Eine neue Studie zeigt deutlich: wo immer der Mensch sehr aktiv ist - wie in der Nähe von Seehäfen - ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass nicht heimische Baumarten in nahe gelegene Waldgebiete eindringen. Eine hohe Vielfalt einheimischer Bäume kann die Intensität solcher Invasionen jedoch eindämmen.
Der Mensch verbreitet absichtlich und unabsichtlich seit Jahrhunderten zahlreiche Pflanzenarten, oft auch in Gebiete weit ausserhalb ihres ursprünglichen Lebensraums. Im weltweiten Durchschnitt werden rund zehn Prozent der gebietsfremden Arten invasiv. Das kann massive ökologische und ökonomische Folgen für betroffene Regionen haben.
Ein internationales Forschungsteam unter Federführung der ETH Zürich hat nun erstmals untersucht, welche Regionen der Welt am anfälligsten für Invasionen durch gebietsfremde Bäume sind. Die Studie erschien soeben in der Fachzeitschrift externe Seite Nature call_made.
In dieser Studie kombinierten die Forschenden menschliche und ökologische Faktoren, um auf globaler Ebene die treibenden Kräfte für das Auftreten und die Intensität von Invasionen durch gebietsfremde Bäume einzuschätzen.
Ökologische Faktoren bestimmen die Intensität
Die Studie zeigt deutlich: Die Nähe zu menschlichen Aktivitäten - insbesondere zu Seehäfen - ist der dominierende Faktor, der Invasionen wahrscheinlicher macht. In Häfen werden Tonnen unterschiedlicher Güter umgeschlagen, darunter Pflanzen oder Saatgut aus allen Ecken der Erde. Der Besiedlungsdruck, der von dem eingeführten Pflanzenmaterial ausgeht, ist daher in diesen Gebieten hoher menschlicher Aktivitäten sehr hoch. Je näher ein Waldgebiet an einem Hafen liegt, desto höher ist sein Invasionsrisiko.
Ökologische Faktoren hingegen bestimmen die Invasionsintensität. Der wichtigste Faktor ist die einheimische Biodiversität. Sie vermag die Intensität von Invasionen abzufedern. In artenreichen Wäldern, in denen einheimische Arten die meisten ökologischen Nischen besetzen, ist es für gebietsfremde Baumarten schwieriger, sich auszubreiten und sich zu vermehren.
Ebenfalls wichtig ist die Strategie der invadierenden Arten. Sie bestimmt, welche Baumtypen in verschiedene Regionen eindringen. Die Forschenden fanden heraus, dass an sehr kalten oder trockenen Standorten gebietsfremde Baumarten den einheimischen Baumarten funktional ähnlich sein müssen, um in den rauen Umgebungen zu Überleben. An Standorten mit gemässigten Bedingungen hingegen müssen sich gebietsfremde Bäume von einheimischen Arten funktional unterscheiden, um zu Überleben: Indem sie sich funktional abgrenzen, vermeiden gebietsfremde Arten den harten Konkurrenzkampf mit einheimischen Bäumen um Platz, Licht, Wasser oder Nährstoffe.
Natürliche Vielfalt ist ein starker Schutzwall
Insgesamt verdeutlicht die Studie, wie wichtig die natürliche Baumvielfalt ist, um das Ausmass von Invasionen zu begrenzen. «Wir haben festgestellt, dass die einheimische Biodiversität weltweit die Intensität von Invasionen nicht-einheimischer Baumarten begrenzen kann», sagt Camille Delavaux, Hauptautorin der Studie. «Dies bedeutet, dass durch die Förderung einer hohen Vielfalt von einheimischen Bäumen das Ausmass von Invasionen vermindert wird.»
Die Ergebnisse sind wichtig für das Ökosystem-Management im weltweiten Kampf gegen den Verlust der biologischen Vielfalt. «Durch die Identifizierung jener Regionen, die für Invasionen am anfälligsten sind, trägt diese Analyse dazu bei, effektive Strategien zum Schutz der globalen Biodiversität zu entwickeln», sagt ETH-Professor Thomas Crowther. An der Studie beteiligte sich ein grosses Konsortium aus Forschenden und trug wertvolles Datenmaterial zusammen. «Ohne die fantastische Zusammenarbeit von Wissenschaftler:innen aus aller Welt, wäre diese globale Übersicht nicht möglich gewesen», betont Crowther.
Invasive Arten weltweit im Fokus
Tatsächlich sind die Ergebnisse für den weltweiten Schutz der biologischen Vielfalt bedeutend. Ein Hauptziel des 2022 an der UN-Biodiversitätskonferenz (COP 15) in Montreal von der Staatengemeinschaft verabschiedeten globalen Rahmenwerks für die Biodiversität ist, die Ansiedlung und Ausbreitung potenziell invasiver, nicht heimischer Arten zu verhindern.
Diese globale Analyse gebietsfremder Baumarten soll einen Beitrag zu den Erkenntnissen der zwischenstaatlichen Wissenschafts-- und Politikplattform für biologische Vielfalt und Ökosystemleistungen (IPBES) leisten. Diese wird in ihrem kommenden Statusbericht die erheblichen Auswirkungen invasiver Arten auf den Verlust der biologischen Vielfalt hervorheben.
«Dieses globale Verständnis der Verbreitung nicht heimischer Bäume kann Ländern bei ihren Bemühungen helfen, den Verlust der biologischen Vielfalt aufzuhalten und umzukehren sowie Prioritäten bei der Entscheidungsfindung zu setzen», sagt Crowther.
Redaktion