
Die aktuelle Sonderausstellung «Verkannte Verwandte - von wilden Kusinen und vergessenen Grosseltern» im Botanischen Garten der Universität Bern (BOGA) rückt eine Gruppe von Pflanzen in den Fokus, die mehr Beachtung verdient: Die sogenannten Crop Wild Relatives (CWR), die wilden Verwandten unserer Nutzpflanzen. Sie sind deshalb «Verkannte Verwandte», weil ihr Beitrag an die Biodiversität, die Ernährungssicherheit und die Stabilität der Ökosysteme oft unterschätzt oder gar nicht erkannt wird. Die in Zusammenarbeit mit dem Pro Natura Zentrum Champ-Pittet und InfoFlora entstandene Ausstellung mit Quiz ist vom 25. Mai bis zum 6. Oktober 2024 im BOGA zu sehen.

In einer Zeit, in der die Ernährungssicherheit hinterfragt wird, Krankheiten und Resistenzen gegenüber Pestiziden zunehmen und die Biodiversität unter Druck steht, rückt eine Gruppe von Pflanzen in den Vordergrund, die mehr Beachtung verdient. Zu ihr gehören zum Beispiel das Rüebli (Wilde Möhre, Daucus carota L.), das Gemeine Hirtentäschel (Capsella bursa-pastoris L.), die Wilde Erbse (Pisum sativum subsp. biflorum) oder der Gift-Lattich (Lactuca virosa L.). Es handelt sich hier um sogenannte CWR-Arten (Crop Wild Relatives), also wildwachsende Verwandte der vom Mensch genutzten Kulturpflanzen. In ihrer wilden Form sind sie oft nicht geniessbar, ohne sie hätten unsere Kulturpflanzen aber nicht entstehen können.
Der Schatz der wilden Gene

Seit jeher hat der Mensch wildwachsende Pflanzen genutzt, um daraus Kulturpflanzen zu züchten oder um bestehende Kulturpflanzen zu verbessern. Zum Beispiel wurden Getreide oder Hülsenfrüchte mit Genen von wilden Verwandten ’angereichert’, um resistentere oder ertragreichere Sorten zu züchten.
Der Mensch profitiert also tagtäglich oft unbemerkt von den verwandten Arten der Kulturpflanzen - sei es mit dem Konsum von Nahrungsmitteln, als Futterpflanze für Nutztiere oder als Medizinalund Genusspflanze. So ist der Holzapfel (Malus sylvestris) ein wilder Verwandter des Kulturapfels (Malus pumila). Der seltene und gefährdete Taumel-Lolch (Lolium temulentum) ist nah verwandt mit dem Italienischen Raygras (Lolium multiflorum), dem wohl beliebtesten Futtergras. Und aus dem wilden Hopfen (Humulus lupulus) wurde der Kulturhopfen gezüchtet, der in Medizin und Bierbrauerei Verwendung findet. ’Wildarten können helfen, die Kulturform zu bewahren beziehungsweise durch Einkreuzungen zu stärken, sollten zum Beispiel Klimaveränderungen trockenheitsresistentere Kulturarten fordern,’ führt Markus Fischer, Gartendirektor des Botanischen Garten aus.

Nicht nur hinsichtlich des menschlichen Profits aber verdienen CWR mehr Beachtung. Ihre Förderung trägt zum Erhalt der Biodiversität bei. Adrian Möhl, wissenschaftlicher Mitarbeiter im BOGA hebt hervor: ’Die Schweiz führt seit kurzem eine Vorrang-Liste mit besonders wichtigen CWR-Arten, in der unter anderen auch die wilden Verwandten von Erbsli und Rüebli aufgeführt sind’. Mehr zur Vorrangliste siehe Box.
Eine Ausstellung mit Quiz

Die Ausstellung im BOGA startet auf der grossen Liegewiese, erstreckt sich über das ganze Freigelände und kann mittels eines Quiz erkundet werden. 23 wilde Verwandte wachsen im Garten versteckt. An ihrem Standort können per QR-Code weitere Informationen zur Art erfahren werden und - wenn die jeweilige Quizfrage richtig beantwortet wird - ein Buchstabe zum Lösungswort gefunden werden. Mit dem korrekten Lösungswort winkt als Gewinn ein Eintritt ins Pro Natura Zentrum Champ-Pittet.
