Eine neue Entdeckung gibt Aufschluss darüber, wie der Malariaparasit Plasmodium falciparum in menschliche rote Blutkörperchen eindringt. Die Studie unter der Leitung des Schweizerischen Tropenund Public Health-Instituts (Swiss TPH) und des Institute for Glycomics an der Griffith University enthüllt die Rolle eines Zuckers namens Sialinsäure bei diesem Invasionsprozess. Die Ergebnisse, die gestern in der Fachzeitschrift Cell Reports veröffentlicht wurden, haben wichtige Auswirkungen auf die Entwicklung von Impfstoffen und Medikamenten gegen Malaria.
Mit 249 Millionen Malariafällen und 608.000 Todesfällen im Jahr 2022 bleibt Malaria eine ungelöste globale Gesundheitsbedrohung. Der Malariaparasit Plasmodium falciparum ist die Hauptursache der schweren Malaria und für die meisten Malariatodesfälle verantwortlich. Alle klinischen Symptome der Malaria werden durch die Vermehrung der Malariaerreger in den roten Blutkörperchen verursacht.
Schlüsselkomponente für die Malariainvasion gefunden
Es ist zwar bekannt, dass P. falciparum in die roten Blutkörperchen des Menschen eindringt, aber die genauen Ziele, an die sich der Parasit bindet, waren bisher nicht bekannt. Man wusste zwar, dass das Malariaprotein, das cysteinreiche protektive Antigen (CyRPA), für die Invasion der roten Blutkörperchen essentiell ist, aber welche Rolle es dabei genau spielt, war nicht geklärt.
Ein multidisziplinäres Forschungsteam aus sechs Institutionen unter der Leitung von Forschenden des Swiss TPH in der Schweiz und des Institute for Glycomics in Australien hat die Bindungseigenschaften von CyPRA untersucht. Die Forschenden entdeckten, dass ein Zucker namens Sialinsäure eine Schlüsselkomponente auf der Oberfläche roter Blutkörperchen ist, die vom Malariaparasiten erkannt wird und für den Invasionsprozess unerlässlich ist. Die Ergebnisse wurden in der renommierten Fachzeitschrift Cell Reports veröffentlicht.
"Wir zeigen nun, dass sich P. falciparum CyRPA an eine spezifische Kohlenhydratstruktur (Glykan) auf der Oberfläche der roten Blutkörperchen bindet. Das CyRPA-Protein ist hochgradig angepasst, um an ein Glykan zu binden, das mit einer Sialinsäure endet. Die Entdeckung der Schlüsselfunktion von CyRPA bei der Invasion von Wirtszellen liefert eine Erklärung für die parasitenhemmende Wirkung von CyRPA-spezifischen Antikörpern", sagte Gerd Pluschke, Leiter der Gruppe Molekulare Immunologie am Swiss TPH und Mitautor der Publikation.
Malariaparasit an den Menschen angepasst
"Der Mensch unterscheidet sich von anderen Primaten dadurch, dass er nur einen Typ von Sialinsäure, Neu5Ac genannt, produzieren kann. Dieser genetische Unterschied zwischen dem Menschen und seinen engsten Verwandten, den Primaten, wird seit langem für die artspezifische Anpassung von Malariaparasiten verantwortlich gemacht. In dieser Studie zeigen wir, dass die menschliche Form der Sialinsäure, Neu5Ac, vom human-spezifischen Malariaparasiten P. falciparum stark bevorzugt wird, was die Anpassung dieses Parasiten an den Menschen erklären könnte", sagte Michael Jennings, Acting Director des Institute for Glycomics und Mitautor der Studie.
Auswirkungen auf die Entwicklung von Impfstoffen und Medikamenten
Impfstoffe, die auf die prä-erythrozytären Stadien von P. falciparum abzielen, sind zur Verwendung zugelassen. Sie zeigen jedoch nur eine mässige Wirksamkeit. Es gibt keinen zugelassenen Impfstoff gegen das Blutstadium der Malaria, aber es wird intensiv an Impfstoffen gegen das Blutstadium geforscht. "Die Entdeckung der Schlüsselfunktion von CyRPA bei der Invasion von Wirtszellen unterstützt das Konzept, CyRPA als Ziel für einen Impfstoff gegen das Blutstadium klinisch zu testen", so Pluschke.
Da die Entwicklung von Arzneimittelresistenzen bei Malariaparasiten eine grosse Bedrohung für die öffentliche Gesundheit darstellt, geben die Ergebnisse der Studie Anlass zur Hoffnung auf dringend benötigte neue Malariamedikamente. "Die essentielle Bindungsaktivität von CyRPA an ein spezifisches Glykan bestätigt CyRPA auch als Wirkstoffziel, und wir haben in unserer Studie gezeigt, dass kleinmolekulare Inhibitoren, die in diese Funktion eingreifen, die Malariareplikation hemmen können", so Jennings.