
Wenn Licht durch ein Material fällt, verhält es sich oft auf unvorhersehbare Weise. Dieses Phänomen ist Gegenstand eines eigenen Studienbereichs, der als "nichtlineare Optik" bezeichnet wird. Diese ist mittlerweile ein integraler Bestandteil des technologischen und wissenschaftlichen Fortschritts, von der Entwicklung von Lasern und der Metrologie optischer Frequenzen bis hin zur Gravitationswellenastronomie und der Quanteninformationswissenschaft.
Darüber hinaus wurde die nichtlineare Optik in den letzten Jahren in der optischen Signalverarbeitung, der Telekommunikation, der Detektion, der Spektroskopie, der Lichterkennung und der Telemetrie eingesetzt. All diese Anwendungen beinhalten die Miniaturisierung von Geräten, die Licht auf nichtlineare Weise auf einem kleinen Chip manipulieren und so komplexe Lichtinteraktionen auf Chip-Ebene ermöglichen.
Vor kurzem hat ein Team von Wissenschaftlern der EPFL und des Max-Planck-Instituts nichtlineare optische Phänomene in ein Transmissionselektronenmikroskop (TEM) eingeführt. Anstelle von Licht verwendet diese Art von Mikroskop Elektronen für die Bildgebung. Die Studie wurde von Professor Tobias J. Kippenberg von der EPFL und Professor Claus Ropers, Direktor des Max-Planck-Instituts für multidisziplinäre Wissenschaften, durchgeführt. Sie wurde in der Fachzeitschrift Science veröffentlicht.

Im Mittelpunkt dieser Studie stehen die sogenannten Kerr-Solitonen. Dabei handelt es sich um Lichtwellen, die ihre Form und Energie beibehalten, wenn sie sich durch ein Material bewegen, ähnlich wie eine perfekte Surfwelle, die durch den Ozean rollt. In dieser Studie wurde eine besondere Art von Kerr-Solitonen verwendet, die als "dissipativ" bezeichnet werden. Diese sind stabile, lokalisierte Lichtimpulse, die Dutzende Femtosekunden (eine Billionstelsekunde) dauern und sich spontan im Mikroresonator bilden. Dissipative Kerr-Solitonen können auch mit Elektronen interagieren, weshalb sie in dieser Studie von entscheidender Bedeutung sind.
Die Forscherinnen und Forscher bildeten dissipative Kerr-Solitonen im Inneren eines photonischen Mikroresonators, eines winzigen Chips, der Licht in einem reflektierenden Hohlraum einfängt und zirkulieren lässt und so die perfekten Bedingungen für diese Wellen schafft. "Wir erzeugten verschiedene nichtlineare räumlich-zeitliche Lichtmuster in dem Mikroresonator, der von einem Dauerstrichlaser gesteuert wurde", erklärt Yujia Yang, Forscher an der EPFL und Leiter der Studie. Diese Lichtmuster interagierten mit einem Elektronenstrahl, der den Photonenchip durchquerte, und hinterließen Abdrücke im Elektronenspektrum."
Genauer gesagt hat der Ansatz die Kopplung zwischen freien Elektronen und dissipativen Kerr-Solitonen nachgewiesen, was es den Forscherinnen und Forschern ermöglichte, die Dynamik der Solitonen im Hohlraum des Mikroresonators zu erforschen und eine ultraschnelle Modulation der Elektronenstrahlen durchzuführen.

"Unsere Fähigkeit, dissipative Kerr-Solitonen (DKS) in einem TEM zu erzeugen, erweitert den Anwendungsbereich von mikroresonatorbasierten Frequenzkämmen in unerforschte Bereiche", sagt Tobias J. Kippenberg. "Die Interaktion zwischen Elektronen und DKS könnte ultraschnelle Elektronenmikroskopie mit hoher Wiederholungsrate und die Schaffung von Teilchenbeschleunigern durch einen kleinen Photonenchip ermöglichen."
Claus Ropers fügt hinzu: "Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Elektronenmikroskopie eine effektive Technik sein könnte, um die nichtlineare optische Dynamik auf der Nanometerskala zu untersuchen. Diese nichtinvasive Technik ermöglicht den direkten Zugang zum Intrakavitätsfeld, was für das Verständnis der nichtlinearen optischen Physik und die Entwicklung nichtlinearer photonischer Bauelemente von entscheidender Bedeutung ist."
Die photonischen Chips wurden im Centre de MicroNanoTechnologie (CMi) und im Reinraum des Physikalischen Instituts der EPFL hergestellt. Die Experimente wurden im Labor für ultraschnelle Transmissionselektronenmikroskopie (UTEM) in Göttingen durchgeführt.