Der Schutz von Biodiversität in Gebirgsregionen ist Teil der globalen Nachhaltigkeitsziele. Zur Überprüfung der Biodiversitätsziele werden meist Berichte auf Ebene ganzer Länder herangezogen. Forschende des Global Mountain Biodiversity Assessment der Universität Bern und der Universität Lausanne stellen diese Analyse auf Länderebene in Bezug auf Schutzmassnahmen für die Biodiversität im Gebirge in Frage, da wichtige subnationale Unterschiede vernachlässigt werden und länderübergreifende Schutzmassnahmen nötig sind.
Weltweite Nachhaltigkeitsund Schutzbestrebungen, wie die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung oder der globale Biodiversitätsrahmen von Kunming-Montreal, verlangen von den Ländern, jährliche Fortschrittsindikatoren zu liefern. Obwohl genügend Daten vorhanden sind, werden diese Berichte meist für ganze Länder erstellt und nicht regional differenziert. Eine kürzlich in Nature Sustainability veröffentlichte Studie von Forschenden des Global Mountain Biodiversity Assessment (GMBA) der Universitäten Bern und Lausanne befasst sich mit diesem Thema am Beispiel von Gebirgsregionen und deren Biodiversitätsschutz. Das Team um Amina Ly, Doktorandin der Stanford University, und Davnah Urbach, Geschäftsführerin des GMBA, stellte dabei fest, dass der Grad des Biodiversitätsschutz in den Gebirgen (Indikator 15.4.1 des Ziels für nachhaltige Entwicklung) auf subnationaler Ebene zuverlässig berechnet werden kann und erheblich variiert zwischen den einzelnen Gebirgszügen.
Regionale Unterschiede in der Schutzgebiet-Abdeckung
Das Team untersuchte, inwieweit die für den Fortbestand von Gebirgsarten wichtigen Gebiete durch Schutzgebiete abgedeckt sind. Sie stellten fest, dass die Abdeckung in vielen Ländern je nach Gebirge sehr unterschiedlich ist. In Bhutan und der Schweiz beispielsweise variieren die Abdeckungsraten zwischen 0% und 100%, was sich stark von den 2020 nationalen Durchschnittswerten von 47% und 35% unterscheidet. ’Entscheidungen darüber, wo Schutzgebiete errichtet und wie die Biodiversität in Bergregionen nachhaltig verwaltet werden sollen, werden in der Regel auf subnationaler Ebene, also in den Regionen, getroffen. Die zuständigen Behörden benötigen Informationen, die auf dieser Entscheidungsebene relevant sind’, sagt Davnah Urbach.
Angemessene räumliche Erfassung ermöglicht grenzüberschreitenden Schutz
Viele Gebirgszüge erstrecken sich über mehrere Länder. Eine genauere Erfassung des Schutzes auf regionaler Ebene kann helfen, Verantwortlichkeiten zwischen den Ländern besser zuzuweisen und den Schutz grenzüberschreitend zu koordinieren. Was die europäischen Alpen betrifft, so schützt die Schweiz nur etwa 30% ihrer Berggebiete mit hoher biologischer Vielfalt, was weniger ist als das, was Nachbarländer wie Italien (etwa 70%) oder Deutschland über 95%) tun. ’Diese grossen Unterschiede bei den Schutz-Quoten zwischen den Ländern zeigen, dass mehr getan werden kann, um einen gleichmässigen Schutz zu gewährleisten’, kommentiert Davnah Urbach. Zu diesem Zweck haben die Forschenden für einzelne Länder und grenzüberschreitende Gebirgssysteme 1-seitige Informationsblätter erstellt darüber, welche Biodiversitäts-Schlüsselgebiete in Bergregionen geschützt sind. Diese Dokumente sind öffentlich verfügbar.
Bergregionen besonders gefährdet
Die Biodiversität in Bergregionen wird von vielen Faktoren beeinträchtigt, wie etwa durch Veränderungen der landwirtschaftlichen Praktiken, den Klimawandel und den Massentourismus. Diese Berggebiete beherbergen eine aussergewöhnliche Vielfalt an einzigartig angepassten Arten, und die Ökosystemsleistungem, die Bergökosysteme bieten, sind für die Menschen lebenswichtig. So verhindern beispielsweise artenreiche Vegetationsbestände an steilen Hängen die Erosion und verringern das Risiko von Erdrutschen. Umweltveränderungen in diesen Regionen können daher weitreichende Folgen haben.
Die aktuelle Studie liefert nun wichtige Informationen, die Ländern mit Gebirgsregionen helfen, ihre Schutzbemühungen zu koordinieren. Markus Fischer, Co-Vorsitzender des GMBA, sagt: ’Diese Studie wird den Schutz der Bergvielfalt enorm unterstützen. Und wir beabsichtigen dadurch, eine weltweite Diskussion anzuregen darüber, wie Entscheidungsprozesse durch aussagekräftige Indikatoren auf den relevanten Ebenen unterstützt werden können.’