
Nathalie Huber An der UZH entstehen aus Forschungsergebnissen innovative Ideen für zukunftsweisende Anwendungen, Methoden und Geschäftsmodelle. Dies zeigen drei Gründerteams mit Wurzeln an der UZH, die im vergangenen Jahr den Schritt in die Selbständigkeit gewagt und einen Lizenzvertrag mit der UZH abgeschlossen haben. Ihre Spin-offs entspringen der Forschung der Medizinischen und Mathematisch-naturwissenschaftlichen Fakultät und sind im Life-Sciences-Bereich angesiedelt.
Gezieltere Therapien dank präziseren Diagnosen
Trotz einer Vielzahl von Medikamenten verläuft eine Krebserkrankung immer wieder tödlich, denn jeder Tumor ist einzigartig und dadurch ist es schwierig, die optimale Behandlung zu identifizieren. Das Spin-off Navignostics entwickelt neuartige diagnostische Methoden, um Tumorproben zu analysieren. ’Damit wollen wir klinische Spezialisten bei der Auswahl gezielter onkologischer bzw. immunonkologischer Therapien, die auf den individuellen Tumorphänotyp des Krebspatienten zugeschnitten sind, unterstützen’, sagt Bernd Bodenmiller, Professor für Quantitative Biomedizin.Navignostics beruht auf dem Ansatz der räumlichen Einzelzellproteomik, den Bodenmiller mit seiner Forschungsgruppe entwickelt hat. Dabei wird in einer Tumorprobe eine Vielzahl von Proteinen mit räumlicher Auflösung gemessen. Dies erlaubt es, mit Algorithmen zu bestimmen, welche Zelltypen vorhanden sind, welche Prozesse in diesen Zellen dereguliert sind und wie Tumorzellen andere Zellen in der Tumormikroumgebung beeinflussen. Ziel ist es, gestützt auf diese Daten und mithilfe von Künstlicher Intelligenz Krebspatient:innen individuelle Therapien empfehlen zu können.
Aktuell bietet Navignostics Dienstleistungen für Pharmaunternehmen an, um sie bei der Entwicklung von Krebsmedikamenten und Begleitdiagnostika zu unterstützen oder ihre Chancen für den Erfolg von klinischen Studien zu erhöhen. Die erfolgreich abgeschlossene Seed-Finanzierungsrunde (CHF 7,5 Mio.) ermöglicht es Navignostics, die Entwicklung des ersten diagnostischen Produkts stark zu beschleunigen. Gleichzeitig kann die Jungfirma dank diesen Geldern vermehrt mit klinischen, biotechnologischen und pharmazeutischen Partnern zusammenarbeiten.
Menschliches Gewebe aus dem Weltraum
Das Spin-off Prometheus Life Technologies AG strebt nichts weniger als eine Fabrik im Weltraum an, die menschliches Gewebe in Schwerelosigkeit herstellt. Das Spin-off nutzt die Mikrogravitation im Weltall, um aus menschlichen adulten Stammzellen dreidimensionale organähnliche Gewebe - sogenannte Organoide - zu züchten. Auf der Erde lassen sich wegen der Schwerkraft ohne Stützskelette keine dreidimensionalen Organoide produzieren. ’Derzeit gibt es eine unbefriedigte Nachfrage nach 3D-Organoiden’, sagt Oliver Ullrich, UZH Space Hub Director und Miterfinder.Auf grosses Interesse stossen diese 3D-Organoide bei Pharmaunternehmen: Toxikologische Studien könnten so ohne Umweg über Tiermodelle direkt an menschlichen Geweben durchgeführt werden. Aus Patientenstammzellen gezüchtete Organoide könnten zudem in Zukunft als Bausteine für Gewebeersatz zur Therapie geschädigter Organe eingesetzt werden. Denn die Zahl der gespendeten Organe kann den weltweiten Bedarf an Tausenden von Spenderorganen bei Weitem nicht decken. Weitere Wachstumschancen ergeben sich durch den Austausch von 2D- durch 3D-Zellkulturen.
