Die Geheimnisse der Nanofluidik lüften, ein Photon nach dem anderen

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Die Geheimnisse der Nanofluidik lüften, ein Photon nach dem anderen
Forscherinnen und Forscher der EPFL und der Universität Manchester lüften die Geheimnisse der Nanofluidik mit Hilfe eines 2D-Materials und Licht.

Eine Entdeckung auf dem Gebiet der Nanofluidik könnte unser Verständnis des molekularen Verhaltens auf kleinsten Skalen auf den Kopf stellen. Forschungsteams der EPFL und der Universität Manchester haben eine bislang unbekannte Welt enthüllt, indem sie die neu entdeckten fluoreszierenden Eigenschaften eines graphenähnlichen 2D-Materials, des Bornitrids, nutzten. Dieser innovative Ansatz ermöglicht es Wissenschaftlern, einzelne Moleküle in nanofluidischen Strukturen zu verfolgen und ihr Verhalten auf bisher unbekannte Weise zu beleuchten. Die Ergebnisse dieser Studie wurden in der Zeitschrift Nature Materials veröffentlicht.

Unsere Studie beleuchtet die Nanofluidik und lüftet damit den Vorhang für ein Gebiet, das bislang weitgehend unerforscht war.

Prof. Aleksandra Radenovic, Direktorin des LBEN, Fakultät für Ingenieurwissenschaften und Technik
Die Nanofluidik, also die Untersuchung von Flüssigkeiten, die in sehr kleinen Räumen eingeschlossen sind, liefert Informationen über das Verhalten von Flüssigkeiten auf der Nanometerskala. Die Untersuchung der Dynamik einzelner Moleküle in derart begrenzten Umgebungen stößt jedoch an die Grenzen herkömmlicher mikroskopischer Techniken. Diese Herausforderung verhinderte bislang die Echtzeitdetektion und -bildgebung und hinterließ große Lücken in unserem Wissen über die molekularen Eigenschaften in geschlossenen Umgebungen.

Dank einer unerwarteten Eigenschaft von Bornitrid haben Forscherinnen und Forscher der Fakultät für Ingenieurwissenschaften und Technik an der EPFL das bisher für unmöglich Gehaltene erreicht. Dieses 2D-Material hat die bemerkenswerte Fähigkeit, Licht zu emittieren, wenn es mit Flüssigkeiten in Berührung kommt. Durch Ausnutzung dieser Eigenschaft gelang es Wissenschaftlern des Labors für Biologie im Nanomaßstab (LBEN) der EPFL, die Bewegung einzelner Moleküle in nanofluidischen Strukturen zu beobachten und direkt zu verfolgen. Diese Entdeckung ebnet den Weg für ein besseres Verständnis des Verhaltens von Ionen und Molekülen unter Bedingungen, die biologischen Systemen nahe kommen.

Professor Aleksandra Radenovic, Direktorin des LBEN, erklärt: "Fortschritte in der Herstellung und in der Materialwissenschaft haben es uns ermöglicht, den Flüssigkeits- und Ionentransport auf der Nanometerskala zu kontrollieren. Dennoch war unser Verständnis von nanofluidischen Systemen begrenzt, da die herkömmliche Lichtmikroskopie nicht in der Lage war, Strukturen unterhalb der Beugungsgrenze zu durchdringen. Unsere Studie bringt die Nanofluidik ans Licht und lüftet damit den Vorhang für ein Gebiet, das bislang weitgehend unerforscht war."

Dieses neue Verständnis der molekularen Eigenschaften hat interessante Anwendungen. Insbesondere ermöglicht es die direkte Abbildung neu entstehender nanofluidischer Systeme, in denen Flüssigkeiten unter Druck- oder Spannungsreizen unkonventionelles Verhalten zeigen. Der Kern der Forschung liegt in der Fluoreszenz, die von Einzelphotonen-Emittern auf der Oberfläche des hexagonalen Bornitrids (hBN) ausgeht. "Diese Fluoreszenzaktivierung trat unerwartet auf, da weder das hBN noch die Flüssigkeit Fluoreszenz im sichtbaren Bereich aufweisen. Sie stammt höchstwahrscheinlich von der Wechselwirkung der Moleküle mit den Defekten auf der Kristalloberfläche, aber wir sind uns über den genauen Mechanismus noch nicht sicher", erklärt Nathan Ronceray, Doktorand am LBEN.

Defekte an der Oberfläche können fehlende Atome in der Kristallstruktur sein, deren Eigenschaften sich von denen des ursprünglichen Materials unterscheiden. Diese Eigenschaft ermöglicht es ihnen, Licht zu emittieren, wenn sie mit bestimmten Molekülen in Wechselwirkung treten. Außerdem beobachtete das Forschungsteam, dass, wenn ein Defekt aufhört, Licht zu emittieren, einer seiner Nachbarn die Funktion übernimmt, da das an den ersten Ort gebundene Molekül sich zum zweiten bewegt hat. Nach und nach können durch dieses Phänomen vollständige Molekülbahnen rekonstruiert werden.

Mithilfe einer Kombination aus mikroskopischen Techniken verfolgte das Team die Farbveränderungen und wies nach, dass diese Lichtemitter Photonen einzeln freisetzten und so genaue Informationen über ihre unmittelbare Umgebung in einem Radius von etwa einem Nanometer lieferten. Dieser Durchbruch ermöglicht es, diese Emitter als Sonden im Nanometerbereich einzusetzen und die Anordnung von Molekülen in begrenzten Räumen im Nanometerbereich zu beleuchten.

Das Team von Radha Boya am Fachbereich Physik der Universität Manchester stellte Nanokanäle aus zweidimensionalen Materialien her, die Flüssigkeiten auf wenige Nanometer von der hBN-Oberfläche eingrenzen. Diese Partnerschaft ermöglichte es, diese Systeme optisch zu erforschen und Hinweise auf die durch den Einschluss induzierte Flüssigkeitsordnung zu entdecken. "Man muss sehen, um zu glauben, aber es ist nicht einfach, die Auswirkungen des Confinements in diesem Maßstab zu erkennen. Wir stellen diese extrem dünnen, schlitzförmigen Kanäle her, und die aktuelle Studie zeigt eine elegante Möglichkeit, sie mit superauflösender Mikroskopie sichtbar zu machen", sagt Radha Boya.

Das Potenzial dieser Entdeckung ist beträchtlich. Nathan Ronceray sieht Anwendungen, die über den passiven Nachweis hinausgehen. "Wir haben hauptsächlich das Verhalten von Molekülen mit hBN beobachtet, ohne aktiv zu interagieren. Wir glauben jedoch, dass es verwendet werden könnte, um nanoskalige Strömungen, die durch Druck oder elektrische Felder hervorgerufen werden, sichtbar zu machen." Diese Hypothese könnte den Weg für dynamischere Anwendungen im Bereich der optischen Bildgebung und Detektion ebnen, indem sie beispiellose Informationen über das komplexe Verhalten von Molekülen in diesen begrenzten Räumen liefert.