Chronische Schmerzen stellen weltweit ein erhebliches Gesundheitsproblem dar, und der Zugang zur Schmerzbekämpfung ist ein grundlegendes Menschenrecht. Während die Belastung durch chronische Schmerzen in Ländern mit hohem Einkommen gut beschrieben ist, gibt es nur wenige Daten für Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen (LMIC), insbesondere für marginalisierte Gemeinschaften wie Pastoralisten. Eine Studie des Schweizer TPH und seiner Partner, die gestern in der Fachzeitschrift PAIN veröffentlicht wurde, zeigt nun, dass chronische Schmerzen bei somalischen Hirten in Äthiopien weit verbreitet sind, insbesondere bei Frauen und älteren Menschen.
Weltweit sind schätzungsweise 20 % der Menschen von chronischen Schmerzen betroffen, die nicht nur das Wohlbefinden der Betroffenen, sondern auch die Wirtschaft belasten. Während es für Länder mit hohem Einkommen fundierte Daten gibt, ist über chronische Schmerzen in LMICs nicht viel bekannt. Insbesondere Pastoralisten sind in der Schmerzforschung nach wie vor unterrepräsentiert, da sich Studien in dieser Bevölkerungsgruppe häufig auf Infektionskrankheiten wie Zoonosen konzentrieren.
Eine Studie, die gestern in der Fachzeitschrift PAIN veröffentlicht wurde, wirft nun ein Licht auf die Prävalenz, die Merkmale und die therapeutischen Praktiken chronischer Schmerzen unter den Hirten in der Region Somali in Äthiopien. Die Forscher führten eine Querschnittserhebung in Haushalten mit persönlichen Interviews mit 299 erwachsenen Pastoralisten im Regionalstaat Somali in Äthiopien durch.
Hohe Belastung durch chronische Schmerzen, insbesondere bei Frauen
Die Ergebnisse zeigen, dass 27,6 % der Pastoralisten über chronische Schmerzen berichteten, wobei die Prävalenz bei Frauen (34,7 %) höher war als bei Männern (17,0 %). Die Studie ergab auch, dass chronische Schmerzen mit dem Alter zunehmen, und zwar von 5,4 % bei Personen im Alter von 18 bis 34 Jahren bis zu 69,1 % bei Personen im Alter von 55 Jahren und älter. Die am stärksten von Schmerzen betroffenen Körperteile waren die Knie, der untere Rücken und der Kopf.
"Die Ergebnisse unserer Studie geben zum ersten Mal tiefe Einblicke in die chronische Schmerzbelastung dieser marginalisierten Bevölkerungsgruppe", sagt Eleonore Baum, Erstautorin und Forscherin an der Fachhochschule Ostschweiz (OST). "Besonders auffallend ist der Unterschied zwischen Männern und Frauen, was auf weitergehende gesundheitliche Ungleichheiten in Hirtengemeinschaften hindeutet, wie zum Beispiel die Beschneidung der weiblichen Genitalien."
Die Studie wurde vom Swiss TPH in Zusammenarbeit mit der Universität Jigjiga, dem Armauer Hansen Research Institute, der Universität Basel und OST durchgeführt. Das Projekt wurde von der Schweizer Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) mitfinanziert.
Gezieltere Gesundheitsinterventionen
"Die Ergebnisse dieser Studie sind von entscheidender Bedeutung für die Entwicklung gezielter Interventionen, um den besonderen Bedürfnissen von Hirtengemeinschaften bei der Schmerzbehandlung gerecht zu werden", sagt Nicole Probst-Hensch, Leiterin der Abteilung Epidemiologie und Public Health am Swiss TPH.
Die Autoren empfehlen beispielsweise, dass Frauen und ältere Menschen in der Viehwirtschaft als vorrangige Gruppe für Gesundheitsmaßnahmen betrachtet werden sollten und dass künftige Gesundheitsinitiativen und Behandlungen sowohl auf die psychische Gesundheit als auch auf chronische Schmerzen ausgerichtet sein sollten. Eine weitere wichtige Empfehlung ist die Sensibilisierung der Angehörigen der Gesundheitsberufe und anderer Interessengruppen für die sekundären Auswirkungen chronischer Schmerzen auf die Hirten, ihre Tiere und ihre Gemeinschaften.
Schmerzempfinden und Belastbarkeit
Eine weitere interessante Erkenntnis der Studie war, dass es derzeit kein allgemeingültiges Wort zur Definition von Schmerz gibt. "Erst durch die Kombination von qualitativen und quantitativen Ansätzen konnten wir die richtigen Fragen an die Pastoralisten formulieren", so Probst-Hensch. "Dieses Bewusstsein ist entscheidend für eine adäquate Schmerzbehandlung, zum Beispiel bei der Ausweitung von Krebstherapien auf solche Bevölkerungsgruppen." Die Autoren kommen daher zu dem Schluss, dass mehr Forschung zur Schmerzbehandlung in ressourcenarmen Gebieten erforderlich ist.