450 Jahre Wissenschaft und Bildung in Luzern gefeiert

Der gefüllte Hörsaal 1 zu Beginn der Veranstaltung
Der gefüllte Hörsaal 1 zu Beginn der Veranstaltung
Mit dem offiziellen Gründungsjahr 2000 ist die Universität Luzern die jüngste Uni der Schweiz. Gleichzeitig reichen ihre Wurzeln bis ins 16.Jahrhundert zurück. Der Jubiläumsanlass von 450 Jahren Wissenschaft und Bildung in Luzern bot Einund Rückblicke in Geschichte und Gegenwart der Universität Luzern.

Durch die Jubiläumsfeier von 450 Jahren höherer Bildung in Luzern führte Margit Wasmaier-Sailer, die Dekanin der theologischen Fakultät. Zahlreiche Gäste aus Politik, Kirche und Gesellschaft durfte sie im Rudolf Albert Koechlin Auditorium begrüssen. Zusätzliches Publikum wohnte der Feier in einem weiteren Hörsaal und zuhause via Liveübertragung bei. Der Jubiläumsanlass bot gleichzeitig den Rahmen für die Abschiedsvorlesung von Markus Ries, der die Universität Luzern seit 1994 als Professor für Kirchengeschichte, Dekan, Prorektor sowie Rektor mitprägte.

Wo Bildung Zuhause ist

Armin Hartmann, Bildungsund Kulturdirektor des Kantons Luzern, Überbrachte Grüsse des Luzerner Regierungsrats und skizzierte in seiner Rede die wechselhafte Beziehung zwischen den Jesuiten und der lokalen Politik. Die Präsenz der Jesuiten in Luzern nahm 1573 ihren Anfang, als der Kleine Rat unter der Führung von Ludwig Pfyffer von Altishofen beschloss, eine Jesuitenschule zu gründen und so eine höhere Bildungseinrichtung in der Region zu schaffen. Die Jesuiten, die für ihre umfassende pädagogische Kompetenz bekannt waren, lehrten neben Theologie auch Mathematik und Literatur.

Die Jesuiten begannen 1574 im heutigen Restaurant Schlüssel zu unterrichten. Nach einigen Wechseln wurden sie in einem eigens für sie erbauten Schulhaus heimisch: An der Bahnhofstrasse 18, dem Standort des heutigen Bildungsund Kulturdepartements. Mit der Einweihung der Jesuitenkirche 1677 wurde die Symbiose zwischen lokaler Politik und den Jesuiten durch den Bau der Jesuitenkirche weiter gestärkt. Bis zu 600 Studierende zählte Luzern in jener Blütezeit der höheren Bildung.

Jesuiten als zentrale Bildungspioniere

Im 19.Jahrhundert wurden die Jesuiten und ihre Bildungsarbeit in Luzern in der aufgeheizten Stimmung zwischen Liberalen und Konservativen aufgerieben. Nach dem Sonderbundkrieg folgte das Jesuitenverbot in der Schweizer Verfassung von 1848, das erst über hundert Jahre später aufgehoben wurde. Regierungsrat Hartmann betonte die wichtige Rolle der Jesuiten als Bildungspioniere, die den Grundstein für die Universität Luzern gelegt hatten.


Nach Regierungsrat Harmann trat Markus Ries ans Rednerpult. Die Festrede des Kirchenhistorikers war gleichzeitig seine Abschiedsvorlesung; als Professor für Kirchengeschichte engagierte sich Markus Ries 30 Jahre lang an der Universität Luzern in Forschung und Lehre. Ab 2001, als es die Universität Luzern durch eine Phase des rasanten Wachstums zu lenken galt, wirkte Markus Ries als Rektor der neu gegründeten Universität. Im Rahmen Jubiläumsveranstaltung wurde somit nicht nur ein prägender Wissenschaftler verabschiedet, sondern auch eine jener Personen, die massgeblich zur Entwicklung der Universität Luzern beigetragen und sie durch ihr Wirken nachhaltig geprägt haben.

Knotenpunkt in internationalem Netzwerk

In seiner Rede schilderte Markus Ries Bildung als Werkzeug, das Weltanschauung und Stadtentwicklung prägt; höhere Bildungseinrichtungen fasste er zudem als wichtige Knotenpunkte internationaler Netzwerke. So wurde die von den Jesuiten gegründete Schule in Luzern Teil eines globalen Netzwerks, das einen einheitlichen Lehrplan unter dem Leitsatz «Ratio atque Institutio Studiorum» verfolgte: gleicher Studienaufbau, gleiche Lernziele, gleiche Lehrmittel, gleiche Unterrichtssprache. Wer Qualitätssicherung in Bildungseinrichtungen für ein modernes Konzept hält, wurde eines Besseren belehrt: Schon damals, so Ries, sorgten die «litterae annuae» für die Einhaltung zentraler Standards.


Markus Ries zeichnete in seiner aufschlussreichen Rede nicht nur die grossen Erfolge nach, sondern liess auch einige der Versuche nicht unerwähnt, in Luzern eine Universität zu gründen. Im 19.Jahrhundert scheiterte ein erster Versuch, zwei weitere Anläufe dann im 20.Jahrhundert. Erst das Jahr 2000 habe die glückliche Wende gebracht, erklärte Ries. Schliesslich verdankte er einige der an der Feier anwesenden Persönlichkeiten, die diesen Erfolg damals möglich gemacht hatten. Markus Ries wurde seinerseits mit einem langen, herzlichen Applaus verdankt und verabschiedet.

Philosophische Perspektive

Nadja El Kassar stellte in ihrer Funktion als Professorin für Philosophie mit Schwerpunkt Theoretische Philosophie als akademischen Abschluss der Feier Überlegungen zum Verhältnis von Wissen und Nichtwissen in den Mittelpunkt ihres Vortrags. Sie erläuterte in ihrer Rede einen Paradigmenwechsel. Ausgangspunkt bildete das dem französischen Mathematiker Blaise Pascal (*1623) zugeschriebene Bild des Wissens als eine Kugel in einem Universum oder Meer von Nichtwissen. Dort gilt: Je grösser die Kugel, desto grösser ist der Kontakt mit dem Nichtgewussten.

Diese Analogie, die Wissen und Nichtwissen als klar getrennt konzipiert, sei heute nicht mehr so durchzuhalten, erläuterte El Kassar. Wissen und Nichtwissen in der Gegenwart sei nicht getrennt, sondern vernetzt, es werde kollaborativ vermittelt. Diese Vernetzung führe zu neuen Perspektiven für Lernende, Forschende, Institutionen und die Gesellschaft: etwa sozialen und kollektiven Perspektiven auf (Nicht-)Wissen, es entstehen aber auch partizipative Praktiken und demokratische Zugänge zu (Nicht-)Wissen.

Viele Schritte statt grosse Wunder

In seinen abschliessenden Gedanken schilderte Rektor Bruno Staffelbach schliesslich die vielen kleinen Schritte, die die Universität Luzern in den vergangenen Jahren vorangebracht haben. Er nahm dabei Bezug auf Entwicklungen der Strategie und der Struktur, beleuchtete zudem die sich wandelnde Kultur und das Umfeld, in dem die Universität Luzern agiert. Stefan Studer von der Luzerner Kantonalbank - einer Partnerin der Universität Luzern - durfte abschliessend zum gemeinsamen Apéro und somit dem Ende der Jubiläumsfeier Überleiten.