Die Gruppe Experimentelle Therapien unter der Leitung von Prof. Carlo V. Catapano vom Oncology Research Institute (IOR, angegliedert an die USI und Mitglied von Bios+) hat in Zusammenarbeit mit Prof. Jonathan Hall von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH, Zürich) einen neuen Mechanismus zur Behandlung von Lebererkrankungen, die auf eine abnormale Lipidansammlung zurückzuführen sind, identifiziert.
Übermäßiger Verzehr von fettreichen Lebensmitteln und Fettleibigkeit werden mit vielen Krebsarten und deren Aggressivität in Verbindung gebracht. Fettleibigkeit ist auch ein Risikofaktor für die Metastasierung und die Resistenz gegen medikamentöse Behandlungen bei Krebspatienten. Diese Daten sind in den Industrieländern besonders besorgniserregend, da etwa 25 % der Erwachsenen klinisch fettleibig sind. Fettleibigkeit führt auch zu einem erhöhten Risiko einer nicht-alkoholischen Lebersteatose (NAFLD), einer Erkrankung, die auftritt, wenn die Menge der verfügbaren Fettsäuren die Fähigkeit der Leber übersteigt, sie zu entsorgen. Die NAFLD kann in ein aggressiveres Stadium übergehen, die so genannte Steatohepatitis (Schädigung und Entzündung der Leberzellen), und schließlich zu Zirrhose und Leberkrebs führen. Eine Änderung der Lebensweise und ein frühzeitiges pharmakologisches Eingreifen sind der Schlüssel zur Unterstützung der Patienten.
Die Entdeckung
In der Studie, die in Nature Communications veröffentlicht wurde, identifizierten die Teams des IOR und der ETHZ einen neuen Mechanismus zur Behandlung von Krankheiten, die durch abnorme Lipidansammlungen in der Leber gekennzeichnet sind. Lekka, Civenni und Kollegen fanden heraus, dass die Neuprogrammierung des Leberstoffwechsels über die Lin28/let-7-Achse erfolgt. Lin28 sind RNA-bindende Proteine, die den Spiegel von microRNAs (wie let-7) und verschiedenen Boten-RNAs kontrollieren. Lin28 spielen nachweislich eine Rolle bei Stammzellen, Pluripotenz und Krebs. Daher können Lin28-Inhibitoren wirksame Krebsmedikamente sein.
Forschende des IOR und der ETHZ haben herausgefunden, dass die Hemmung der Lin28/let-7-Achse durch den neuen spezifischen Antagonisten C1632 den Fettstoffwechsel in Leberzellen deutlich verbessert, indem die Anhäufung von Fett im Zytoplasma, ein typisches Merkmal der Steatose, reduziert wird. Insbesondere beschleunigt das C1632 den Fettabbau und die Ketogenese, d. h. die Bildung von Ketonkörpern aus Fettsäuren in der Leber. Vor allem aber begrenzt C1632 die Lipidakkumulation und die Entwicklung von NAFLD bei transgenen Mäusen und solchen, die mit einer fettreichen Diät gefüttert werden.
Die Arbeit von Lekka und Kollegen legt nahe, dass die Hemmung von Lin28 eine Alternative zu diätetischen Modifikationen und eine kontrollierte Intervention zur Behandlung von Lebererkrankungen, Krebs und anderen altersbedingten Entzündungs- und Stoffwechselstörungen sein könnte, indem der Lipidstoffwechsel umprogrammiert und die Ketogenese gesteigert wird.