Bernhard Wehrli: Mit Schwung in den Ruhestand

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Bernhard Wehrli und «sein» Techniker, Christian Dinkel an der «Free University KBernhard Wehrli und «sein» Techniker, Christian Dinkel an der «Free University Kastanienbaum»
27. Oktober 2022,

Vor 45 Jahren hat Bernhard Wehrli begonnen, an der ETH Chemie zu studieren. Seither war er Forscher, Abteilungsleiter und Direktionsmitglied an der Eawag, ETH-Professor und hatte zahlreiche weitere Funktionen. Nun ist er pensioniert, bleibt aber engagiert für das Wasser und die Nachhaltigkeit.

Ein Brückenbauer ist Bernhard Wehrli zweifellos - zwischen Studierenden und Dozierenden, zwischen den Disziplinen, innerhalb des ETH-Bereichs, an der Eawag, aber auch zur Praxis und zur Politik. Das heisst nicht, dass, dass seine Brücken immer von allen genutzt wurden: Gegenüber der Politik scheute er sich nicht, gut abgestützte Positionen mit der nötigen Hartnäckigkeit zu vermitteln. So erntete er zum Beispiel Ende 2019 Kritik von höchster Stelle, weil er im Kontext von zwei Volksinitiativen öffentlich auf den Handlungsbedarf wegen zu vieler Pestizide im Wasser hinwies. Auch mit der ETH-Schulleitung (Schliessung des Instituts für Wissenschaft und Politik) oder der Eawag-Führung (Reorganisation) war er nicht immer einig und getraute sich deutlich darzulegen, weshalb.

Engagiert für interdisziplinäre Lehre und Forschung

Einzelne Auseinandersetzungen waren aufreibend. Aber der Wissenschaftler und Gewässerschützer Wehrli konnte sich immer wieder an Erfolgen freuen. Ein Beispiel ist das interdisziplinäre Projekt «Ökostrom» (1997-2000). Darin hat die Eawag die bis heute gültigen Grundsätze für die Zertifizierung von nachhaltig aus Wasserkraft produziertem Strom erarbeitet. Teile des Projektes, so die aufgezeigte Schwall-Sunk-Problematik unterhalb von Kraftwerken, haben später sogar die Gesetzgebung beeinflusst. Das freut ihn - genauso wie der Dank von Studierenden aus den Umweltsystemwissenschaften oder der erfolgreiche Aufbau von interdisziplinären Gefässen an der ETH wie das Systempraktikum oder die ETH-Woche.

Forschung ist ritualisiert

Wehrli weiss, dass Erfolg in der Forschung relativ ist. «Wer den Kopf zu weit aus dem Fenster hält, wird von den Reviewern zurückgepfiffen», sagt er, «wirklich neue Ideen sind selten.» Oft werde das Gleiche mit neuen Methoden und neuer Technik lediglich noch genauer erforscht. Das ist nicht falsch, aber auf Dauer langweilig. Dazu trägt auch die Tatsache bei, dass die Forschung in den Augen des phantasievollen Chemikers stark ritualisiert sei, «fast wie die Kirche».

So richtig zufrieden kann man erst sein, wenn die eigenen Forschungsresultate dazu zwingen, die Lehrbuchkonzepte neu zu schreiben. Als Beispiel nennt Wehrli die Erkenntnis, dass die künstliche Belüftung von Seen die Rücklösung von Phosphor aus dem Sediment nicht verhindern kann - «es vergingen Jahre, bis wir diesen Prozess besser verstanden haben». Oder der Überraschende Befund, wie grössere Mengen Methan aus Stauseen via Blasen an die Oberfläche steigen und so direkt in die Atmosphäre gelangen.