Ein querschnittsgelähmter Mann kann durch die Kraft seiner Gedanken wieder laufen

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Ein querschnittsgelähmter Mann kann durch die Kraft seiner Gedanken wieder laufe
Ein niederländischer Patient, der nach einem Sturz mit dem Fahrrad gelähmt war, kann nun dank einer Gehirn-Rückenmark-Schnittstelle, die von der EPFL, dem CHUV und dem CEA in Grenoble (F) entwickelt wurde, die Bewegung seiner Beine wieder durch seine Gedanken steuern. Die Ergebnisse werden am 24. Mai in Nature veröffentlicht.

"Wir haben eine drahtlose digitale Brücke zwischen Gehirn und Rückenmark entwickelt, indem wir die Brain-Computer Interface (BCI)-Technologie eingesetzt haben, die Gedanken in Handlungen umwandelt", fasst Gregoire Courtine, Professor für Neurowissenschaften an der EPFL, dem CHUV und der Universität Lausanne, zusammen. Der in der Zeitschrift Nature veröffentlichte Artikel "Walking naturally after spinal cord injury using a brain-spine interface" beschreibt die Situation eines Patienten mit dem Vornamen Gert-Jan, 40 Jahre alt, der nach einem Fahrradunfall, der ihn querschnittsgelähmt machte, eine Rückenmarksverletzung im Bereich der Halswirbelsäule erlitten hatte. Dank der digitalen Brücke hat er die natürliche Kontrolle über die Bewegung seiner gelähmten Beine wiedererlangt, sodass er wieder stehen, gehen und sogar eine Treppe steigen kann. Gert-Jan erklärt, dass er wieder Freude daran hat, mit Freunden an der Theke einer Bar ein Bier zu trinken: "Diese einfache Freude stellt eine wichtige Veränderung in meinem Leben dar.

Eine digitale Brücke, die aus zwei elektronischen Implantaten besteht: eines am Gehirn, das andere am Rückenmark.
Um diese digitale Brücke zu errichten, sind zwei Arten von elektronischen Implantaten erforderlich. Wir haben WIMAGINE-Geräte über der Gehirnregion implantiert, die für die Beinbewegungen verantwortlich ist", erklärt die Neurochirurgin Jocelyne Bloch, Professorin am CHUV, an der Universität Lausanne und an der EPFL. Das von der CEA entwickelte Gerät entschlüsselt die elektrischen Signale, die das Gehirn erzeugt, wenn wir ans Gehen denken. Parallel dazu wurde ein mit einem Elektrodenfeld verbundener Neurostimulator in der Region des Rückenmarks positioniert, die die Bewegung der Beine steuert."

Guillaume Charvet, Leiter des BCI-Programms bei der CEA, fügt hinzu: "Mithilfe von Algorithmen, die auf adaptiven Methoden der künstlichen Intelligenz basieren, werden so Bewegungsabsichten in Echtzeit aus den Aufzeichnungen des Gehirns entschlüsselt. Diese Intentionen werden dann in elektrische Stimulationssequenzen des Rückenmarks umgewandelt, die wiederum die Beinmuskeln aktivieren, um die gewünschte Bewegung auszuführen. Diese digitale Brücke arbeitet drahtlos und ermöglicht dem Patienten, sich selbstständig zu bewegen.

Wiedererlangung neurologischer Funktionen zusätzlich zur Kontrolle der Beinbewegung.
Durch konsequentes Lauftraining mit der digitalen Brücke erlangte Gert-Jan nach und nach neurologische Funktionen zurück, die er seit seinem Unfall verloren hatte. So konnten die Forscherinnen und Forscher bemerkenswerte Verbesserungen seiner sensorischen und motorischen Fähigkeiten quantifizieren, selbst wenn die Fingerbrücke deaktiviert war. Diese digitale Reparatur des Rückenmarks lässt vermuten, dass sich neue Nervenverbindungen gebildet haben.

Bisher wurde die digitale Brücke nur zur Verbesserung des Gehens einer querschnittsgelähmten Person eingesetzt. Jocelyne Bloch und Grégoire Courtine erklärten, dass eine ähnliche Strategie in Zukunft auch zur Wiederherstellung der Arm- und Handfunktion eingesetzt werden könnte. Sie fügten hinzu, dass die digitale Brücke auch bei anderen klinischen Indikationen eingesetzt werden könnte, wie z. B. bei Lähmungen, die durch einen Schlaganfall verursacht werden. Das Unternehmen ONWARD Medical hat in Zusammenarbeit mit der EPFL und der CEA die Unterstützung der Europäischen Kommission durch ihren Europäischen Innovationsrat erhalten, um eine kommerzielle Version der digitalen Brücke zu entwickeln, mit dem Ziel, diese Technologie weltweit verfügbar zu machen.

Referenzen

Walking naturally after spinal cord injury using a brain-spine interface, by Henri Lorach et. al., Nature, 24. Mai 2023, https://doi.org/10.1038/s41586­’023 -06094-5