Imposant thront das Hauptgebäude der Universität Zürich über der Stadt. Der eigenwillige Bau von Architekt Karl Moser ist architektonisch, kunsthistorisch und als funktionales Haus der Wissenschaft hoch interessant. Anlässlich des 100-Jahr-Jubiläums erzählt die UZH die turbulenten Geschichten über einen Kunstskandal, sie zeigt überraschende Turm-Modelle und lässt die Besuchenden die Perlen des Baus selber entdecken, etwa mit einem Multimedia-Guide. Die Veranstaltungen ab dem 17. April 2014 stehen allen Interessierten offen.
Es war das erste Hochhaus der Stadt Zürich: Das Kollegiengebäude der Universität Zürich mit seinem 65 Meter hohen Turm prägt unverkennbar die Silhouette der Limmatstadt. Während früher hauptsächlich Kirchtürme und Schlosskuppeln die Stadtbilder dominierten, thront über der Stadt Zürich seit 100 Jahren das Haus der Wissenschaft, das monumentale Gesamtkunstwerk von Architekt Karl Moser (1860 - 1936). Den Repräsentationsbau der UZH hatte der Schweizer Architekt von 1911 bis 1914 realisiert, obwohl die Voraussetzungen alles andere als ideal erschienen: Probleme machten etwa das abschüssige Terrain und die städtebauliche Konkurrenz zu Gottfried Sempers palastartigem ETH-Gebäude.
«Das Hauptgebäude ist ein Wahrzeichen der Stadt Zürich und ein identitätsstiftender Ort für die Universität», sagte Rektor Michael Hengartner anlässlich der Medienkonferenz zum 100-Jahr-Jubiläum des Kollegiengebäudes. Die Universität nimmt die Feierlichkeiten zum Anlass, ihre Offenheit und Verbundenheit mit dem Standort Zürich zu unterstreichen sowie über ihre Zukunft und Rolle als Stadtuniversität und die räumlichen Anforderungen an eine moderne Universität nachzudenken. Auf die interessierte Öffentlichkeit wartet vom 17. April bis am 15. Mai 2014 ein vielfältiges Jubiläumsprogramm (siehe Kasten).
Unterschiedliche Stile und hehre Assoziationen
Einst aufgrund von Platznot gebaut - bis 1914 residierte die Universität Zürich mit ihren über 1000 Studierenden im Südflügel des ETH-Gebäudes -, überzeugt das «faszinierende Gebäude sowohl architektonisch und kunsthistorisch wie auch als funktionales Haus der Wissenschaft bis heute», so alt Rektor und Präsident des Organisationskomitees Andreas Fischer. Architekt Karl Moser, der auch das Kunsthaus Zürich baute, hat es verstanden, in seiner Architektur unterschiedliche Stile und Assoziationen anzulegen. Als Könner der Synthese hat er Welterklärungsmodelle und bildungsbürgerliche Erwartungen, wie etwa die prominente Platzierung der Archäologischen Sammlung im Lichthof, vereint. Ebenfalls hat Moser verschiedene Baustile, von der griechischen Antike bis zum Industriezeitalter, zu einem erzählungsfreudigen Gesamtwerk komponiert. «Karl Moser war neben Le Corbusier der bedeutendste Schweizer Architekt und die Universität Zürich sein Hauptwerk», sagt Kunsthistoriker und Moser-Experte Stanislaus von Moos, der an der Medienführung die räumliche Struktur und Dynamik des Baus und dessen Bezüge zur Humanund Naturgeschichte erläuterte.
Karl Moser sorgte mit seinem opulenten Bau für Furore: Sein Zürcher Universitätsgebäude ist einer der ersten repräsentativen Betonbauten, und der Architekt lud auch zeitgenössische Künstler zur autonomen Mitgestaltung ein. Was in einem Fall zu einem regelrechten Kunststreit führte: Paul Bodmer hatte flächige Figuren und nackte Jünglinge an die Wand gemalt, die schliesslich übertüncht werden mussten, da die Gegner mangelndes Können witterten und die Obszönität der nackten Körper, den undefinierbaren Stil und die unklare Symbolik beklagten. Anlässlich des 100-Jahr-Jubiläums wurden nun Teile der Figuren Bodmers wieder freigelegt.
Ausstellung «Eine Stadtkrone für Zürich»
Das Kollegiengebäude, für dessen Bau das Zürcher Stimmvolk seinerzeit fünf Millionen Schweizer Franken gesprochen hatte und das in drei kurzen Jahren realisiert wurde, verkörperte «durch seine städtebaulich dominierende Platzierung über der alten Stadt, am unteren Hang des Zürichbergs und gegenüber der Amtshausüberbauung den Aufbruch des wachsenden, modernen Zürichs nach der Jahrhundertwende», so Kunsthistoriker Thomas Gnägi, der die Jubiläumsausstellung «Eine Stadtkrone für Zürich» kuratiert.
Eine zentrale Bedingung für den Universitätsneubau, nämlich die bildhafte Wirkung u?ber der Altstadt, erfüllt der Bau bis heute - sogar viel mehr: Der Turm ist ein «mächtiger Zacken, der auf das Alpenpanorama antwortet, das in der Ferne das Zu?richseebecken rahmt», so Stanislaus von Moos im Buch zum Jubiläum «Kunst Bau Zeit: Das Zürcher Universitätsgebäude von Karl Moser 1914-2014».