Ein Berechnungsmodell für energieeffizientere Systeme

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 (Image: Pixabay CC0)
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Wissenschaftler der EPFL haben einen Durchbruch im Bereich der thermoelektrischen Materialien erzielt, um die Abwärme besser für die Erzeugung nachhaltiger Energie zu nutzen.

Etwa 70% der Energie, die wir im Alltag verbrauchen, wird in Form von Wärme verschwendet, die von Motoren, Fabriken und Elektrogeräten erzeugt wird. Forscherinnen und Forscher der EPFL haben jedoch eine wichtige Entdeckung gemacht, die die nachhaltige Energiegewinnung fördern könnte. Die vom Labor für Materialtheorie und Simulation ( THEOS ) durchgeführten Rechenarbeiten enthüllten die grundlegenden Theorien hinter einer der wichtigsten Technologien, die zur Verbesserung des Wirkungsgrades bei der thermoelektrischen Umwandlung eingesetzt werden. Diese Entdeckung ebnet somit den Weg für eine bessere Materialauswahl und schnellere und kostengünstigere Entdeckungsprozesse. Veröffentlicht in der Zeitschrift Physical Review Research , könnte dieser Durchbruch zu einer umweltfreundlicheren Wirtschaft und einer nachhaltigeren Zukunft beitragen.

Thermoelektrische Geräte stehen im Mittelpunkt des Interesses, da sie ein vielversprechendes Potenzial zur Umwandlung von Abwärme in Elektrizität bieten. Wenn ein thermoelektrisches Material einem Temperaturunterschied ausgesetzt wird, z. B. eine Seite wärmer als die andere, führt dies zu einem Ladungsfluss innerhalb des Materials, wodurch ein elektrischer Strom erzeugt wird, der wieder in elektrische Energie umgewandelt werden kann. Diese Technologie wird immer beliebter, um die Nachhaltigkeit verschiedener energieintensiver Industrien zu verbessern, vom Transportwesen über die Fertigungsindustrie bis hin zu Kraftwerken.

Die Optimierung des thermoelektrischen Umwandlungswirkungsgrads hat sich jedoch als schwierig erwiesen, da es keine grundlegenden Theorien über die Wärmeleitung in Materialien mit geringer Wärmeleitfähigkeit gibt. Damit ein Material in einer thermoelektrischen Vorrichtung nützlich ist, muss es eine geringe Wärmeübertragung oder Wärmeleitfähigkeit und eine hohe elektrische Leitfähigkeit aufweisen. Je größer der Unterschied zwischen den beiden ist, desto besser ist das Material geeignet. Einige Materialien sind als gute Kandidaten bekannt, aber Materialwissenschaftler müssen sich auf teure Tests verlassen, da sich die grundlegenden physikalischen Prinzipien bislang dem Verständnis entzogen haben.

Hier kommt die computergestützte Physik ins Spiel. Sie nutzt fortgeschrittene Simulationen und Modellierungstechniken auf leistungsstarken Supercomputern, um die grundlegenden physikalischen Prinzipien zu entschlüsseln, die das Verhalten thermoelektrischer Materialien und die Wärmeleitung steuern. "Die Enthüllung der theoretischen Geheimnisse thermoelektrischer Materialien bringt uns einer umweltfreundlicheren und nachhaltigeren Zukunft näher", sagt Enrico Di Lucente, Forscher am THEOS, zusammen mit Michele Simoncelli, derzeit an der Universität Cambridge, und Prof. Nicola Marzari, Leiter des THEOS und Direktor des MARVEL NFS.

Um das Geheimnis zu lüften, hat sich das Forschungsteam der EPFL mit einer Klasse von Kristallen befasst, die als "Skuttérudite" bezeichnet werden. Diese weisen eine einzigartige käfigartige Atomstruktur auf und sind als vielversprechende Materialien für die thermoelektrische Umwandlung bekannt. Sie erhöhen ihre thermoelektrische Effizienz, wenn zusätzliche Atome, sogenannte "Rattler", zu ihren Atomkäfigen hinzugefügt werden. Mithilfe des neuen, an der EPFL entwickelten Modells stellten die Forscherinnen und Forscher die erwartete deutliche Verringerung der Wärmeübertragung fest und konnten das Phänomen mit extremer Genauigkeit vorhersagen, ohne empirische Daten zu benötigen.

Diese bedeutende wissenschaftliche Entdeckung liegt darin, dass das Rechenmodell auch einen unerwarteten Quantenmechanismus ans Licht bringt. "Zum ersten Mal haben wir entdeckt, dass diese Rattler-Atome einen Übergang in der Art und Weise bewirken, wie die Wärme im Inneren der Kristalle geleitet wird, von einer partikelartigen Leitung zu einem wellenartigen Tunneleffekt", erklärt Enrico Di Lucente. Das neue Rechenmodell ebnet den Weg für die Entwicklung neuer Materialien mit extrem niedriger Wärmeleitfähigkeit ohne teure empirische Tests, was uns dem Aufkommen einer weniger energieintensiven Wirtschaft einen großen Schritt näher bringt.

Referenzen

Referenz: Enrico Di Lucente, Michele Simoncelli, and Nicola Marzari, Crossover from Boltzmann to Wigner thermal transport in thermoelectric skutterudites. Physics Review Research (2023). DOI: 10.1103/PhysRevResearch.00.003000