«Das Problem ist die Abwertung von Arbeit»
Algorithmen sind in der Arbeitswelt angekommen. Oft hängen sie dabei mit Automatisierung und Stellenabbau zusammen. Für sein Buch «Technopolitik von unten» hat Dr. Simon Schaupp hinter die Kulissen manueller Arbeit geblickt und berichtet im Interview von gegensätzlichen Tendenzen. Herr Schaupp, Sie waren für die Recherchen zu ihrem Buch unter anderem als Velokurier unterwegs. Was war Ihr Ziel? Es gibt in der Arbeitssoziologie sehr viele Studien darüber, welche digitalen Technologien Arbeitsprozesse verändern und was sie bewirken sollen. Dabei ist es auch eine Grundeinsicht der Techniksoziologie, dass Technologien selten bis nie so eingesetzt werden, wie ursprünglich gedacht. Ich wollte am Arbeitsalltag derjenigen teilnehmen, die diese Technologien unmittelbar verwenden, und so die tatsächliche Anwendung selbst erleben. Interviews oder Umfragen reichen für einen umfassenden Einblick nicht aus. Dabei habe ich mich speziell dem Bereich der Kontrolltechnologien und der algorithmischen Arbeitskontrolle gewidmet. Was kann man sich darunter vorstellen? Unter algorithmischer Arbeitssteuerung versteht man Anweisungen und Kontrollmechanismen von Computersystemen und Software, die auf eine Tätigkeit bezogen sind. Zum Beispiel erfassen diese Systeme bei Velokurieren die Zeit, die sie brauchen, um von A nach B zu kommen. Sie werten diese Daten aus und melden die Ergebnisse den Beschäftigten zurück. Bei guter Leistung kann das Lob sein, bei schlechter Leistung eine Aufforderung, schneller zu fahren. Ziel ist, dass sich die Beschäftigten verbessern und zum Beispiel weniger Zeit für dieselbe Strecke benötigen. Das kann man als feedbackbasierte Selbstoptimierung bezeichnen. Wie nehmen die Beschäftigten diese neue Form der Arbeitssteuerung auf?