Genomverdopplung fördert die Entstehung von Krebs

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Genomverdopplung fördert die Entstehung von Krebs
Forscherinnen und Forscher der EPFL und der Universität Lausanne haben eine neue Art der Krebsentstehung entdeckt: Die vollständige Verdoppelung des Genoms verändert die Organisation der DNA im 3D-Raum, was zur Aktivierung von Onkogenen führt, die die Krebsentstehung verursachen.

Eine einzelne Zelle enthält 2 bis 3 Meter DNA, was bedeutet, dass die einzige Möglichkeit, sie zu speichern, darin besteht, sie in enge Spulen zu wickeln. Die Lösung ist das Chromatin: ein DNA-Komplex, der um Proteine namens Histone gewickelt ist. Im dreidimensionalen Raum wird dieser Komplex allmählich zu einer mehrschichtigen Organisation aus Schleifen, Domänen und Kompartimenten gefaltet, die die sogenannten Chromosomen bilden. Die Organisation des Chromatins ist eng mit der Genexpression und dem reibungslosen Funktionieren der Zelle verknüpft, so dass jedes Problem in der Chromatinstruktur schädliche Auswirkungen haben kann, darunter die Entstehung von Krebs.

Ein Ereignis, das etwa 30 % der menschlichen Krebserkrankungen gemeinsam haben, ist die vollständige Genomduplikation, ein Prozess, bei dem alle Chromosomen in einer Zelle verdoppelt werden. Die vollständige Duplikation des Genoms führt zu genomischer Instabilität innerhalb der Zelle, was zu Chromosomenveränderungen und anderen Mutationen führen kann, die zur Krebsentstehung beitragen.

Ein Team von Forscherinnen und Forschern unter der Leitung von Elisa Oricchio von der EPFL und Giovanni Ciriello von der Universität Lausanne hat einen neuen Hinweis darauf entdeckt, wie die vollständige Verdopplung des Genoms Krebs fördert. In einer in der Zeitschrift Nature veröffentlichten Studie zeigen die Wissenschaftler, dass die vollständige Duplikation des Genoms die 3D-Organisation des Chromatins innerhalb der Zelle durch ein Phänomen namens "Verlust der Chromatinsegregation" beeinträchtigen kann.

Die Forscherinnen und Forscher untersuchten Zellen, denen das Tumorsuppressorgen p53 fehlt, wodurch sie der vollständigen Duplikation des Genoms ausgesetzt sind. Sie fanden heraus, dass die vollständige Genomduplikation zu einer verminderten Segregation von Strukturelementen des Chromatins wie Schleifen, Domänen und Kompartimenten führt, was dessen minutiöse Organisation in der Zelle durcheinanderbringt.

Dadurch kommt es zu einer Vermischung von genetischem Material, das normalerweise getrennt wird, wodurch sich die Position der genomischen Regionen im 3D-Raum verändert. Dieses Phänomen wird als "Repositionierung von Subkompartimenten" bezeichnet. Dies ebnet den Weg für die Aktivierung von Onkogenen, das sind Gene, die zur Entstehung von Krebs beitragen.

Die Forscherinnen und Forscher haben auch herausgefunden, dass die Auswirkungen der vollständigen Genomduplikation auf die Chromatinorganisation weitgehend unabhängig von Chromosomenveränderungen sind. Mit anderen Worten: Der Verlust der Chromatinsegregation und die chromosomale Instabilität sind komplementäre Mechanismen, die zusammenwirken und die Krebsentstehung fördern.

Ihre Arbeit lässt die Rolle der vollständigen Duplikation des Genoms und der Chromatinorganisation bei der Krebsentstehung in einem neuen Licht erscheinen. In Zukunft könnten hochmultiplexierte einzellige Molekularprofile in Kombination mit Barcoding-Technologien und neuen Computeransätzen zu einem besseren Verständnis der Rolle führen, die die Desorganisation der 3D-Chromatinstruktur bei der Umwandlung einer Zelle in eine Krebszelle spielt.

Referenzen

Ruxandra A. Lambuta, Luca Nanni, Yuanlong Liu, Juan Diaz-Miyar, Arvind Iyer, Daniele Tavernari, Natalya Katanayeva, Giovanni Ciriello, Elisa Oricchio. Whole genome doubling drives oncogenic loss of chromatin segregation. Nature 15 März 2023. DOI: 10.1038/s41586’023 -05794-2