Die Technologie des Spin-off basiert auf einem gemeinsamen Projekt von UZH und Airbus. Die Forschungsund Entwicklungsphase umfasste umfangreiche Experimente am Boden und zwei erfolgreiche Produktionstests auf der Internationalen Raumstation ISS. Für die gesamte Entwicklung von der Idee bis zur Kommerzialisierung zeichnete der UZH Space Hub verantwortlich. Letzten Monat heimste Prometheus Life Technologies AG bereits einen Preis ein. Das Spin-off gewann den ersten Platz des weltweiten Innovationswettbewerbs von Orbital Reef, einer gemischt genutzten Raumstation, die in einer niedrigen Erdumlaufbahn (LEO) errichtet werden soll.
Den Wirkungskontext von Medikamenten bestimmen
So wie man Aussagen nicht losgelöst von ihrem Kontext interpretieren soll, gilt das auch für die Wirkung von Medikamenten. Das von Lucas Pelkmans, Professor für Molekularbiologie, gegründete Spin-off Apricot Therapeutics spezialisiert sich auf den Wirkungskontext von Medikamenten - sogenannte ’Drug Activity Contexts’ (DACs). ’Wir sind weltweit das erste Pharmaunternehmen, das sich auf DACs konzentriert und wollen damit die Entwicklung neuartiger und innovativer Medikamente vorantreiben’, sagt Pelkmans. Die Technologie des Spin-offs fusst auf Pelkmans grundlegender Entdeckung, dass das Verhalten einzelner Zellen genau vorausberechnet werden kann, indem man ihren Zusammenhang mithilfe von multiparametrischer Mikroskopie und Computerbildern misst. DACs werden dadurch definiert, wie einzelne Zellen über mehrere räumlichen Skalen hinweg vernetzt sind und hiermit eine unterschiedliche Wirkung von Medikamenten erzeugen.Die Technologieplattform von Apricot Therapeutics basiert auf Methoden der bildbasierten Systembiologie, für die das Spin-off derzeit zwei Patentanmeldungen evaluiert. Ziel der Ausgründung ist es, ein Verfahren zu entwickeln, das alle relevanten DACs für die Aktivität von Medikamenten messen und mithilfe von Machine Learning die Reaktion auf diese Medikamente sehr genau bestimmen kann. Damit wendet Apricot Therapeutics als erste Firma neue Technologien aus der Genomics-3.0-Ära an, um Arzneimittelaktivitäten und Behandlungsergebnisse prognostizieren zu können. Zu den zukünftigen Kunden zählen Pharmaunternehmen, Biotechund Medtech-Startups, Diagnostikzentren, Kliniker:innen und Forschungslabore.
Bewährte Spin-offs bewegen Grosses
Insgesamt 150 Spin-off-Firmen sind seit 1999 aus der UZH hervorgegangen. Auch etablierte Spin-offs haben im letzten Jahr viel erreicht.Im Folgenden einige Meilensteine:
Gelungene Kooperationen
Das Biotechunternehmen Molecular Partners schloss einen Lizenzvertrag mit Novartis für das Covid-19-Medikament ’Ensovibep’ ab. Molecular Partners erteilte Novartis die weltweiten Rechte an Ensovibep und erhielt im Gegenzug eine Einmalzahlung von CHF 150 Mio. sowie eine Umsatzbeteiligung von 22 Prozent.
Neuroimmune ging eine Kooperationsund Lizenzvereinbarung ein mit der AstraZeneca-Tochter Alexion zur Entwicklung und Vermarktung des Herz-Medikaments NI006. Ebenso erweiterte das Unternehmen die Zusammenarbeit mit dem japanischen Unternehmen Ono Pharmaceutical bei der Erforschung neurodegenerativer Erkrankungen, um gemeinsam neue Arzneimittel zu entwickeln.
