Der diesjährige Preisträger Pascal Gygax, Forscher für experimentelle Psycholinguistik und kognitive Psychologie an der Universität Freiburg, wird für seine herausragenden Leistungen zur Erforschung des Zusammenhangs zwischen Sprache und geschlechtsspezifischen Vorurteilen ausgezeichnet. ’Dass dieser prestigeträchtige Preis nach rund 20 Jahren wieder an die Universität Freiburg kommt, freut mich ausserordentlich’, sagt Rektorin Katharina Fromm. ’Das unterstreicht exemplarisch die Qualität der hiesigen Spitzenforschung und geht an einen Forscher, der seine Erkenntnisse mit der breiten öffentlichkeit teilt.’
Männlich gleich Mann - und ungleich Frau
Besonders relevant sind seine Untersuchungen darüber, wie eine vermännlichte Sprache unsere Wahrnehmung der Welt beeinflusst. Seine Experimente zeigen, dass die Verwendung des generischen Maskulinums, also die alleinige Verwendung von männlichen Wortformen für alle Geschlechtsidentitäten, vom Gehirn aufgrund seiner Funktionsweise nicht generisch interpretiert wird. Wenn wir ein Wort in der männlichen Form lesen, zum Beispiel Bäcker, interpretieren wir ’männlich gleich Männer’ und assoziieren damit nicht automatisch auch Frauen oder non-binäre Personen. Dies hat weitreichende gesellschaftliche Folgen, zum Beispiel bei der Berufswahl oder bei Stellenausschreibungen. Als männertypisch wahrgenommene Berufe wie Chirurg wecken bei Mädchen und jungen Frauen mehr Interesse, wenn sie auch mit der weiblichen Form Chirurgin beschrieben werden.Pascal Gygax’ Forschung umfasst auch weitere Fragestellungen. So hat er unter anderem untersucht, wie Jugendliche schriftliche Warnhinweise auf Zigarettenpäckchen kognitiv verarbeiten, um daraus Erkenntnisse für eine effektivere Prävention zu gewinnen. Ebenso hat er aufzeigen können, wie unsere Zeitwahrnehmung durch Sprache beeinflusst wird.
Wissenschaft verständlich dargestellt
Ein grosses Anliegen von Pascal Gygax ist es, komplexe wissenschaftliche Erkenntnisse allgemein verständlich zu kommunizieren. Radiobeiträge und Workshops zum Thema ’inklusive Sprache’ gehören ebenso zu seinem Engagement wie die Arbeit mit Kindern. 2021 war er Mitverfasser des Buchs ’Le cerveau pense-t-il au masculin’ Cerveau, langage et représentations sexistes’ (’Denkt das Gehirn männlich? Gehirn, Sprache und sexistische Darstellungen’), einem Plädoyer für eine inklusive Sprache, das auf den wissenschaftlichen Erkenntnissen der letzten 15 Jahre beruht.Der Forscher betont denn auch: ’Diesen Preis zu erhalten ist nicht nur eine grosse Ehre, sondern auch ein sehr wichtiges Zeichen der Anerkennung für das gesamte Team. Er krönt zwanzig Jahre Forschung über die komplexen, aber spannenden Verbindungen zwischen Sprache und Denken, genauer gesagt, über die Verbindungen zwischen Sprache und männlichen Privilegien. In der heutigen Zeit sendet dieser Preis auch eine starke Botschaft an alle, die Geschlechterungleichheiten erforschen und anprangern: Ihre Arbeit ist für Forschung und Lehre von entscheidender Bedeutung!’
Gemeinsame Preisverleihung im Bundeshaus
Für die wissenschaftliche Selektion des Preisträgers war der Schweizerische Nationalfonds (SNF) im Auftrag der Marcel Benoist Stiftung zuständig. Die Verleihung findet am 7. November 2024 im Nationalratssaal des Bundeshauses in Bern statt und ehrt nebst Gygax auch die Gewinnerin des Schweizer Wissenschaftspreises Latsis, Mackenzie Mathis. Die Präsidenten der jeweiligen Stiftung werden die Preise im Beisein von Bundesrat Guy Parmelin und Nationalratspräsident Eric Nussbaumer Überreichen.* * *
Der Schweizer Wissenschaftspreis Marcel Benoist
Preisträger 2024: Pascal Mark GygaxPascal Mark Gygax, geboren 1974 in Evilard BE, erwarb einen Bachelor-Abschluss in Psychologie an der Universität Derby und einen Master-Abschluss in Sportpsychologie an der Universität Liverpool. Er promovierte in experimenteller Psychologie an der Universität Sussex. 2002 kehrte er in die Schweiz zurück, wo er die Gruppe für Psycholinguistik und angewandte Sozialpsychologie am Psychologischen Institut der Universität Freiburg mitbegründete und seither die Co-Leitung innehat. Pascal Mark Gygax ist Autor von über 60 peer-reviewten Artikeln und zahlreicher Veröffentlichungen für die breite öffentlichkeit. 1998 erhielt er den Preis für ’Outstanding Independent Studies’ der Universität von Derby, 2016 wurde ihm der Genderpreis der Universität Freiburg verliehen. Der Psycholinguist hat bereits 21 Stipendien von nationalen und internationalen Forschungsförderinstitutionen erhalten.
Die Marcel Benoist Stiftung
Seit 1920 zeichnet die Marcel Benoist Stiftung jedes Jahr herausragende Forschung aus, die für das menschliche Leben von Bedeutung ist. Sie ehrt damit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die für die Exzellenz des Forschungsplatzes Schweiz stehen. Bereits elf Preisträger haben später den Nobelpreis erhalten. Das Nominationsund Evaluationsverfahren wird seit 2018 vom SNF im Auftrag der Marcel Benoist Stiftung durchgeführt. Der Preis 2024 wird im Bereich der Geistesund Sozialwissenschaften vergeben. Weitere Informationen finden Sie unter: www.marcel-benoist.chFoto: Daniel Rihs