Die zunehmende Hitzebelastung stellt ein Risiko für die menschliche Gesundheit dar. Neben akuten Folgen wie Erschöpfung und Hitzschlag können bestehende Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-, Atemwegs-, Nierenoder psychische Erkrankungen verschlimmert werden. Im Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) und des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) führte das Swiss TPH im Sommer 2023 eine repräsentative Befragung bei 1800 Personen ab 50 Jahren zur individuellen Hitzekompetenz durch. Die Hitzekompetenz umfasst das Wissen über Schutzmassnahmen bei Hitze, die Betroffenheit durch die Hitze (wahrgenommene Belastung und Gesundheitsrisiko) und das Handeln bei Hitze, insbesondere das Umsetzen von Verhaltensempfehlungen.
Verbesserungspotential bei Wissen und Umsetzung von Hitzeschutzmassnahmen
Die Befragung zeigt, dass die Bevölkerung ab 50 Jahren ihr Wissen zum Schutz der eigenen Gesundheit vor Hitze grundsätzlich als gut einschätzt. Viele wirksame Verhaltensmassnahmen an heissen Tagen sind allerdings nicht bekannt oder werden nicht aktiv umgesetzt. Dies kann zu vermeidbaren gesundheitlichen Folgen aufgrund der Hitze führen. «Je mehr verschiedene Verhaltensmassnahmen bekannt sind, desto besser können Menschen sich selbst und ihre Mitmenschen vor Hitzebelastung schützen», sagt Martina Ragettli, Projektleiterin am Swiss TPH. «Ausserdem ist es wichtig, nicht nur über wirksame Schutzmassnahmen zu informieren, sondern auch über das Gesundheitsrisiko für sich selbst und andere bei Hitze», sagt Ragettli. Besonders Männer ab 75 Jahren, Menschen ohne nachobligatorischen Schulabschluss und Menschen in einer schwierigen finanziellen Situation kennen gemäss der Befragung weniger Verhaltensempfehlungen und setzen sie weniger um als die übrigen Befragten.Unterschiede zwischen Regionen und Bevölkerungsgruppen
Die Befragung zeigte regionale Unterschiede sowohl bei der Belastung durch Hitze als auch bei der Einschätzung des Gesundheitsrisikos durch Hitze. In der Westschweiz und im Tessin wurden die hohen Temperaturen im Sommer 2023 von zwei Drittel der Bevölkerung ab 50 Jahren als Belastung empfunden. Am stärksten belastet fühlten sich Frauen ab 50 Jahren, Menschen mit chronischen Krankheiten und Personen, die ihre finanzielle Situation als schwierig einstuften.Gut die Hälfte der Befragten schätzte die Hitze als Risiko für die eigene Gesundheit ein, in der Deutschschweiz allerdings deutlich seltener (46%) als in der Westschweiz (76%) und im Tessin (66%). Die regionalen Unterschiede widerspiegeln möglicherweise die höhere Hitzebelastung in der Westschweiz und im Tessin. «Eine weitere Erklärung könnte die Umsetzung von kantonalen Hitzeaktionsplänen durch die Behörden in diesen besonders von Hitze betroffenen Regionen sein», sagt Ragettli.
Informationsquellen und Rolle von Gesundheitsfachpersonen
Allgemein zeigte sich gegenüber von Behörden und anderen Akteuren kommunizierten Verhaltensempfehlungen bei Hitze eine grosse Akzeptanz: über 90% der befragten Bevölkerung bewertet Informationen über Verhaltensempfehlungen als informativ und als eine gute Erinnerung. Als wichtige Informationsquellen wurden neben den klassischen Medien (Fernsehen, Radio und Zeitung) und Wetter-Apps auch das soziale Umfeld (Familie, Freunde und Bekannte) angegeben.Eine noch wichtigere Rolle bei der Stärkung der Hitzekompetenz der Bevölkerung könnte den Gesundheitsfachpersonen zu kommen. Die Befragung zeigte, dass Gesundheitsfachpersonen wichtige Ansprechpersonen sind. Hochgerechnet auf die Bevölkerung über 50 haben schätzungsweise 300 000 Personen in der Schweiz im Sommer 2023 mit einer Gesundheitsfachperson über das Thema Hitze gesprochen und rund 6 000 Personen einen Gesundheitsdienst konsultiert.
Empfehlungen zur Stärkung der Hitzekompetenz
Die Studie ist die erste landesweit repräsentative Umfrage der Bevölkerung ab 50 in der Schweiz zum Thema Hitze und Gesundheit. Die Ergebnisse betonen die Wichtigkeit von Massnahmen zur Prävention von hitzebedingten Gesundheitsauswirkungen und Anpassung an die zunehmende Hitzebelastung. «Um die Hitzekompetenz der Bevölkerung und vor allem von vulnerablen Gruppen zu stärken, empfiehlt es sich wenig bekannte aber wirksame Massnahmen aktiver und zielgruppenspezifischer zu kommunizieren», sagt Ragettli. Darunter fällt zum Beispiel die Anpassung der Ernährung, Kleidung und Medikamentendosierung. Empfehlenswert sei gemäss Martina Ragettli auch die direkte Einbindung der Risikogruppen in die Entwicklung von Sensibilisierungskampagnen und zur Ausarbeitung von Handlungsmöglichkeiten.Die Ergebnisse der Umfrage unterstützen das BAG und weitere Akteure bei der Umsetzung von Massnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Hitze. Diese Untersuchung ist die erste von insgesamt vier Befragungen. In den kommenden Jahren wird das Swiss TPH im Auftrag des Bundes die Hitzekompetenz von wichtigen Akteuren im Gesundheitssektor untersuchen. Das Projekt will zu einem hitzeresilienten Gesundheitswesen in der Schweiz beitragen.
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