Meistens geben unsere beiden Ohren dem Gehirn unterschiedlichen Input. Trotzdem nehmen wir Gesagtes immer als einheitliche Sprachlaute wahr. Dies geschieht durch den Abgleich der beteiligten Hirnareale mit Hilfe von Gamma-Wellen, wie Neurolinguisten der Universität Zürich herausgefunden haben. Daraus lässt sich möglicherweise ein Therapieansatz gegen Tinnitus ableiten.
Eigentlich ist es erstaunlich, dass wir nicht alles zweimal hören: Denn unsere Ohren sitzen auf gegenüberliegenden Seiten des Kopfes und die meisten Töne erreichen die Ohrmuscheln zeitlich leicht versetzt. ’Dies hilft uns zwar zu bestimmen, aus welcher Richtung Geräusche kommen, bedeutet aber auch, dass unser Gehirn die Informationen beider Ohren zusammenführen muss. Ansonsten würden wir ein Echo hören’, erklärt Basil Preisig vom Psychologischen Institut der Universität Zürich.
Hinzu kommt, dass Input vom rechten Ohr zuerst die linke Hirnhälfte und Input vom linken Ohr zuerst die rechte Hirnhälfte erreicht. Die beiden Hälften übernehmen bei der Sprachverarbeitung unterschiedliche Aufgaben: Die linke Seite ist für die Unterscheidung der Silben zuständig, die rechte erkennt die Sprachmelodie. Obwohl beide Hälften also die Informationen zeitlich verschoben erhalten und unterschiedliche Sprachmerkmale verarbeiten, integriert das Gehirn das Gehörte zu einem einzelnen Sprachlaut.
Hirnwellen stellen Verbindung her
Der genaue Mechanismus hinter diesem Integrationsprozess war bis jetzt nicht bekannt. In früheren Studien fand Preisig jedoch Hinweise darauf, dass vom Gehirn hervorgerufene messbare Schwingungen - sogenannte Gamma-Wellen - dabei eine Rolle spielen. Nun ist es ihm gelungen, einen direkten Zusammenhang zwischen der Integration des Gehörten und der Synchronisierung durch Gamma-Wellen nachzuweisen. Neben den Neurolinguisten der UZH waren an dem Projekt auch Forschende aus den Niederlanden und Frankreich beteiligt.