Bildunterschrift: Menschliche Epithelzellen der Atemwege nach Wachstum und Differenzierung in einem Atemweg, der aus AirGel-Gewebe hergestellt wurde. Grün: Schleim; orange: Zilien; rosa: Aktin; blau: Zellkerne. Credit: Tamara Rossy (EPFL) Biofilme sind Gemeinschaften von hochresistenten Bakterien, die ein großes Problem bei der Behandlung von Infektionen darstellen. Während die Bildung von Biofilmen im Labor gründlich untersucht wurde, ist ihre Entwicklung in der komplexen Umgebung der menschlichen Atemwege noch schwer zu verstehen.
Ein Team aus Forscherinnen und Forschern unter der Leitung von Alexandre Persat von der EPFL hat das Problem durch die Entwicklung von Organoiden, den sogenannten AirGels, gelöst. Organoide sind miniaturisierte, selbstorganisierte 3D-Gewebe, die aus Stammzellen gezüchtet werden, um die Gewebe und Organe des menschlichen Körpers nachzuahmen. Sie stellen einen Paradigmenwechsel in diesem Bereich dar und ermöglichen es Wissenschaftlern, die komplexen Umgebungen von Organen im Labor nachzubilden und zu untersuchen.
Die von Tamara Rossy und ihren Kollegen entwickelten AirGels sind biotechnisch hergestellte Modelle des menschlichen Lungengewebes, die neue Möglichkeiten in der Infektionsforschung eröffnen. Sie revolutionieren die Forschung in diesem Bereich, indem sie die physiologischen Eigenschaften der Atemwegsschleimhaut, einschließlich der Schleimsekretion und des Zilienschlags, naturgetreu nachbilden. Dank dieser Technologie können Wissenschaftler Atemwegsinfektionen realistischer und umfassender untersuchen und die Lücke zwischen In-vitro-Studien und klinischen Beobachtungen schließen.
Es gibt viel über diese Studie zu sagen, aber das Organoid-Engineering für die Infektionsforschung birgt ein enormes Potenzial. Es ist revolutionär.In dieser in der Zeitschrift PLoS Biology veröffentlichten Studie verwendeten die Forscherinnen und Forscher AirGels, um die Rolle des Schleims bei der Biofilmbildung von Pseudomonas aeruginosa, einem pathogenen Bakterium, das normalerweise gegen Antibiotika resistent ist, zu untersuchen. Indem sie die AirGels mit P. aeruginosa kontaminierten und sie unter einem hochauflösenden Mikroskop untersuchten, konnten sie das Bakterium bei der Bildung von Biofilmen in Echtzeit beobachten.
Alexandre Persat, EPFL
Ihre Beobachtungen ergaben, dass P. aeruginosa die Kontraktion des Wirtsschleims mithilfe von Retraktionsfilamenten, den sogenannten Typ-IV-Pili (T4P), aktiv induziert. Die T4P-Filamente erzeugen die Kräfte, die notwendig sind, um den Schleim in den Atemwegen zusammenzuziehen, wodurch sich die Zellen von P. aeruginosa zusammenlagern und einen Biofilm bilden können. Die Forscherinnen und Forscher validierten ihre Ergebnisse durch Tracking-Simulationen und biophysikalische Experimente an ausgewählten Mutanten von P. aeruginosa.
Diese Studie zeigt, dass das AirGel-Organoid-Modell einzigartige Informationen über die mechanischen Interaktionen zwischen Bakterien und der Umgebung ihrer Wirte liefern kann. Sie hat einen bislang unbekannten Mechanismus aufgedeckt, der zur Bildung von Biofilmen in den Atemwegen beiträgt.
Das Design von Organoiden, die die Umgebung der Schleimhäute genau nachbilden, eröffnet neue Forschungswege, die es Forschern ermöglichen, unbekannte Aspekte im Bereich der Infektionen zu entdecken, den Einfluss vonandere physiologische Faktoren wie Temperatur, Feuchtigkeit, Medikamente und chemische Stressfaktoren auf die Entwicklung und das Fortschreiten von Infektionen zu untersuchen und gezielte Behandlungen gegen antibiotikaresistente Krankheitserreger zu entwickeln.
Andere Mitwirkende
- Institut für Bioengineering der EPFL.
- Cornell University
Tamara Rossy, Tania Distler, Lucas A. Meirelles, Joern Pezoldt, Jaemin Kim, Lorenzo Talà, Nikolaos Bouklas, Bart Deplancke, Alexandre Persat. Pseudomonas aeruginosa contracts mucus to form biofilms in tissue-engineered human airways. PLoS Biology 1. August 2023. DOI: 10.1371/journal.pbio.3002209