Rückzug ins Reduit

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Rückzug ins Reduit

Zahlreiche Bergvogelarten werden aus tieferen Berglagen vertrieben und können sich nur noch in höher gelegenen Gebieten halten. Grund für diese Verdrängung sind die Klimaerwärmung und die intensive Bewirtschaftung ihrer Lebensräume. Wie lange und wie rasch die Arten auf solche Veränderungen reagieren können, ist ungewiss. In ihrem neuen Bericht zum Zustand der Schweizer Vogelwelt widmet sich die Vogelwarte Sempach diesem Thema.

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Sempach. - Die Verbreitung der Vögel unterliegt einem ständigen Wandel. Neben natürlichen Faktoren wird sie immer mehr von menschlichen Aktivitäten beeinflusst. Problematisch für viele Arten ist vor allem die Geschwindigkeit, mit der diese Veränderungen heute ablaufen. Insbesondere in den Bergen können Lebensraumveränderungen und die Klimaerwärmung Vögel zur Aufgabe tiefer gelegener Lagen zwingen.

Die langfristigen Daten aus den Überwachungsprojekten der Schweizerischen Vogelwarte Sempach machen solche Entwicklungen sichtbar. Die aus zehntausenden Beobachtungen von freiwilligen Mitarbeitenden berechneten Indices zeigen für verschiedene Vogelarten seit 1999 ein klares Bild: Unterhalb von 1500 m ü.M. nehmen die Bestände typischer Bergvögel wie Birkhuhn, Steinschmätzer und Tannenhäher ab. Oberhalb dieser Höhe bleiben sie stabil oder nehmen zu.

Beim Bergpieper hielten sich die Bestände seit der Jahrtausendwende in höheren Lagen gut. Weiter unten brütende Populationen hingegen schrumpften um rund ein Drittel. Der Grund für diesen Rückzug aus tieferen Berglagen dürfte die Bewirtschaftung des Grünlands sein. Die intensive Grasnutzung erschwert es dem Bergpieper, in seinem Nest am Boden Junge aufzuziehen. Im Gegenzug könnten steigende Temperaturen dazu führen, dass geeignete Brutplätze in höheren Lagen früher im Jahr ausapern. Je weiter oben sich die Vögel ansiedeln, desto grösser ist allerdings die Gefahr, dass sie in eine Falle tappen: Schneefälle, wie solche von Anfang Juli 2016 führen zu hohen Brutausfällen.

Eine ähnliche Bestandsentwicklung zeigt die Feldlerche: Im Mittelland sind ihre Bestände seit 1999 um 40% geschrumpft, während Populationen oberhalb von 1500 m ü.M. langfristig stabil bleiben. Die potenziell gefährdete Art leidet darunter, dass Wiesen immer früher im Jahr und in immer kürzeren Abständen gemäht werden.

 

Quelle
Sattler, T., P. Knaus, H. Schmid & B. Volet (2016): Zustand der Vogelwelt in der Schweiz. Bericht 2016. 35 S. Der vollständi
Swiss Bird Index SBI
Die Schweizerische Vogelwarte entwickelte den Swiss Bird Index SBI zur Dokumentation der Situation der Schweizer Brutvögel. Seit 2005 wird der SBI mitsamt seinen Teilindices jährlich mit den neuesten Bestandsdaten der 174 regelmässig in der Schweiz brütenden Vogelarten aktualisiert. Dieser Indikator für den Zustand der Umwelt hat sich in der Schweiz als Überwachungsinstrument etabliert und wird von verschiedenen Bundesstellen in ihre Berichterstattung aufgenommen. Die Bestandsdaten stammen mehrheitlich von Freiwilligen, die in vier verschiedenen Monitoringprojekten mitarbeiten. Die Vogelwarte wird von rund 2000 freiwilligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterstützt. Insgesamt liegen dem SBI alleine aus dem Jahre 2015 rund 68’000 einzelne Beobachtungen zugrunde. www.vogelwarte.ch/.../­zustandsbe­richt/brut­/weiterfue­hrende-ana­lysen.html

Porträt Vogelwarte
Die Schweizerische Vogelwarte Sempach ist eine gemeinnützige Stiftung. Sie überwacht die einheimische Vogelwelt, geht den Ursachen der Bedrohung der Vogelwelt auf den Grund und setzt gemeinsam mit Partnern Schutzund Fördermassnahmen um. Die Vogelwarte betreibt auch eine Pflegestation für kranke, verletzte und verwaiste Vögel. Als nationales Kompetenzzentrum für Vogelkunde und Vogelschutz ist sie auch Auskunftsund Beratungsstelle für Öffentlichkeit, Medien und Behörden. Mit Schulprogrammen, Angeboten in der Umweltbildung und im Besuchszentrum in Sempach sensibilisiert sie Jung und Alt für den Schutz der Vogelwelt. Finanziell getragen wird die Vogelwarte von Spenden aus der ganzen Bevölkerung.