Wie Religion und Konflikt zusammenhängen

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Katharina Heyden ist Leiterin der Interfakultären Forschungskooperation (IFK) «Religious Conflicts and Coping Strategies» und für Ältere Geschichte des Christentums und der interreligiösen Begegnungen am Institut für Historische Theologie der Universität Bern. © Universität Bern

Am Freitag, 4. März 2022 präsentieren Forschende der Universität Bern ihre Erkenntnisse zum ambivalenten Verhältnis von Religion und Konflikt. Vier Jahre lang haben sie in der Interfakultären Forschungskooperation «Religious Conflicts and Coping Strategies» dieses komplexe Thema bearbeitet. Am Anlass wird der Historiker David Nirenberg, Direktor des Institute for Advanced Study (IAS) in Princeton (USA), über die lange Geschichte von «Race and Religion» sprechen.

Das Verhältnis von Religion und Konflikt begleitet die Menschheitsgeschichte und spaltet bis heute die Geister. Seit 2018 haben über 30 Forschende der Universität Bern unter der Leitung der Theologin Katharina Heyden und des Rechtswissenschaftlers Martino Mona in der Interfakultären Forschungskooperation (IFK) ’Religious Conflicts and Coping Strategies’ das komplexe, zuvor nicht Überzeugend erfasste Verhältnis von Religion und Konflikt untersucht und nach Bearbeitungsstrategien (Coping Strategies) gefragt.

’Die Rolle von Religion in gesellschaftlichen Konflikten ist ambivalent. Es ist wichtig zu verstehen, wann, auf welche Weise und warum Religion in einem konkreten Konflikt ins Spiel kommt’, fasst Katharina Heyden ein zentrales Ergebnis der vierjährigen Forschungsarbeit zusammen. Welche Potenziale haben Religionen, um Konflikte zu befrieden oder zu verschärfen? Und wie können Gesellschaften mit religiös aufgeladenen Konflikten umgehen?

Zwölf Teilprojekte und ein Modell

In zwölf Teilprojekten wurden konkrete Konflikte und zentrale Übergreifende Aspekte erforscht: Nahostkonflikt und Schweizer Religionskriege, Gottesbilder und Genderfragen, Rhetoriken und Rituale, Gesetzgebung und Erkenntnistheorie.

Ein im Rahmen des Projektes entwickeltes Modell veranschaulicht das Zusammenwirken von Konfliktfaktoren, religiösen Dimensionen und Coping-Typen. Es soll politischen und sozialen Akteurinnen und Akteuren bei der Analyse von Konflikten nützlich sein. Die Forschungskooperation strebt also ein differenziertes Verständnis der ambivalenten Rolle von Religionen in Konflikten an, um adäquate Bearbeitungsstrategien entwickeln zu können.

Das Modell verbindet Erkenntnisse aus der Politikund Sozialwissenschaft, der Religionsforschung und der Psychologie. Es veranschaulicht, welche Faktoren bei der Analyse eines Konflikts mit religiösen Dimensionen berücksichtigt werden müssen. ’Wir erheben nicht den Anspruch, die Rolle von Religion in Konflikten mit diesem Modell generell zu erklären, denn das ist gar nicht möglich’, sagt Katharina Heyden und fügt hinzu: ’Unser Modell kann aber eine Hilfestellung zur kontextsensiblen Wahrnehmung von Religion in Konflikten geben. Und diese ist nötig, um adäquate Coping-Strategien zu finden. Wenn zum Beispiel ein Konflikt auf der politischen Ebene verfahren ist, wie derzeit der Nahost-Konflikt im Blick auf Landverteilungen, dann kann er dennoch auf der emotionalen und diskursiven Ebene weiter bearbeitet und gestaltet werden.’ Es gehe darum, das konstruktive Potenzial von Konflikten - und von Religion in Konflikten - zu erkennen.

Vortrag von David Nirenberg, Direktor des IAS Princeton

Am Freitag, 4. März 2022 präsentieren Forschende der Universität Bern Ergebnisse, die im Rahmen der IFK ’Religious Conflicts and Coping Strategies’ erarbeitet wurden. Zudem wird David Nirenberg, seit 1. Februar 2022 Direktor des renommierten Institute for Advanced Study (IAS) in Princeton, einen öffentlichen Vortrag zum Thema ’Race and Religion: From the Neolithic to the Present’ halten. Mit seinen viel beachteten Büchern ’Communities of Violence’, ’Neighbouring Faiths’ und ’Anti-Judaism. The Western Tradition’ hat der US-amerikanische Historiker wesentlich zum Verständnis der ambivalenten Potenziale von Religionen beigetragen. Rektor Christian Leumann spricht ein Grusswort. Die Kooperation zwischen Bern und Princeton wird in den kommenden Jahren mit einem gemeinsamen Projekt zu ’Interactive Histories, Co-Produced Communities: Judaism, Christianity and Islam’ fortgeführt.

Die Universität Bern und die IFK ’Religious Conflicts and Coping Strategies’ laden Sie herzlich ein:

Hauptgebäude der Universität Bern, Kuppelraum (9.00 - 12.00 Uhr), anschliessend UniS, Schanzeneckstrasse 1, Raum S 003

Katharina Heyden ÜBern), Martino Mona ÜBern), Rektor Christian Leumann und Nachwuchsforschende der Universität Bern; Prof. David Nirenberg, Ph.D. (IAS, Princeton)

Eintritt frei, die Vortragssprache ist Englisch.
Für aktuelle Informationen zum Anlass: www.religious-conflict­s.unibe.ch

Interfakultäre Forschungskooperationen (IFK) an der Universität Bern

Mit den Interfakultären Forschungskooperationen (IFK) werden an der Universität Bern seit 2018 Netzwerkprojekte aus verschiedenen Fachbereichen gefördert. Damit wird die vernetzte und fachübergreifende Forschung intensiviert. An diesen Netzwerkprojekten sind jeweils 8 bis 13 Forschungsgruppen aus mindestens zwei verschiedenen Fakultäten beteiligt. Die Leitung Übernehmen jeweils zwei Personen aus unterschiedlichen Fakultäten.

Die drei IFK, die 2018 gestartet sind, wurden in einem kompetitiven Verfahren von der Universitätsleitung bewilligt. Sie orientieren sich an den fünf strategischen Themenschwerpunkten der Universität Bern (Nachhaltigkeit, Gesundheit und Medizin, Materie und Universum, Interkulturelles Wissen, Politik und Verwaltung).

Publikationen

Katharina Heyden and Martino Mona, Coping with Religious Conflicts: Introducing a New Concept in Conflict Research , in: Zeitschrift für Religion, Gesellschaft und Politik 5 (2021), 371’390 .

Lehrfilm (unibe-Flashmooc): ‘How to cope with religious conflicts’ Insights from History’ (2020).

Adrian Brändli / Katharina Heyden, Claiming History in Religious Conflicts , Bibliotheca Helvetica Romana 2021, Basel: Schwabe Verlag 2021.

David Nirenberg, Anti-Judaismus. Eine andere Geschichte des westlichen Denkens, München: Beck Verlag 2015.