Clemedi brachte ’Tuberculini’ auf den Markt. Der molekulare Test erkennt innerhalb von 48 Stunden Resistenzen gegen alle wichtigen Therapeutika zur Behandlung von Tuberkulose.
Die von CUTISS AG entwickelte automatisierte Maschine zur Herstellung von massgeschneiderten Hautransplantaten wurde von Swissmedic zertifiziert. Durch die Produktion vor Ort in Schlieren kann das Spin-off seine Flexibilität und Kapazität erhöhen. Ausserdem hat das Europäische Patentamt für das Gewebetransplantat ein Patent erteilt.
Das erste Produkt von Oncobit AG erlangte von den europäischen Behörden die CE-Kennzeichnung, die garantiert, dass das Produkt ohne Einschränkungen im europäischen Markt genutzt werden kann. ’oncobit’ PM’ kann zur Überwachung der Behandlung, der minimalen Resterkrankung sowie des Wiederauftretens der Erkrankung bei Melanompatient:innen eingesetzt werden.
Eine äusserst grosse Finanzierungsrunde über CHF 72 Mio. - verzeichnete ImmunOs Therapeutics AG. Das biopharmazeutische Unternehmen bringt neuartige Therapeutika zur Behandlung von Krebsund Autoimmunerkrankungen hervor.
Die in Schlieren ansässige Kuros Biosciences AG gab den erfolgreichen Abschluss einer Kapitalerhöhung in Höhe von CHF 6,0 Mio. bekannt. Die Firma entwickelt Knochentransplantat-Technologien für die Wirbelsäule.
CHF 4,5 Mio. warb Invasight AG ein. Die 2020 gegründete Biotech-Firma stellt niedermolekulare Wirkstoffe her, welche die Ausbreitung von metastasierenden Tumoren blockiert.
KOVE Medical und OxyPrem erhielten je einen ’SERI-funded EIC Accelerator Grant’. Das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) fördert damit bahnbrechende Innovationen von Schweizer Startups. KOVE entwickelt eine Methode, um vorgeburtliche Eingriffe sicherer zu machen, OxyPrem bringt ein Gerät hervor, das die Überwachung der Sauerstoffversorgung im Gehirn Überwacht.
Innovationsförderung an der UZH
Die UZH begrüsst und unterstützt die Gründung von Startupund Spin-off-Firmen durch Forschende, Doktorierende, Studierende, Angestellte oder Ehemalige der UZH. Spin-off-Unternehmen sind ein wichtiges Instrument für die Umsetzung von universitären Forschungsergebnissen in die wirtschaftliche Praxis. Seit 1999 sind 150 Spin-offs an der UZH entstanden, die basierend auf UZH-Forschungsergebnissen oder -Technologien neue Produkte entwickeln und sie zur Marktreife bringen. Seit 2018 vergibt die UZH das UZH Startup Label, um Jungunternehmungen gezielt zu unterstützen.UZH-Spin-offs
UZH Venture Stories
UZH Startup Label
UZH Entrepreneur Fellowships
Das UZH Entrepreneur Fellowship als eines der zentralen Innovationsförderinstrumente an der UZH wurde bereits in 2017 lanciert, um die Umsetzung vielversprechender Forschungserkenntnisse in den Markt zu ermöglichen. So wurden die Mitgründer der Spin-offs OxyPrem und Clemedi - Stefan Kleiser und Prajwal Prajwal - durch das UZH Entrepreneur Fellowship gefördert. Das Programm wird durch die grosszügigen Donationen von der Werner Siemens Stiftung und der Hans Eggenberger Stiftunger ermöglicht.UZH Entrepreneur Fellowships
UZH Innovation Hub
Der UZH Innovation Hub ist die Drehscheibe für Innovation und Unternehmertum an der Universität Zürich. Das UZH Innovation Office informiert regelmässig über neue Innovationserfolge und aktuelle Förderangebote auf der Website und den Social Media Kanälen.UZH Innovation Hub
Nathalie Huber, Redaktorin UZH Kommunikation