Laserscanning enthüllt archäologische Schätze in Schweizer Wäldern

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Bewaldete Flächen in der Schweiz, basierend auf einem Vegetationshöhenmodell aus
Bewaldete Flächen in der Schweiz, basierend auf einem Vegetationshöhenmodell aus dem Jahr 2019 von Ginzler & Hobi (2019), angepasst und verwendet mit Erlaubnis der Autoren. © zvg

Die sogenannte LiDAR-Technologie ermöglicht hochpräzise digitale Höhenmodelle einer Landschaft anzufertigen. Sie hat die archäologische Forschung in bewaldeten Gebieten weltweit vorangebracht. Seit kurzem sind auch für die Schweiz LiDAR-Daten vom Bundesamt für Landestopographie swisstopo vorhanden. Archäologinnen und Archäologen der Universität Bern arbeiten an der Auswertung dieser Daten mittels Machine Learning. Hunderte archäologische Stätten warten auf ihre Entdeckung - auch mithilfe von Nichtfachleuten.

Wälder sind für archäologische Begehungen ein schwieriges Terrain, da dichtes Unterholz, umgestürzte Bäume und Bodenbewuchs die Sicht auf archäologische Fundplätze erschweren. Viele Gebiete wurden deshalb noch nie systematisch archäologisch untersucht. Hochauflösende LiDAR-Daten vom Bundesamt für Landestopographie swisstopo erlauben es nun, unter das Blätterdach der Schweizer Wälder zu blicken.

LiDAR steht für ’Light Detection And Ranging’. Dabei werden mithilfe dreidimensionaler Laserscannings von einem Flugzeug aus Daten gewonnen, aus denen sich hochpräzise digitale Höhenmodelle einer Landschaft ableiten lassen. ’Damit eröffnet sich ein riesiges Gebiet, von dem wir nur unzureichend wissen, welche Entdeckungen es für uns bereit hält’, sagt Gino Caspari vom Institut für Archäologische Wissenschaften der Universität Bern. Caspari hat seine Erkenntnisse zu den frei zugänglichen LiDAR-Daten kürzlich in der Wissenschaftszeitschrift Remote Sensing veröffentlicht. Die Studie zeigt die Lücken in den heutigen kantonalen archäologischen Inventaren auf und erläutert, wie die Daten gewinnbringend für Dokumentation und Schutz von Kulturerbe sowie die Vermittlung archäologischer Informationen an eine breitere öffentlichkeit genutzt werden können.

Angesichts der begrenzten Anzahl bislang erfasster archäologischer Stätten in Schweizer Wäldern besteht ein erhebliches Potenzial für die Nutzung der LiDAR-Daten. Keine andere Fernerkundungsmethode erlaubt eine solch detaillierte Darstellung der Höhenunterschiede und damit das Erkennen von Grabhügeln, Ruinen, Wällen und Gräben. ’Ich habe LiDAR auf Expeditionen unter anderem in der Eurasischen Steppe und im Pazifik eingesetzt. Der riesige Vorteil in der Schweiz ist, dass wir die Daten nicht mühsam selbst generieren müssen. Dank swisstopo sind sie schon komplett vorhanden’, so Gino Caspari.

Maschinelles Lernen ermöglicht effiziente Suche nach Fundstätten

Mit neuen Methoden der sogenannten ’Computer Vision’, welche Objekte in digitalem Bildund Filmmaterial erkennen, kann Rechnern quasi das Sehen beigebracht werden. Diese Methoden eignen sich somit für Anwendungen in der archäologischen Fernerkundung, bei denen subtile Bodenmerkmale aufgespürt werden müssen. Dies ist besonders bei hochauflösenden LiDAR-Daten vielsprechend, um grosse Gebiete effizient auf Fundplätze hin zu untersuchen. Dabei werden Daten von bekannten Stätten genutzt, um Algorithmen auf LiDAR-Daten zu trainieren, die dann ähnliche, aber bisher unbekannte Strukturen an anderen Orten identifizieren. Caspari: ’Die letzten Jahre haben gezeigt, wie Maschinelles Lernen auch die Archäologie verändert. Mit genügend Trainingsdaten können wir zum Beispiel problemlos die gesamte Schweiz nach Grabhügeln absuchen.’

Eine Studie der Universität Bern in Kasachstan und Nordwestchina hat bereits gezeigt, dass Algorithmen künftig eine grosse Rolle bei der Kartierung archäologischer Stätten einnehmen werden. ’Die Höhenmodelle von swisstopo können genauso gut durch visuelle Interpretation ausgewertet werden. Dies dauert zwar länger, bietet aber den Vorteil, dass dazu weniger Expertise benötigt wird’, erklärt Caspari.

Citizen Science: Jede und jeder kann mitforschen

’Archäologie begeistert - das merke ich stark über meine Wissenschaftsvermittlung in sozialen Medien’, sagt Gino Caspari. ’Mit den LiDAR-Daten bietet sich die Gelegenheit, interessierte Laiinnen und Laien direkt an der archäologischen Forschung in den Schweizer Wäldern teilhaben zu lassen.’ Das Ziel eines nächsten Projekts ist es, die LiDAR-Daten im Rahmen eines Citizen Science Projekts aufzubereiten. Damit wird es interessierten Nichtfachleuten möglich, mit archäologischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zusammenzuarbeiten und einen Beitrag zur Erforschung der schweizerischen Vergangenheit zu leisten.