Wie bakterielle Stränge die Tuberkulose verbreiten

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Wie bakterielle Stränge die Tuberkulose verbreiten

Eine bahnbrechende Studie enthüllt, wie das Bakterium Mycobacterium tuberculosis resistente Stränge in den Wirtszellen bildet, und ebnet damit den Weg für ein besseres Verständnis und eine innovative Behandlung der Tuberkulose.

Tuberkulose ist eine Lungenkrankheit, die durch das Bakterium Mycobacterium tuberculosis (Mtb) verursacht wird. Nach Angaben der WHO sind weltweit 10 Millionen Menschen von der Krankheit betroffen und 1,5 Millionen Menschen sterben daran. Es ist die häufigste Todesursache bei HIV-Patienten und ein wichtiger Faktor für die Resistenz gegen antimikrobielle Mittel. Erstaunlicherweise wird geschätzt, dass ein Viertel der Weltbevölkerung Träger von Mtb ist, ohne die Krankheit zu entwickeln.

Die bakteriellen Stränge

Eine der Besonderheiten der in den 1940er Jahren entdeckten Mtb ist, dass sie in den Zellen, die sie infiziert, "Schnüre" bildet, insbesondere in den Alveolarzellen der Lunge, die für den Sauerstoffaustausch im Körper zuständig sind. Die Mtb-Stränge sind eigentlich Biofilme, d. h. charakteristische Strukturen, die viele Bakterienarten bilden, um zu überleben und sich zu vermehren (ein bekanntes Beispiel ist Zahnbelag).

Mtb-Stränge entwickeln sich in infizierten Zellen und stehen mit der Virulenz des Bakteriums und der Persistenz der Infektion in Zusammenhang. Das Verständnis ihrer Funktionsmechanismen ist von entscheidender Bedeutung für die Entwicklung von Strategien zur wirksameren Bekämpfung der Tuberkulose.

Die Mechanismen der Stränge verstehen

Eine neue Studie von Forscherinnen und Forschern der EPFL bringt nun Licht in die Entstehung und Funktionsweise der Mtb-Stränge in den Alveolarzellen. Ihre Erkenntnisse tragen zu einem besseren Verständnis der Tuberkulose bei und könnten zur Entwicklung neuer Behandlungsstrategien beitragen. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift Cell veröffentlicht und von Vivek Thacker aus dem Team von John McKinney von der Fakultät für Biowissenschaften der EPFL geleitet.

Die Forscherinnen und Forscher untersuchten die Mechanopathologie der Mtb-Strings. Dazu verwendeten sie einen ausgeklügelten Mikroengineering-Biochip namens "Lunge auf dem Chip", der die Struktur und Funktion des menschlichen Lungengewebes nachahmt. Durch die Kombination dieses Biochips mit Mausmodellen konnte das Team die frühen Stadien der Tuberkuloseinfektion nachbilden und genauer beobachten, wie das Mtb-Bakterium in den Alveolarzellen der Lunge Stränge bildet.

Dieser Ansatz hat fünf wichtige Aspekte von Mtb-Seilen aufgedeckt. Erstens handelt es sich um Strukturen mit einem "hohen Dehnungsverhältnis", d.h. ihre Länge ist wesentlich größer als ihre Breite: Es sind lange, dünne Fäden. Diese Form ist wichtig, um die Mechanopathologie und das Verhalten der Stränge in den Wirtszellen während der Tbc-Infektion zu verstehen.

Zweitens weisen die Strings eine widerstandsfähige Struktur auf und bewahren ihre Integrität gegen mechanische Störungen durch einen "Phasenübergang", d. h. eine Zustandsänderung der Lipidmonolagen von Mtb, wenn sie komprimiert werden, wodurch sie mechanische Energie speichern können. Die Wissenschaftler ermittelten dies mithilfe von "agentenbasierten" Simulationen. Dabei handelt es sich um einen computergestützten Ansatz, der gezeigt hat, wie diese Speicherung mechanischer Energie die Bildung und Aufrechterhaltung der Stringstruktur erleichtert.

Drittens kann das in den Strängen sehr dicht vorkommende Mtb-Bakterium der antibiotischen Clearance entgehen, was die Grenzen der Wirksamkeit antibiotischer Behandlungen gegen Tuberkulose aufzeigt.

Viertens, und das ist sehr wichtig, "komprimieren" die Stränge den Kern der Wirtszelle, wodurch die Immunantworten der Zelle verändert werden. Diese Erkenntnis ist von größter Bedeutung, da sie erklären kann, wie Mtb die Abwehrkräfte des Wirts unterdrückt und es dadurch schwierig macht, die Infektion zu beseitigen.

Fünftens können die Stränge durch und zwischen Zellen dringen, was die Ausbreitung von Mtb auf neues Gewebe erleichtert und die Fähigkeit des Wirts, die Infektion zu bekämpfen, weiter erschwert. Tatsächlich konnte das sehr dichte Mtb-Bakterium selbst nach einer Exposition gegenüber klinisch relevanten Antibiotikakonzentrationen wieder Stränge bilden. Dieses Phänomen ist besonders besorgniserregend, da es darauf hindeutet, dass die derzeitigen Antibiotikabehandlungen aufgrund des geringeren Eindringens einzelner Bakterien in diese Seilstrukturen weniger wirksam sein könnten.

Diese Studie vervollständigt unser Verständnis der Tuberkuloseinfektion und möglicherweise auch unsere Fähigkeit, sie zu behandeln. "Wir liefern einen konzeptuellen Rahmen für die Biophysik und Funktion bei der TB-Infektion sowie die Therapie von Strangarchitekturen unabhängig von Mechanismen, die einem einzelnen Bakterium zugeschrieben werden", sagt Vivek Thacker. Indem wir Mtb in der Infektion als Aggregat und nicht als isoliertes Bakterium betrachten, können wir uns neue Interaktionen mit Wirtsproteinen für die bekannten Effektoren der Mtb-Pathogenese und ein neues Paradigma in der Pathogenese vorstellen, bei dem die Kräfte der bakteriellen Architekturen die Funktion des Wirts beeinflussen."

Referenzen

Richa Mishra, Melanie Hannebelle, Vishal P. Patil, Anaëlle Dubois, Cristina Garcia-Mouton, Gabriela M. Kirsch, Maxime Jan, Kunal Sharma, Nicolas Guex, Jessica Sordet-Dessimoz, Jesus Perez-Gil, Manu Prakash, Graham W. Knott, Neeraj Dhar, John D. McKinney, Vivek V. Thacker. Mechanopathology of biofilm-like Mycobacterium tuberculosis cords. Cell, 20 October 2023. DOI: 10.1016/j.cell.2023.09.016