Muskeln zum Anziehen

Muskeln zum Anziehen

Forschende der ETH Zürich haben einen tragbaren Exomuskel aus Stoff entwickelt - eine Art zusätzliche Muskelschicht. Diese soll Menschen mit Bewegungseinschränkungen mehr Kraft und Ausdauer im Oberkörper verleihen.

Mehr Ausdauer dank Exomuskel

Diesen ersten Prototypen haben die Forschenden nun in einer Studie mit 12 Proband:innen - zehn gesunden Personen, einer Person mit einer Muskelschwäche (Michael Hagmann) und einer Person mit einer Rückenmarksverletzung - erstmals getestet. Die Resultate sind vielversprechend: Alle Teilnehmer:innen konnten dank dem Exomuskel ihre Arme und/oder Gegenstände sehr viel länger heben. Die Ausdauerzeit erhöhte sich bei gesunden Teilnehmer:innen um rund einen Drittel, bei dem Teilnehmer mit Muskelschwäche erhöhte sie sich um 60 Prozent und der Proband mit einer Rückenmarksverletzung konnte die ihm aufgetragenen Ébungen gar drei Mal so lange durchhalten. Die eigenen Muskeln wurden dabei weniger beansprucht und die Überwiegende Mehrheit der Versuchsteilnehmenden empfanden das Gerät zudem als intuitiv in der Nutzung.

Mit Betroffenen testen und verbessern

Der Weg bis zum marktreifen Produkt ist aber dennoch ein langer: «In einem nächsten Schritt möchten wir unseren Prototyp ausserhalb des Labors in der natürlichen Umgebung der zukünftigen Träger:innen testen und das Gerät mithilfe dieser Ergebnisse weiter verbessern», sagt Michele Xiloyannis, der ebenfalls am Sensory-Motors Systems Lab der ETH Zürich tätig ist und am Myoshirt forscht. Damit das Gerät dereinst unsichtbar und bequem unter der Kleidung getragen werden kann, muss es noch kleiner und leichter werden - heute wiegt die Antriebund Steuerungsbox noch vier Kilogramm. Um ein maximal reduziertes Produkt zu erhalten, wollen sich die Forschenden weiterhin auf eine Kernfunktion konzentrieren - das Unterstützen der Schulter beim Anheben der Arme. Zudem arbeiten sie eng mit dem ETH-Spin-off MyoSwiss AG zusammen, das ein weiches Exoskelett - eine Art Roboteranzug zur Unterstützung der Beine - herstellt und vertreibt. «Dass die Forschenden ihre Ideen zusammen mit den potenziellen Nutzenden und iterativ weiterentwickeln, gefällt mir besonders», sagt Michael Hagmann, der bereits verschiedene technische Hilfsmittel der ETH vom Prototyp bis zum fertigen Produkt getestet und so entwickeln geholfen hat. Denn für ihn ist klar: Er möchte auch in Zukunft weiter aktiv bleiben und da kommt technische Unterstützung wie gerufen.

Literaturhinweis

Georgarakis M, Xiloyannis M, Wolf P, Riener R. A textile exomuscle that assists the shoulder during functional movements for everyday life. Nature Machine Intelligence. 22.06.2022. Online: https://rdcu.be/cQbm7