Amitav Ghosh - wie Klimakrise, Kolonialismus und Migration zusammenhängen

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Amitav Ghosh © Mathieu Génon
Amitav Ghosh © Mathieu Génon

Die Bestseller des indischen Schriftstellers Amitav Ghosh eröffnen eine neue Sicht auf die Welt, indem sie koloniale Geschichte(n) mit aktuellen Fragen zu Migration, globaler Ungleichheit und weltweiter Klimakrise verbinden. Das Institut für Sozialanthropologie lädt den preisgekrönten Intellektuellen zu den diesjährigen «Anthropology Talks» nach Bern ein. In einer öffentlichen Lesung im Stadttheater Bern tritt Ghosh ins Gespräch mit Forschung, Kultur und Zivilgesellschaft.

Amitav Ghosh wuchs in Indien, Bangladesch und Sri Lanka auf und wurde in Oxford als Sozialanthropologe promoviert. Seit den 1980er Jahren setzt sich Ghosh literarisch mit der kolonialen Geschichte seiner bengalischen Heimat, der Teilung Indiens, dem Handel im Indischen Ozean und der kolonialen Geschichte Asiens auseinander. Seine Romane und Sachbücher wurden mit zahlreichen internationalen Preisen ausgezeichnet.

Wichtige Stimme des ökologischen Wandels

Seit gut zehn Jahren verbindet Ghosh seine Forschungsarbeiten zur kolonialen Geschichte mit der Klimakrise und ist so zu einer der wichtigsten globalen Stimmen geworden, die für einen radikalen Wandel im Umgang mit unserem Planeten plädieren. Mit seinem Sachbuch ’The Great Derangement’ hat Amitav Ghosh das Genre der sogenannten ’Climate Fiction’ zugleich mitbegründet und grundlegend kritisiert. Immer wieder macht er darauf aufmerksam, dass im literarischen Kanon die Natur vor allem als passiver Hintergrund auftaucht. Laut Ghosh ist eine neue Beziehung zu unserer ’Mitwelt’ erforderlich, um jenseits technologischer Lösungen einen Ausweg aus der planetaren Krise der Menschheit zu finden.

Gleichzeitig mit Ghoshs Auftritt in Bern erscheint die deutsche Übersetzung seines jüngsten Sachbuchs ’Der Fluch der Muskatnuss. Parabel einer Welt in der Krise’. Darin nimmt Ghosh die Leserinnen und Leser mit auf eine Reise durch die Geschichte rund um die Welt und verweist dabei auf alternative Mensch-Natur-Beziehungen, etwa bei den First Nations Nordamerikas.

Lesung und Diskussion mit Amitav Ghosh im Stadttheater Bern

’Das Ziel der diesjährigen Anthropology Talks ist es, einen breitenwirksamen Austausch anzustossen. Dazu arbeiten wir mit dem Stadttheater Bern zusammen und laden Stimmen aus anderen wissenschaftlichen Disziplinen sowie aus Kultur und Zivilgesellschaft ein’, sagt Michaela Schäuble, Professorin für Sozialanthropologie mit Schwerpunkt Medienanthropologie und Direktorin am Institut für Sozialanthropologie der Universität Bern. ’Wir haben die Veranstaltung mit Amitav Ghosh so konzipiert, dass sie für eine breite öffentlichkeit interessant und zugänglich ist.’ Zunächst wird Ghosh im Stadttheater Bern unter dem Titel ’Welten Imaginieren’ Gedanken aus seinem Buch ’Der Fluch der Muskatnuss’ vorstellen. Auch dabei geht es ihm um eine kritische Auseinandersetzung mit der europäischen kolonialen Geschichte und um den Aufbau einer neuen Beziehung zur Um- bzw. ’Mitwelt’.

Im Anschluss sind mit Izabel Barros (Historikerin, Universität Lausanne), Darcy Alexandra (Sozialanthropologin, Lyrikerin und Filmemacherin, Universität Bern), Charles Heller (Migrationsforscher und Filmemacher, Border Forensics) und Jyothy Karat (Fotojournalistin und Anthropologiestudentin, Universität Bern) vier Stimmen aus unterschiedlichen Disziplinen und mit transnationalen Biografien eingeladen, um ihre Perspektiven, Anliegen und Fragen mit Amitav Ghosh zu diskutieren. Michaela Schäuble: ’Für einen kurzen Moment wird das Berner Publikum auch auf den Banda Islands in Indonesien sein, in der Wüste an der amerikanisch-mexikanischen Grenze, in einem Elefanten-Reservat in Kerala, in einem brasilianischen Quilombo oder in einem Flüchtlingslager auf Lampedusa.’

Die Veranstaltung findet in deutscher und englischer Sprache statt. Es gibt eine Synchronübersetzung. Der Eintritt ist frei.