Lange Zeit profitierte der Onlinehandel von der Coronapandemie. Nun aber ist der Umsatz bei der Hälfte der befragten Onlineshops im Jahr 2022 im Vorjahresvergleich zurückgegangen und liegt auf dem Niveau von vor der Pandemie. Bei der anderen Hälfte geht das Wachstum - wenn auch abgeschwächt - weiter. Neun von zehn Onlineshops in der Schweiz und Österreich sagen jedoch, dass der Boom im Onlinehandel infolge von Corona-Massnahmen vorbei ist. Dies zeigt die aktuelle Onlinehändlerbefragung 2023, welche zum sechsten Mal in Folge durch die ZHAW School of Management and Law durchgeführt wurde.
88 Prozent der Händler in der Umfrage sind sich einig: Der Corona-E-Commerce-Boom ist vorbei. 87 Prozent der Befragten teilen die Einschätzung, dass sich die Konsumentenstimmung, unter anderem durch den Ukraine-Krieg und die Angst vor einer Rezession, verschlechtert hat. Zwei Drittel gehen von einer gewachsenen Konkurrenz im Onlinegeschäft aus. «Wir sehen in der Befragung auch, dass die Onlinehändler von einer verringerten Kaufkraft durch die Inflation ausgehen. Die Kundschaft gibt ihr Geld anderweitig aus, zum Beispiel für Reisen und Veranstaltungen. Einige Händler vermuten auch eine Verschiebung von online zu offline zum stationären Handel», erläutert Darius Zumstein, Studienleiter und E-Commerce-Experte an der ZHAW School of Management and Law.
«Künstliche Intelligenz bietet den Onlinehändlern in vielen Bereichen des E-Commerce etliche Chancen, ihren Onlineshop effizienter und gewinnbringend zu gestalten», so Darius Zumstein. Am häufigsten wird die Künstliche Intelligenz - allen voran ChatGPT - für die Erstellung von Onlineshop-Texten und die Suchmaschinenoptimierung eingesetzt. Auch automatisierte Produktund Angebotsempfehlungen werden häufig genutzt.
Im Kundenservice spielt Künstliche Intelligenz beispielsweise mit Chatbots eine zunehmend wichtige Rolle. Gut 15 Prozent der befragten Onlinehändler ist Überzeugt, dass sich dadurch die Personalisierung im Onlineshop weiter verbessern wird. Dies betrifft sowohl die Personalisierung von Inhalten als auch von Angeboten und Bestellprozessen, welche dynamisch dem Profil und dem Verhalten der Nutzer:innen angepasst wird. «Künstliche Intelligenz kann nicht nur das Geschäft der Onlinehändler optimieren, sondern bietet gleichzeitig für die Kundschaft einen Mehrwert. So können beispielsweise Kleider oder Schuhe dank Augmented Reality virtuell anprobiert werden», sagt Zumstein.
Umkämpfter Markt und Fachkräftemangel
Die grössten Herausforderungen im E-Commerce liegen in den kompetitiven Märkten sowie durch steigende Komplexität und hohe Kosten im Marketing bei knappen Budgets. «Wir sehen im Vergleich zu den letzten Jahre, dass Beschaffungsprobleme durch Lieferkosten oder lange Lieferzeiten aktuell bei den Onlinehändlern eine untergeordnete Rolle spielen. Verschärft haben sich aber die Herausforderungen beim Personal», sagt Darius Zumstein. So fehlt bei der Hälfte der befragten E-Commerce-Unternehmen das qualifizierte Personal und Expertenwissen. Dies führt unter anderem dazu, dass die Onlineshops nicht so schnell wie gewünscht technisch weiterentwickelt werden können oder die Akquise und Beratung der Kundschaft nur reduziert stattfinden kann.Mobile Payment, das Bezahlen mit Smartphones oder -watches, wird auch im Onlinehandel zunehmend wichtiger und verändert die Präferenzen bei den Zahlungsoptionen. Bei den Schweizer Onlinehändlern wurde die Bezahlung via TWINT wichtiger als der Verkauf auf Rechnung - und zählt damit hinter der Kreditkarte zum zweitwichtigsten Zahlungsmittel. «Der E-Commerce in der Schweiz weiss um die Wichtigkeit von TWINT. Schon bei vier von fünf Onlineshops kann man deshalb twinten», sagt Darius Zumstein. Auch mit Debitkarten kann die Kundschaft bei jedem zweiten Onlineshop bezahlen. Apple Pay und Google Pay wachsen zudem auf tiefem Niveau rasant.
Onlinehändlerbefragung 2023
Die Onlinehändlerbefragung wurde zum sechsten Mal in Folge vom Institut für Marketing Management der ZHAW School of Management and Law durchgeführt. Die Daten wurden zwischen dem 4. Mai bis zum 14. August 2023 erhoben. Insgesamt nahmen 598 Onlineshops im Bereich Business-to-Consumer (82 Prozent), Business-to-Business (45 Prozent) und Herstellershops (14 Prozent) an der repräsentativen Onlinebefragung teil, davon 441 Schweizer Onlinehändler und 136 Onlinehändler aus Österreich.