Wenn ich eine Immobilie besitze, einen hohen beruflichen Status habe und andere Personen aus meinem Freundeskreis oder meiner Familie sich Solarpaneele angeschafft haben, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ich ebenfalls Solarpaneele auf meinem Dach habe. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich Sonnenkollektoren installiert habe, steigt sogar um 89 %, wenn eine Person aus meinem Bekanntenkreis dies vor mir getan hat. Diese "soziale Nähe" ist als Einflussfaktor bekannt. Eine Studie der EPFL zeigt jedoch, dass noch ein weiterer Faktor für die Entscheidungsfindung wichtig ist: die räumliche Nähe.
Wenn also mein Nachbar zusätzlich zu den oben genannten Punkten beschlossen hat, Sonnenkollektoren zu installieren, werde ich dies wahrscheinlich auch tun, wobei die Variable um 0,5 Einheiten steigt - was statistisch signifikant ist. Dies gilt umso mehr, wenn ich die gleiche Sprache spreche wie sie oder er und wir in der gleichen Gemeinde wohnen, was den Austausch von Informationen fördert, die bei der Entscheidungsfindung helfen. Im Gegensatz dazu spielen weder das Geschlecht noch die erklärten Meinungen über die Umwelt eine signifikante Rolle bei dieser Entscheidungsfindung, so die Studie. Die Studie, die in der Zeitschrift Heliyon erschienen ist, wurde an 1.125 Personen durchgeführt, die in zwei Regionen des Kantons Waadt (Bezirke Nyon und Jura-Nord Vaudois) wohnten, und vom Kanton finanziert.
Effekte der Nähe
Die Forscherinnen und Forscher der EPFL erinnern somit daran, dass der Informationsfluss auf lokaler Ebene im Zusammenhang mit der Energiewende entscheidend ist. Für sie ist die Bedeutung der räumlichen Nähe als Ergänzung zur sozialen Nähe zu sehen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zeigen konkrete Handlungsmöglichkeiten am Beispiel von lokalen Informationskampagnen auf, die von Nachbarschaftsverbänden, in der Energiewende aktiven Unternehmen in der Region oder Besitzern von Solaranlagen durchgeführt werden könnten. "Diese Menschen sind oft sehr bereit, über ihre Erfahrungen zu sprechen und beispielsweise detailliert aufzuführen, wie viel Energie ihre Paneele jedes Jahr produzieren und wie viel Geld sie damit sparen", betont Glòria Serra-Coch, Erstautorin und Doktorandin, die dem Laboratoire de relations humaines-environnementales dans les systèmes urbains (HERUS) angegliedert ist. In ihrer Doktorarbeit beschäftigt sie sich mit der Frage, wie sich Technologien für erneuerbare Energien in der Schweiz verbreiten. Ihre vom Bundesamt für Energie (BFE) finanzierte Dissertation hat zum Ziel, die Energiewende zu beschleunigen.Für diese erste Studie sammelten die Doktorandin und ihre Co-Autorinnen und Co-Autoren Antworten auf einen Fragebogen von Personen mit und ohne Sonnenkollektoren, von Mietern und von Besitzern von Einfamilienhäusern. Neben Fragen zur Bestimmung ihres sozioökonomischen Status fragten die Wissenschaftler, ob sie jemanden kennen, der Solarpaneele besitzt, wo diese Personen leben und ob sie ihnen empfohlen haben, es ihnen gleich zu tun. Die Ergebnisse zeigen, dass 17,6% der Befragten Solarpaneele besaßen und 40,4% jemanden in ihrem persönlichen Netzwerk kannten, der Solarpaneele besaß.
Auslagerung von Solarmodulen
Die Studie zeigt auch einen Zusammenhang zwischen der Wohndichte, der städtischen Umgebung und dem Vorhandensein von Solarmodulen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Solarmodule immer noch überwiegend in städtischen Gebieten zu finden sind. "Der aktuelle Rechtsrahmen fördert die Installation von Photovoltaikanlagen auf den Dächern von Einfamilienhäusern, was dazu führt, dass das Solarpotenzial nur in städtischen Gebieten mit Hausbesitzern genutzt wird", erklärt Glòria Serra-Coch. Ihrer Meinung nach müssen flexiblere Strategien angewandt werden, um die Vorteile derjenigen voll auszuschöpfen, die diese erneuerbare Energie nutzen möchten, dies aber nicht können, weil sie entweder nicht Eigentümer ihres Hauses sind oder weil ihr Gebäude nicht den erforderlichen Kriterien entspricht. Der Architekt schlägt daher vor, die Photovoltaikanlagen auszulagern, damit man sie besitzen und ihre Energie nutzen kann, auch wenn sie sich nicht auf dem eigenen Dach befinden."Unsere Studie zeigt, dass die Förderung erneuerbarer Energien über Personen erfolgen muss, die nah und vertraut erscheinen, auch auf geografischer Ebene", stellt Glòria Serra-Coch abschließend fest. Für sie ist es wichtig, ein Netzwerk von Personen zu schaffen, die sich bereits für Energiefragen engagieren, um Verhaltensänderungen zu fördern. Die Autorinnen und Autoren der Studie weisen außerdem darauf hin, dass ein solches Netzwerk wahrscheinlich auch in anderen Bereichen der Nachhaltigkeit wirksam wäre.