Neue Forschungsarbeiten des Centre.NeuroRestore haben den Neuronentyp identifiziert, der durch elektrische Stimulation des Rückenmarks aktiviert und umgestaltet wird. Dadurch konnten neun gelähmte Patienten wieder gehen, stehen, Muskeln aufbauen - kurz gesagt, ihre Lebensqualität verbessern. Dieser grundlegende und klinische Durchbruch wird heute in Nature veröffentlicht.
Die seit mehreren Jahren von Grégoire Courtine von der EPFL und Jocelyne Bloch vom CHUV koordinierten Arbeiten haben gezeigt, dass eine gezielte Stimulation mit Elektroden, die in dem Bereich des Rückenmarks angebracht wurden, der die Beinmuskeln steuert, bei einigen Patienten, die nach einer Rückenmarksverletzung gelähmt waren, eine gewisse Mobilität wiederherstellen konnte. In einer neuen Studie, die heute in Nature veröffentlicht wurde , zeigen sie nicht nur, dass diese Therapie bei 9 Patienten wirksam war, sondern auch, dass am Ende des Rehabilitationsprozesses die Verbesserung der Motorik der Patienten auch ohne elektrische Stimulation anhält. Diese neurologische Erholung deutet auf ein Nachwachsen und eine Reorganisation der am Gehen beteiligten Nervenfasern hin. Für die Forscher war es nun entscheidend, diese Nervenreorganisation genau zu verstehen, um die Behandlung weiter zu verbessern, damit möglichst viele Patienten davon profitieren können.
Das auf Reparatur spezialisierte Vsx2-Neuron
Die Wissenschaftler untersuchten diese Erholung daher an einem Nagetiermodell und konnten dabei eine überraschende Familie von Neuronen identifizieren: Sie werden bei gesunden Menschen nicht besonders für das Gehen benötigt, erweisen sich aber als entscheidend für die Erholung nach einer Rückenmarksverletzung.
Mehrere Schritte der Grundlagenforschung führten zu dieser Schlussfolgerung. Zum ersten Mal gelang es den Forschern, die Aktivität des menschlichen Rückenmarks während des Gehens sichtbar zu machen. Dank dieser Genauigkeit konnten sie eine erstaunliche Feststellung machen: Während das Rückenmark der Patienten stimuliert wird, nimmt seine Aktivität während des Gehens mit zunehmender Erholung ab. Die Wissenschaftler vermuteten, dass diese Aktivität die Auswahl bestimmter Neuronen widerspiegelt, die sich der funktionellen Erholung widmen. Wir haben zum ersten Mal einen molekularen Atlas des Rückenmarks erstellt, der so präzise ist, dass wir den Heilungsprozess Neuron für Neuron beobachten können", sagt Grégoire Courtine, Professor für Neurowissenschaften an der EPFL und Co-Direktor des NeuroRestore-Zentrums.
Dank der Genauigkeit dieses Atlas konnten die Forscher zeigen, dass die Stimulation des Rückenmarks eine bestimmte Art von Neuronen aktiviert und dass die Bedeutung dieser Neuronen mit dem Genesungsprozess wächst.
Implantat mit mehreren Funktionen
Um diese Entdeckung zu bestätigen, erweiterte Stéphanie Lacour, ebenfalls Professorin an der EPFL, die Implantate in ihrem Labor um eine Reihe von Leuchtdioden, die nicht nur das Rückenmark stimulieren, sondern auch ausschließlich die Vsx2-Neuronen mittels Optogenetik inaktivieren. Bei Mäusen mit einer Verletzung stoppte diese Inaktivierung der Vsx2-Neuronen sofort das Gehen, während sie bei gesunden Mäusen wirkungslos blieb. Dies deutet darauf hin, dass die Vsx2-Neuronen sowohl notwendig als auch ausreichend sind, damit die Elektrostimulationsbehandlung wirksam ist und zu einer Reorganisation des Nervensystems führt.
Das Verständnis der spezifischen Funktionen jeder Subpopulation von Neuronen bei einer komplexen Aktivität wie dem Gehen ist eine grundlegende Herausforderung für die Neurowissenschaften", betont die Neurochirurgin Jocelyne Bloch, Co-Direktorin von NeuroRestore. Diese neue Arbeit, die mit den neun Patienten validiert wurde, die dank unserer Implantate eine gewisse Mobilität zurückgewinnen konnten, ermöglicht es uns, den Prozess der Reorganisation des Rückenmarks besser zu verstehen."
Jordan Squair, der sich bei NeuroRestore auf regenerative Therapien konzentriert, fügte hinzu: "Dies eröffnet uns noch gezieltere therapeutische Möglichkeiten: Wir wollen diese Neuronen manipulieren, um Rückenmarksverletzungen zu regenerieren.