungen eines nanostrukturierten, goldbeschichteten Chips platzieren und dann an der Oberfläche des Chips ein Phänomen namens Plasmonenresonanz induzieren, können sie die Sekrete während der Produktion kartieren und gleichzeitig die Form und Bewegung der Zellen beobachten.
Da sie einen beispiellos detaillierten Einblick in die Funktionsweise und Kommunikation von Zellen bietet, sind die Wissenschaftler der Ansicht, dass ihre Methode, die kürzlich in der Zeitschrift Nature Biomedical Engineering veröffentlicht wurde, ein enormes Potenzial für die pharmazeutische Entwicklung und die Grundlagenforschung birgt.
"Sie ermöglicht es uns, einzelne Zellen mit hoher Ausbeute zu screenen, was für unsere Arbeit von entscheidender Bedeutung ist. Kollektive Messungen der durchschnittlichen Reaktion vieler Zellen spiegeln nicht ihre Heterogenität wider. Und in der Biologie ist alles heterogen, von den Immunantworten bis hin zu den Krebszellen. Deshalb ist Krebs so schwer zu behandeln", sagt Hatice Altug, Leiterin des BIOS-Labors.
Eine Million Detektorelemente
Das Grundelement der Methode der Wissenschaftler lässt sich auf einen 1 cm2 großen nanoplasmonischen Chip reduzieren, der aus Millionen von winzigen Löchern und Hunderten von Kammern für einzelne Zellen besteht. Der Chip besteht aus einem nanostrukturierten Goldsubstrat, das mit einem dünnen Netz aus einem Polymer überzogen ist. Jede Kammer ist mit einem Zellmedium gefüllt, um die Zellen während der Bildgebung am Leben und gesund zu erhalten.
"Die Zellsekrete sind wie die "Worte" der Zelle: Sie verteilen sich dynamisch in Zeit und Raum, um mit anderen Zellen in Kontakt zu treten. Unsere Technologie ermöglicht es, eine wesentliche Heterogenität zu erfassen, nämlich wo und wie weit diese "Worte" reisen", erklärt Saeid Ansaryan, Doktorand am BIOS-Labor und Erstautor.
Der nanoplasmonische Teil greift mithilfe eines Lichtstrahls ein, der die Goldelektronen zum Schwingen bringt. Die Nanostruktur ist so konzipiert, dass nur bestimmte Wellenlängen sie durchdringen können. Wenn ein Phänomen, wie die Sekretion eines Proteins, auf der Oberfläche des Chips auftritt und das Licht, das durch ihn hindurchgeht, verändert, ändert sich das Spektrum. Ein CMOS-Bildsensor (Complementary Metal Oxide Semiconductor) und eine LED setzen diese Veränderung in Intensitätsschwankungen auf den CMOS-Pixeln um.
"Das Interessante an unserem Gerät ist, dass die über die gesamte Oberfläche verteilten Nanotrousen jeden Punkt in ein Detektorelement verwandeln. Dadurch können wir die räumlichen Muster der freigesetzten Proteine unabhängig von der Position in der Zelle beobachten", sagt Saeid Ansaryan.
Mit dieser Methode konnten die Wissenschaftler Einblicke in zwei wesentliche Zellprozesse - Zellteilung und Zelltod - gewinnen und die empfindlichen menschlichen B-Zellen, die Antikörper absondern, untersuchen.
"Wir haben den Zellinhalt gesehen, der bei zwei Formen des Zelltods freigesetzt wird, nämlich bei der Apoptose und der Nekroptose. Bei letzterer wird der Inhalt in einem asymmetrischen Burst freigesetzt, was zu einer Bildsignatur oder einem Fingerabdruck führt. Dies wurde bisher noch nie auf der Ebene einer einzelnen Zelle nachgewiesen", sagt Hatice Altug.
Screening auf zelluläre Eignung
Da die Methode darin besteht, die Zellen in ein nahrhaftes Zellmedium einzutauchen und keine toxischen Fluoreszenzmarker benötigt, die bei anderen Bildgebungstechnologien verwendet werden, können die untersuchten Zellen leicht wiedergewonnen werden. Dies verleiht dieser Methode ein großes Potenzial für die Entwicklung von Medikamenten, Impfstoffen und anderen Behandlungsmethoden, z. B. um Wissenschaftlern dabei zu helfen, zu verstehen, wie Zellen auf verschiedene Therapien auf individueller Ebene reagieren.
"Da die Menge und Art der von einer Zelle produzierten Sekrete Rückschlüsse auf ihre Gesamtwirksamkeit zulässt, könnten wir uns auch Anwendungen in der Immuntherapie vorstellen, bei denen die Immunzellen der Patientin oder des Patienten auf die wirksamsten Zellen gescreent werden und dann eine Kolonie dieser Zellen gebildet wird", erklärt Saeid Ansaryan.
Referenzen
Ansaryan, S., Liu, YC., Li, X. et al. High-throughput spatiotemporal monitoring of single-cell secretions via plasmonic microwell arrays. Nat. Biomed. Eng (2023). https://doi.org/10.1038/s41551’023 -01017-1
Nanoplasmonische Bildgebung enthüllt die Sekretion von Proteinen
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