Neue Behandlungsmethoden für parasitäre Krankheiten

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Neue Behandlungsmethoden für parasitäre Krankheiten

Wissenschaftler*innen haben eine neue Klasse von Wirkstoffen entdeckt, welche gezielt Trypanosomen abtöten, die Erreger der Chagas-Krankheit und der afrikanischen Schlafkrankheit. Die Ergebnisse, die gestern in der Fachzeitschrift «Science» veröffentlicht wurden, zeigen, dass die Wirkstoffe keine Toxizität für menschliche Zellen aufweisen, was Hoffnung auf die Entwicklung neuer und verbesserter Behandlungsmethoden für vernachlässigte Tropenkrankheiten weckt.

Die Chagas-Krankheit und die afrikanische Schlafkrankheit bedrohen weltweit Millionen von Menschen, insbesondere in Lateinamerika und Afrika südlich der Sahara. Diese vernachlässigten Tropenkrankheiten treffen vor allem arme Bevölkerungsgruppen und können unbehandelt tödlich verlaufen. Die gegenwärtige Therapie der Chagas-Krankheit erfordert eine langwierige Behandlung und ist mit Nebenwirkungen verbunden, so dass sie oft frühzeitig abgebrochen wird.

Ein Konsortium bestehend aus Novartis, dem Schweizerischen Tropenund Public Health-Institut (Swiss TPH) und der Universität Glasgow hat eine neue Klasse von Wirkstoffen entdeckt, die sogenannten Cyanotriazole (CT). Diese hemmen wirksam die Vermehrung von Trypanosomen - den Erregern der Chagas-Krankheit und der afrikanischen Schlafkrankheit. Die Ergebnisse wurden am 29. Juni 2023 in der renommierten Fachzeitschrift Science veröffentlicht.

Die Wissenschaftler*innen haben die CT-Wirkstoffe identifiziert und herausgefunden, dass sie die DNA von Trypanosomen irreversibel schädigen, während sie für menschliche Zellen harmlos sind. Diese Entdeckung macht Hoffnung auf die Entwicklung neuer und verbesserter Behandlungen gegen die Chagas-Krankheit und andere vernachlässigte Tropenkrankheiten.

Innovative Ansätze in der Arzneimittelforschung

Die Forscher*innen um Srinivasa Rao, Group Leader bei Novartis Global Health, testeten zwei Millionen Moleküle gegen sieben Arten von Parasiten, bevor sie die Klasse der Cyanotriazole entdeckten. Die CT-Wirkstoffe zeichneten sich aus durch eine starke Aktivität sowohl gegen Trypanosoma brucei, den Erreger der afrikanischen Schlafkrankheit, als auch gegen Trypanosoma cruzi, den Erreger der Chagas-Krankheit.

Ausserdem zeigten die CT-Wirkstoffe bemerkenswerte Erfolge bei der Heilung chronischer Infektionen im Mausmodell, wobei eine einzige orale Dosis für die afrikanische Schlafkrankheit und fünf orale Dosen für die Chagas-Krankheit ausreichten, um die Parasiten vollständig zu eliminieren und das infizierte Tier zu heilen.

«Die Wirkstoffe zielen auf ein Enzym namens Topoisomerase IIα ab, welches für die Replikation der DNA unerlässlich ist», erklärte Pascal Mäser, Leiter der Einheit «Parasite Chemotherapy» am Swiss TPH. «Das Besondere ist, dass die Cyanotriazole an einer bestimmten Stelle des Enzyms binden, die bei Trypanosomen vorkommt, aber nicht beim Menschen. Dies macht sie zu aussichtsreichen Kandidaten für die Entwicklung eines neuen Medikaments».

«Wir gehen davon aus, dass diese Ergebnisse nicht nur die Behandlung der Chagas-Krankheit revolutionieren können, sondern auch neue Strategien anregen für die Entwicklung von Medikamenten gegen andere Infektionskrankheiten», sagte Michael Barrett, Professor für biochemische Parasitologie an der Universität Glasgow.

Die langjährige Erfahrung des Swiss TPH in der Arzneimittelforschung

Seit 30 Jahren steht das Swiss TPH an vorderster Front in der Entwicklung neuer Medikamente gegen Malaria und vernachlässigte Tropenkrankheiten, wie Infektionen durch Helminthen, Trypanosomatiden oder Buruli-Ulkus. In globalen Forschungsnetzwerken bringt das Swiss TPH Fachwissen sowohl in der Parasitologie als auch in der klinischen Forschung ein, das sich vom Labor bis hin zur Praxis erstreckt.

über die Studie

Die Studie wurde in einer Zusammenarbeit von Novartis (Novartis Institute for Tropical Diseases in Emeryville, Kalifornien, sowie den Novartis Institutes for BioMedical Research in San Diego und Basel), der Universität Glasgow, dem Schweizerischen Tropenund Public Health-Institut (Swiss TPH), der Universität Basel, der London School of Hygiene and Tropical Medicine (LSHTM) und der Universität York durchgeführt. Die Studie wurde vom Wellcome Trust finanziell unterstützt.

https://doi.org/10.1126/scien­ce.adh0614