Die globale Erwärmung führt zu einer Veränderung der Vegetation in den Torfmooren Europas und Sibiriens mit Folgen für die Zusammensetzung der Böden und den darin enthaltenen Kohlenstoff. Eine an der EPFL durchgeführte Studie erläutert diese komplexe Maschinerie im Detail.
Als echte Kohlenstoffsenken und damit potenzielle Zeitbomben für Treibhausgasemissionen sind Torfmoore ganz besondere Ökosysteme, deren Prozesse teilweise noch nicht erforscht sind. Sie besser zu verstehen, ist eine wesentliche Voraussetzung für die Bewältigung der aktuellen Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel. Alexandre Buttler, Honorarprofessor und ehemaliger Leiter des Labors für ökologische Systeme an der EPFL, ist seit vielen Jahren von der Erforschung der verborgenen Seite des Torfs fasziniert. Sein jüngster Artikel auf diesem Gebiet wurde soeben in der wissenschaftlichen Zeitschrift Global Change Biology veröffentlicht: "Wir haben versucht, die besondere Mechanik dieser Umgebungen zu verstehen, indem wir sowohl das, was über dem Boden passiert, wie das Klima oder die Vegetation, als auch das, was darunter passiert, wie die Mikroorganismen, berücksichtigt haben. Wir wissen, dass Pflanzen den Boden beeinflussen, aber wir kannten einige der Konsequenzen nicht, die sich daraus unter der Oberfläche ergeben", fasst der Wissenschaftler von der Fakultät für natürliche, architektonische und gebaute Umwelt (ENAC) zusammen.
Torfmoore sind arme, aber hochspezialisierte Biotope.
Alexandre Buttler, Honorarprofessor und ehemaliger Leiter des Labors für ökologische Systeme
Zur Erinnerung: Torfmoore entwickeln sich in feuchten Umgebungen, in denen es nicht zu heiß ist, wie zum Beispiel in den nordischen Ländern. In der Schweiz befinden sie sich vor allem in höheren Lagen, im Jura und in den Voralpen. Die Vegetation wächst mit den Füßen im Wasser auf undurchlässigen, sauerstoffarmen Böden. Infolgedessen wird der Abbau von organischem Material verlangsamt und es entsteht Torf. Regenwasser steht und schafft so eine Umgebung, in der Torfmoose, eine vorherrschende Moosart, gedeihen können. "Die Torfmoose sind die Ingenieure der Torfmoore, denn sie schaffen sich ihr eigenes physikalisches Milieu - einen schwammigen Boden - und ihr eigenes chemisches Milieu, indem sie den Boden versauern und andere Organismen "vergiften". Torfmoore sind also arme, aber hochspezialisierte Biotope". Mit der globalen Erwärmung beobachteten die Fachleute im Laufe der Jahre eine allmähliche Veränderung der Vegetation und die Besiedlung durch Büsche auf Kosten der Torfmoose.
Experimentieren und Beobachten
Um diese Veränderungen zu verstehen, kombinierten der Professor, seine Teams und Kollegen in Frankreich, Polen und Sibirien zwischen 2012 und 2014 zwei verschiedene Ansätze in Torfmooren in diesen Ländern: Gebiete, in denen die gleiche Art von Vegetation vorkommt, aber unter unterschiedlichen klimatischen Bedingungen. Zunächst führten sie an einem polnischen Standort ein Experiment durch, um herauszufinden, welche Pflanze am ehesten die Oberhand über das Torfmoos gewinnen würde. Die Wissenschaftler entnahmen Torfblöcke und manipulierten den Wasserstand und die Temperatur. "Wir beobachteten, wie die Pflanzen unter den neuen Bedingungen reagierten, und stellten fest, dass sich die Gefäßart Andromeda, eine Verwandte der Heidelbeere, durchsetzte, da Trockenheit eine große Rolle bei ihrer Verbreitung spielt."
Die Andromeda wurde zur Indikatorpflanze, die die Forscherinnen und Forscher dann in drei Torfmooren in diesen verschiedenen geografischen Gebieten beobachteten. Und ihre Messungen zeigten, dass ihr Vorkommen in großen Mengen die Biogeochemie der Böden erheblich verändert, indem es Kettenreaktionen auslöst. Im Gegensatz zum Torfmoos ist Andromeda vaskularisiert und seine Blätter enthalten viel Polyphenol, ein chemisches Molekül mit antibakterieller Wirkung. Dieses Molekül sorgt für Unordnung unter den Mikroorganismen, indem es zu einem Anstieg des gelösten organischen Stickstoffs im Boden führt. Gleichzeitig vermehren sich Nematoden und Pilze auf Kosten der Bakterien. Die Wurzeln der Andromeda werden über eben diese Pilze bewässert, die Zugang zu diesem organischen Stickstoff haben. Es entsteht ein Wettbewerb zwischen Andromeda und Torfmoos und je mehr die Büsche die Oberhand gewinnen, desto mehr verändert sich die mikrobielle Zusammensetzung des Bodens. Der Boden wird arm an Enzymen, die für den Abbau von organischem Material verantwortlich sind. Dies könnte darauf hindeuten, dass der Torf weniger zersetzt wird und so verhindert, dass der darin enthaltene Kohlenstoff entweicht.
Ist diese Besiedlung der Torfmoore mit Andromeda letztlich eine positive Folge der globalen Erwärmung, da der beschriebene Mechanismus es ermöglichen würde, Kohlenstoff unter der Erde zu speichern - Alexandre Buttler schränkt seine Hypothese ein. "Es gibt noch weitere Faktoren, die berücksichtigt und untersucht werden müssen, um dies eindeutig zu bejahen. Die Frage des atmosphärischen Niederschlags von Stickstoff und CO2 in der Luft könnte die Ergebnisse ebenfalls verändern, ebenso wie die genaue Rolle der Pilze". Es bleibt festzuhalten, dass diese Forschung neue Erkenntnisse über die Funktionsweise von Torfmooren liefert, die umso genauer sind, als die Wissenschaftler zwei verschiedene Ansätze kombiniert haben, um sie zu erhalten: ein kurzfristiges Experiment und eine Beobachtungsphase, die eine längerfristige Wirkung einschließt.
Referenzen
Alexandre Buttler, Luca Bragazza, Fatima Laggoun-Défarge, Sebastien Gogo, Marie-Laure Toussaint, Mariusz Lamentowicz, Bogdan H. Chojnicki, Michal Slowinski, Sandra Slowinska, Malgorzata Zielinska, Monika Reczuga, Jan Barabach, Katarzyna Marcisz, Lukasz Lamentowicz, Kamila Harenda, Elena Lapshina, Daniel Gilbert, Rodolphe Schlaepfer, Vincent E. J. Jassey, "Ericoid shrub encroachment shifts aboveground-belowground linkages in three peatlands across Europe and Western Siberia", Global Change Biology, 2023