Spiegelbildliche Moleküle leichter unterscheiden

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Spiegelbildliche Moleküle leichter unterscheiden

Mithilfe einer neuen Methode lassen sich spiegelbildliche Substanzen besser voneinander unterscheiden. Das ist unter anderem bei der Herstellung von Arzneimitteln wichtig, weil die beiden Varianten völlig unterschiedliche Wirkungen im menschlichen Körper entfalten können. Das neue Verfahren beschreiben Forschende des Paul Scherrer Instituts PSI, der ETH Lausanne (EPFL) und der Universität Genf nun im Fachblatt Nature Photonics.

Einige Moleküle existieren in zwei Formen, die zwar strukturell identisch sind, aber in ihrem Aufbau spiegelbildlich zueinander - genau wie unsere rechte und linke Hand. Es handelt sich dann um chirale Moleküle. Ihre beiden spiegelbildlichen Formen nennt man Enantiomere. Bei biologischen Molekülen ist eine Chiralität besonders relevant, denn sie können unterschiedliche Wirkung im Körper entfalten. In der Biochemie, Toxikologie und bei der Entwicklung von Arzneimitteln ist es daher essenziell, Enantiomere voneinander zu trennen, damit beispielsweise nur die erwünschte Variante in ein Medikament gelangt. Nun hat ein Zusammenschluss von Forschenden vom PSI, der EPFL und der Universität Genf eine neue Methode entwickelt, mit der sich Enantiomere besser voneinander unterscheiden und somit trennen lassen: den helikalen Dichroismus im Röntgenbereich.

Die bisher etablierte Methode, mit der Enantiomere unterschieden werden, ist der sogenannte zirkulare Dichroismus, abgekürzt CD. Hierbei wird Licht mit einer bestimmten Eigenschaft - nämlich zirkular polarisiertes Licht - durch die Probe geschickt. Dieses Licht wird von den Enantiomeren unterschiedlich stark absorbiert. CD ist in der analytischen Chemie, in der biochemischen Forschung sowie in der Pharmaund Lebensmittelindustrie weit verbreitet. Allerdings sind bei CD die Signale von Natur aus sehr schwach: Die Lichtabsorption der beiden Enantiomere unterscheidet sich nur um knapp 0,1 Prozent. Es existieren verschiedene Strategien zur Verstärkung der Signale, die jedoch nur geeignet sind, wenn die Probe in der Gasphase vorliegt. Ein Grossteil der Chemie und Biochemie jedoch wird in flüssigen Lösungen betrieben, vor allem in Wasser.

Die neue Methode nutzt dagegen den sogenannten helikalen Dichroismus, kurz HD. Der Effekt, der diesem Phänomen zugrunde liegt, ist statt in der Polarisierung des Lichts in dessen Form zu finden: Die Wellenfront ist hierbei schraubenförmig gekrümmt.

An der Synchrotron Lichtquelle Schweiz SLS am PSI konnten die Forschenden erstmals erfolgreich zeigen, dass sich auch mit schraubenförmigem Röntgenlicht Enantiomere unterscheiden lassen. An der cSAXS-Strahllinie der SLS demonstrierten sie dies an einer pulverförmigen Probe des chiralen Metallkomplexes Eisen-tris-Bipyridin, die die Forschenden der Universität Genf zur Verfügung gestellt hatten. Das Signal, das sie erhielten, war um mehrere Grössenordnungen stärker als dasjenige, das sich mit CD erreichen lässt. HD lässt sich auch in flüssigen Lösungen nutzen, und erfüllt damit eine ideale Voraussetzung für Anwendungen in der chemischen Analytik.

Entscheidend für das Experiment war, Röntgenlicht mit den genau richtigen Eigenschaften zu erschaffen. Dies gelang den Forschenden mit sogenannten Spiralzonenplatten, einer besonderen Art von Beugungslinsen, durch die sie das Licht schickten, bevor es auf die Probe traf.

«Mit den Spiralzonenplatten konnten wir auf sehr elegante Art unserem Röntgenlicht die gewünschte Form und somit einen Bahndrehimpuls geben. Die Strahlen, die wir so erschaffen, werden auch als optische Wirbel bezeichnet», sagt PSI-Forscher Benedikt Rösner, der die Zonenplatten für dieses Experiment entworfen und hergestellt hat.

Jérémy Rouxel, Forscher an der EPFL und Erstautor der neuen Studie, ergänzt: «Der helikale Dichroismus liefert eine völlig neue Art der Licht-Materie-Wechselwirkung. Wir können ihn für die Unterscheidung von Enantiomeren perfekt ausnutzen.»

Die Studie war möglich dank Finanzierung durch den Europäischen Forschungsrat mit dem ERC Advanced Grant DYNAMOX, den Schweizerischen Nationalfonds mit dem Nationalen Forschungsschwerpunk NCCR:MUST und durch den Deutschen Akademischen Austauschdienst DAAD.

Text: Paul Scherrer Institut/Laura Hennemann