Nur 9 Prozent der Schweizer Unternehmen schöpfen das volle Potenzial aus

Business Transformationen: Nur 9 Prozent der Schweizer Unternehmen schöpfen das volle Potenzial aus

Obwohl Schweizer Unternehmen die Relevanz von Business Transformationen als hoch einschätzen, haben viele von ihnen grosses Optimierungspotenzial beim Verändern ihrer Geschäftsbereiche. Das zeigt eine erstmals durchgeführte Studie der Hochschule Luzern in Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Gesellschaft für Organisation und Management SGO. Das Forschungsteam hat drei Faktoren erkannt, die bei einer Business Transformation erfolgskritisch sind.

Schweizer Unternehmen schätzen Business Transformationen als wichtiges Tätigkeitsfeld ein. Das zeigt der Business Transformationen Survey 2022 der Hochschule Luzern. Demnach haben die rund 340 befragten Unternehmen die Relevanz von Business Transformationen für den künftigen Erfolg durchschnittlich mit 5.5 bewertet (1=gar nicht wichtig, 6=sehr wichtig). Zufrieden mit dem Fortschritt sind die Befragten aber noch nicht (durchschnittlicher Zufriedenheitswert von 3.9).

«Besonders deutlich wird das Verbesserungspotenzial bei der Geschwindigkeit von Business Transformationen», so Jan Schlüchter, Studienautor und Co-Programmleiter des CAS Business Transformation Management an der Hochschule Luzern. Knapp 64 Prozent aller Befragten empfinden das Transformationsvorhaben als zu langsam, bei den nicht erfolgreichen Transformationen sind es sogar über 88 Prozent. Entscheidende Unterschiede zwischen erfolgreichen und nicht erfolgreichen Business Transformationen machen zudem Arbeit der Geschäftsleitung und Führungskräfte sowie eine hohe Fehlertoleranz aus (siehe Abbildung 1).

Drei Erfolgsfaktoren für Business Transformationen

Das Forschungsteam hat aus den Ergebnissen zehn Handlungsempfehlungen abgeleitet, von welchen drei essenziell sind. «Den Führungspersonen kommt bei erfolgreichen Business Transformationen eine besondere Bedeutung zu. Alle Führungspersonen, allen voran die Geschäftsund Bereichsleitung, sollten sich persönlich und authentisch für das Transformationsvorhaben engagieren», so Jan Schlüchter. Als zweites ist vor dem Start einer Business Transformation sicherzustellen, dass im Unternehmen oder Bereich eine positive Fehlerund Lernkultur existiert. Als drittes ist Schnelligkeit in der gesamten Transformation die beste Strategie, sei es beim Entwickeln, Entscheiden oder Umsetzen neuer Geschäftsmodelle oder Strategien. «Im Zweifel sollte lieber ein engerer Takt vorgegeben werden, nachjustieren ist immer noch möglich», präzisiert Schlüchter. Im Rahmen der Studie haben die Studienautoren detaillierte Empfehlungen für eine ganzheitliche Gestaltung und Orchestrierung der Transformationsprozesse erarbeitet. «Diese Ergebnisse bestärken uns in unserer Arbeit», sagt André Riedel, Leiter Community of Practice Business Transformation der Schweizerischen Gesellschaft für Organisation und Entwicklung SGO, welche die Studie unterstützt hat.

Business Transformation Champions: Nur jedes zehnte Unternehmen gehört dazu

In der Studie haben die Teilnehmenden aus den Unternehmen neben einer allgemeinen Einschätzung verschiedene Aspekte ihrer eigenen Business Transformation beurteilt. Aus dieser Beurteilung hat das Forschungsteam einen Business Transformation Maturity Score (BTMS) ermittelt. Dieser deckt den Vorbereitungsgrad, den eigentlichen Transformationsprozess und die dazu notwendigen Fähigkeiten ab. Die Resultate der Studie zeigen, dass lediglich neun Prozent der teilnehmenden Unternehmen in die Gruppe der Champions fallen (mit einem BTMS von durchschnittlich 4.8 von 6 und einer Zufriedenheit mit dem Transformationsfortschritt von durchschnittlich 4.7 von 6). 47 Prozent gehören in die Gruppe der Anfänger (mit einem BTMS von 2.9 im Mittel und einer durchschnittlichen Zufriedenheit von 3.2). «Diese Resultate verdeutlichen das noch zu realisierende Potenziale solcher Transformationen, selbst bei der Gruppe der Champions», so Schlüchter (siehe Abbildung 2).

Zwar seien einige Branchen etwas weiter fortgeschritten (z. B. Finanzund Versicherungsdienstleister mit einem BTMS von rund 3.8 gegenüber öffentlicher Verwaltung mit einem Score von ungefähr 3.2). «Insgesamt besteht jedoch noch ein grosser Handlungsbedarf beim Management von Business Transformationen und zwar für alle Wirtschaftszweige, wie der Abstand der aktuellen Maturity Scores zum Maximalwert zeigt», ergänzt der HSLU-Experte. Dass bisher lediglich 33 Prozent der Befragten eine Verbesserung der Marktposition ihres Unternehmens aufgrund der Transformation wahrnehmen, unterstreiche dies.

Business Transformation Survey 2022

Im Rahmen der Studie wurden 338 Fragebögen ausgewertet. Die Studie deckt einen vergleichbaren Querschnitt an Branchen in der Schweiz und unterschiedlicher Unternehmensgrössen ab. 38 Prozent der Teilnehmenden kommen aus Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitenden, 36 Prozent aus Unternehmen mit 10 bis 249 Mitarbeitenden. Das Thema hat für besonderes Interesse auf Ebene der Geschäftsleitung gesorgt (29 Prozent aller Teilnehmenden sind Mitglieder der Geschäftsleitung). 61 Prozent der aktuellen Business Transformationen laufen zwischen einem und drei Jahren. Nur 25 Prozent der Teilnehmenden sind in keine Business Transformation involviert, da sich ihre Unternehmen beispielsweise fortlaufend verbessern, bereits gut aufgestellt sind oder das Tagesgeschäft als wichtiger ansehen.

Grundlage des Business Transformations Maturity Score, detaillierte Ergebnisse und Analysen der Ursachen sowie weitere Handlungsempfehlungen für Business Transformation sind im Studienbericht zu finden. Die Studie kann über www.hslu.ch/business-transformation bestellt werden.

Autoren der Studie Business Transformation Survey 2022: Dr. Jan Schlüchter und Julien Nussbaum von der Hochschule Luzern.

Was ist eine Business Transformation?

Bei einer Business Transformation handelt es sich um einen Prozess, bei dem die Art und Weise, wie ein Geschäftsbereich oder ein gesamtes Unternehmen sein Geschäft betreibt, wesentlich verändert wird. Diese Veränderungen umfassen in der Regel mehrere Elemente und betreffen beispielsweise das Angebot eines Unternehmens, deren Prozesse, notwendige Kompetenzen bzw. Qualifikation der Mitarbeitenden. Diese Veränderungen sind für den künftigen Unternehmenserfolg entscheidend. Primäre Auslöser für solche Business Transformationen sind technologischer Wandel, Veränderung der Kundenbedürfnisse und Intensivierung des Wettbewerbs, wie die HSLU-Studie zeigt.