Biomarker liefern Hinweis auf Rückbildung von Leberzirrhose

Forschende des Inselspitals, Universitätsspital Bern und der Universität Bern, haben in Zusammenarbeit mit der Medizinischen Universität Wien einen bedeutenden Fortschritt im Verständnis und in der Behandlung chronischer Lebererkrankungen erzielt. In einer aktuellen Studie identifizierten sie eine Reihe von Lipid-Biomarker, die bei Patientinnen und Patienten mit einer erfolgreich behandelten, fortgeschrittenen chronischen Lebererkrankung als Indikator für die Rückbildung der Leberzirrhose dienen könnten.

Die fortgeschrittene chronische Lebererkrankung (kurz ACLD) zeichnet sich durch eine anhaltende Schädigung und zunehmende Narbenbildung der Leber aus. Dieser Prozess wird auch als Leberfibrose bezeichnet. Das Endstadium der Leberfibrose ist die sogenannte Leberzirrhose. Bei einer Zirrhose ist die Narbenbildung so weit fortgeschritten, dass die Leberstruktur stark verändert und die Leberfunktion erheblich beeinträchtigt ist. Die Leberzirrhose kann ernsthafte Komplikationen wie Leberversagen, Leberkrebs oder die Notwendigkeit einer Lebertransplantation nach sich ziehen. Typischerweise entwickelt sich eine Leberzirrhose über Jahre bis Jahrzehnte. Fast alle chronischen Leberkrankheiten führen im Endstadium zu einer Leberzirrhose. Alkoholmissbrauch, eine Nicht-alkoholische Fettleber und eine chronische Virushepatitis sind die häufigsten Ursachen der Leberzirrhose.

Die Rückbildung einer Leberzirrhose ist ein seltenes, aber vielversprechendes Phänomen bei Patientinnen und Patienten, deren zugrundeliegende Leberschädigung erfolgreich behandelt wurde. In der Vergangenheit konnte sowohl bei viralen als auch bei nicht-viralen Ursachen der Lebererkrankung eine Rückbildung der Zirrhose beobachtet werden. Bisher war jedoch unklar, welche Faktoren zu einer solchen Rückbildung beitragen.

Lipid-Biomarker als Anzeichen erfolgreicher Fibroserückbildung

In einer kürzlich im "Journal of Hepatology" veröffentlichten Studie haben Forschende des Inselspitals Bern zusammen mit Forschenden der Medizinischen Universität Wien deshalb Patientinnen und Patienten genauer untersucht, deren zugrundeliegende Lebererkrankung erfolgreich therapiert wurde. Dabei schauten sie, welche Studienteilnehmenden nach mindestens 24 Monaten erfolgreicher Therapie eine Rückbildung der Leberfibrose zeigten und welche keine Verbesserung aufwiesen.

Von den 81 untersuchten Studienteilnehmenden zeigten 44 Anzeichen einer Fibroserückbildung, während sich bei 37 keine Verbesserung finden liess. Der Vergleich der Patientinnen und Patienten, die eine Rückbildung zeigten, mit denen ohne Verbesserung ergab, dass bestimmte Faktoren die Fibroserückbildung beeinflussen: Unabhängig von der Ursache der Krankheit wiesen Übergewichtige Patienten, solche mit hoher Lebersteifigkeit vor der Behandlung und diejenigen mit einer speziellen genetischen Variation (GCKR-Variante rs1260326) eine geringere Wahrscheinlichkeit auf, dass sich ihre Leberfibrose zurückbildet. Um besser zu verstehen, wie die Rückbildung der Fibrose funktioniert und welche Stoffwechselprozesse an dem Prozess beteiligt sind, führten die Forschenden anschliessend eine detaillierte Analyse der Stoffwechselwege durch (eine sogenannte metabolische Phänotypisierung).

Die Resultate zeigten, dass die meisten Veränderungen in den Stoffwechselprozessen, die zwischen Personen mit einer erfolgreichen Rückbildung der Leberfibrose und denen ohne Verbesserung unterschieden, mit dem Fettstoffwechsel (Lipidstoffwechsel) zusammenhängen. Die Forschenden identifizierten 33 spezielle Fettstoffe, sogenannte Lipid-Biomarker, die als Anzeichen für die Rückbildung der Leberfibrose bei Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittener chronischer Lebererkrankung dienen könnten. Diese Ergebnisse wurden durch eine zusätzliche Untersuchung an einer anderen Patientengruppe bestätigt, in der 14 dieser Biomarker verifiziert werden konnten.

Ergebnisse unterstützen Überwachung und Behandlung von Leberfibrose

Diese neuen Erkenntnisse bieten einen vielversprechenden Ansatz zur nicht-invasiven Überwachung der Rückbildung von Leberfibrose. Die Biomarker könnten zudem in Zukunft genutzt werden, um den Therapieerfolg genauer zu verfolgen und personalisierte Behandlungsstrategien zu entwickeln. ’Unsere Forschung zeigt, dass bestimmte Stoffwechselmarker zuverlässige Hinweise auf die Rückbildung von Leberfibrosen geben können’, erklärt Annalisa Berzigotti, Studienleiterin und Chefärztin der Hepatologie am Inselspital. ’Das ist ein wichtiger Schritt hin zu einer besseren Überwachung und Behandlung von Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittener Lebererkrankung.’

Mojgan Masoodi, Ko-Autorin der Studie und Forschungsleiterin am Universitätsinstitut für Klinische Chemie des Inselspitals ergänzt: ’Eine Kombination aus fortschrittlichen Technologien, wie metabolischer Phänotypisierung und Transkriptom-gestützter Metabolomik, und maschinellem Lernen könnte zudem helfen, Patientinnen und Patienten noch genauer zu klassifizieren und die grundlegenden Prozesse ihrer Erkrankungen noch besser zu verstehen. Dies wäre ein grosser Schritt hin zur Präzisionsmedizin.’

Als nächstes plant das Forschungsteam weitere Studien, um die Mechanismen besser zu verstehen, die die Rückbildung der Fibrose und den Fettstoffwechsel verbinden. Die Hoffnung ist, dass diese Forschung zu neuen Behandlungsmethoden führt, die die Regenerationsfähigkeit der Leber fördern und die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten mit einer Leberzirrhose verbessern können.