
Das Interessante daran ist, dass Perowskite nicht nur als Solarzellen eingesetzt werden können, sondern umgekehrt auch als Beleuchtungsmittel oder als Basis für Photodetektoren, zum Beispiel in Röntgengeräten oder Sensoren für Smartwatches. Aus diesem Grund wird diese Materialklasse derzeit weltweit intensiv erforscht. Doch es gibt ein Problem: Viele dieser Perowskit-Kristalle enthalten sogenannte organische Ionen als Bausteine. Das sind Kristallbausteine, die Kohlenstoff, Stickstoff und Wasserstoff enthalten. Sie schmelzen und verdampfen bei viel niedrigeren Temperaturen als Silizium oder GaAs, CdTe oder CIGS. Daher sind viele bewährte Produktionsverfahren für diese Materialien nicht geeignet.
Das Projekt AMYS ("Advanced Manufacturability of Hybrid Organic-inorganic Semiconductors for Large Area Optoelectronics"), das im Rahmen der "Strategic Focus Area Advanced Manufacturing" (SFA-AM) des ETH-Bereichs gestartet wurde, versucht nun, genau diese Probleme zu lösen. Benötigt wird ein industrielles Herstellungsverfahren für Perowskit-Dünnschichten, die bisher hauptsächlich in "nassen" Sprühverfahren in Labors hergestellt werden. Die Aufgaben der Forschungspartner sind sorgfältig verteilt: Das Team der Perowskit-Spezialisten Ayodhya N. Tiwari und Fan Fu vom "Thin Films and Photovoltaics Laboratory" der Empa sucht nach einem flexiblen Perowskit-Photodetektor und Solarzellen; das Team von Chih-Jen Shih von der "Nanomaterials Engineering Research Group" der ETH Zürich will Perowskit-LEDs bauen, die Licht mit besonders hoher Farbgenauigkeit erzeugen. Und Christophe Ballif von der EPFL ist mit seinem Team auf der Suche nach besonders effizienten Tandem-Solarzellen, die aus Silizium auf der Unterseite und einer halbtransparenten Perowskit-Schicht auf der Oberseite bestehen.

Besonders effiziente Tandem-Solarzellen, die aus Silikon und einer semi-transparenten Perowskit-Schicht bestehen. Bild: Empa
Alle Forscher haben bereits Vorarbeiten geleistet: Im Juli stellte das EPFL-Team einen neuen Weltrekord auf: Solarzellen aus dickem, kristallinem Silizium mit einer dünnen Perowskit-Schicht darauf erreichten einen Wirkungsgrad von über 31 Prozent. Ein solcher Wert wurde bereits mit anderen Halbleiterzellen erreicht, doch sind diese in der Herstellung rund 1000-mal teurer. Damit öffnet sich ein Tor zur kostengünstigen Photovoltaik. "Wir haben einen zweistufigen Prozess entwickelt, um die organischen Bestandteile unserer Perowskite schonend und homogen auf mittelgrosse Solarzellen aufzutragen", erklärt Christian Wolff, der im EPFL-Team arbeitet. "Das wollen wir nun auf ein neu entwickeltes, auf Trockendampf basierendes Verfahren ausdehnen, das es einerseits ermöglicht, noch grössere Flächen homogen zu bedecken, und gleichzeitig zu sehen, ob es nicht noch bessere chemische Kombinationen gibt."
Sebastian Siol von der Empa hilft ihm dabei. Er ist Spezialist für Beschichtungsprozesse und für die Analyse von industriell hergestellten dünnen Schichten. Mit automatisierten Hochdurchsatz-Experimenten wird er eine Vielzahl von verschiedenen chemischen Zusammensetzungen und Prozessparametern screenen, mit dem Ziel, eine "Bibliothek" von vielversprechenden Perowskit-Mischungen zu erstellen. Damit erhalten Wolff und seine Kollegen in allen Arbeitsgruppen entscheidende Hinweise, wo sie suchen müssen. Das beschleunigt den Weg zum Ziel von preiswerten, stabilen und grossflächigen optoelektronischen Bauelementen mit vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten.

Eine dünne Schicht Perowskit (rot) bedeckt den welligen Untergrund einer Silizium-Solarzelle. Beide Schichten fangen mehr Licht ein als eine allein. Bild: Empa