Professor Anders Meibom musste fast zehn Jahre lang forschen und mehrere Prototypen entwickeln, bevor er den Sieg verkünden konnte. Seinem Team ist es nun gelungen, die Funktionalität einer Ionensonde namens NanoSIMS(nanoscale secondary ion mass spectrometry) zu verbessern und sie in eine CryoNanoSIMS umzuwandeln, ein weltweit einzigartiges Instrument, mit dem die chemische oder isotopische Zusammensetzung von zuvor verglasten biologischen Geweben analysiert werden kann. Diese Kühltechnik ist die Grundlage der modernen Kryo-Elektronenmikroskopie, die es ermöglicht, alle Bestandteile einer biologischen Probe in ihrem reinsten postmortalen Zustand zu erhalten. Jacques Dubochet, der bekannteste Biophysiker aus dem Kanton Waadt, hatte diese "Wasserverglasung" in den 1980er Jahren entwickelt. Sie brachte ihm 2017 den Nobelpreis für Chemie ein. Das Team von Wissenschaftlern der EPFL stellt die CryoNanoSIMS und ihre zahlreichen Versprechungen nun in der Zeitschrift BMS Biology vor.
"Wir sind nun in der Lage, genaue Bilder davon zu erhalten, wo in einer Zelle oder einem Gewebe ein bestimmter Nährstoff gespeichert oder verwendet wird und wo ein Medikament eindringt - oder nicht eindringt. Es gibt derzeit keine andere Möglichkeit, diese Informationen zu erhalten", erklärt Anders Meibom, Leiter des Labors für biologische Geochemie an der EPFL, innerhalb der Fakultät für natürliche, architektonische und gebaute Umwelt, und ebenfalls Professor an der Universität Lausanne (UNIL).
Das CryoNanoSIMS eröffnet völlig neue Forschungsperspektiven.
Neue Horizonte
Die CryoNanoSIMS bietet beispielsweise die Möglichkeit, direkt in kryogenisch präpariertem biologischem Gewebe die subzelluläre Verteilung kleiner Moleküle darzustellen, die für die Behandlung von bakteriellen Infektionen mit Antibiotika oder von Krebs von entscheidender Bedeutung sind. Die Methode ist äußerst präzise, da die Moleküle durch die Kryogenisierung eingefroren werden, sodass kein Molekül verloren geht oder verschoben wird. Das Instrument ermöglicht auch die Visualisierung der Verteilung von Spurenelementen im Pflanzengewebe, eine entscheidende Information für die Optimierung des Pflanzenwachstums, die landwirtschaftliche Produktion und die Überwachung von Umweltkontaminanten im Boden und in Biofilmen. All dies geschieht mit einer subzellulären räumlichen Auflösung."Die CryoNanoSIMS eröffnet völlig neue Forschungsperspektiven und in meinem Labor entwickeln wir derzeit ein bedeutendes wissenschaftliches Programm rund um diese einzigartige Fähigkeit", betont Professor Meibom. Übrigens ist die CryoNanoSIMS in einem Gebäude der Universität Lausanne untergebracht. Sie ist Teil des Centre d’analyse de surface avancée (CASA), eines Konsortiums von Laboratorien der Universität Lausanne und der EPFL, die bei der Nutzung modernster Geräte für die Elementar- und Isotopenanalyse von Oberflächen im Rahmen eines breiten Spektrums von Forschungsthemen von der Geologie bis zur Biologie zusammenarbeiten. Jacques Dubochet, der kontaktiert wurde, begrüßt seinerseits "diese Erweiterung der biologischen Chemie".
Helvetische Präzision
Die Technologie des NanoSIMS hat selbst die Welt der Bildgebung revolutioniert, als sie vor etwa 20 Jahren auf den Markt kam. Sie basiert auf der Projektion eines Ionenstrahls auf eine Probe und ermöglicht die Beobachtung von Elementen mit einer Auflösung von 100 Nanometern. Die mit dem Instrument verbundenen Methoden der Probenvorbereitung führten jedoch bislang zu einer gewissen Verzerrung der Gewebemorphologie und zum Verlust löslicher Verbindungen. Um diese Einschränkungen zu überwinden, führte das Team von Anders Meibom ein kryogenes Probenvorbereitungsverfahren ein und stattete die NanoSIMS mit einem neuen physikalischen Teil aus, der Erweiterungen zur Aufnahme von kryogenen Proben und einen Tank mit flüssigem Stickstoff umfasst."Es war sehr schwierig, ein bestehendes Instrument, das bei Raumtemperatur arbeitet, in ein Instrument umzuwandeln, das gefrorene Gewebeproben analysieren kann, wobei die Probe über Stunden und Stunden kalt und stabil gehalten werden muss, um völlig neue Erkenntnisse zu ermöglichen", erklärt der Professor. "Nichts wäre möglich gewesen ohne das Know-how der Werkstätten für Maschinenbau der EPFL und die Expertise von Schweizer Unternehmen, um den Präzisionsgrad bestimmter Teile zu erreichen."
Von der Hydra bis zu den Korallen
Die Autorinnen und Autoren der Studie veranschaulichen die Fortschritte der CryoNanoSIMS in der Zeitschrift BMS Biology anhand einer Hydra, einem Tier, das sich in Süßwasser, auch in der Schweiz, vermehrt. Mithilfe von CryoNanoSIMS konnten sie direkt beobachten, wie das Tier Ammonium, einen wichtigen Nährstoff für viele Wasserorganismen, aufnimmt und verarbeitet.Das Team von Anders Meibom wird diese Studie demnächst auf Korallen anwenden, eine der Expertisen seines Labors, um besser zu verstehen, wie die Symbiose zwischen Algen und Korallen abläuft, und um die Elemente zu identifizieren, die ihre Bleichung und ihren Tod auslösen.