Das europäische Konsortium ULTIMO, an dem die Universität Genf beteiligt ist, wird in drei europäischen Städten, darunter auch Genf, einen autonomen öffentlichen Verkehrsdienst testen, der die Fahrgäste auf Wunsch befördert.

Automatische Shuttles, die rund um die Uhr zur Verfügung stehen, um eine Strecke nach Wahl zurückzulegen: Autonome öffentliche Verkehrsdienste - ohne Fahrer oder anderes Personal an Bord - haben viele Vorteile. Allerdings gibt es noch große Hindernisse, die einer breiten Einführung im Wege stehen. Aufbauend auf den Vorarbeiten des H2020-Konsortiums AVENUE, die zwischen 2018 und 2022 durchgeführt wurden, geht ein neues europäisches Konsortium, an dem die Universität Genf aktiv beteiligt ist, einen Schritt weiter: Das Horizon-Europe-Projekt ULTIMO wird in drei europäischen Teststädten, darunter auch Genf, einen automatischen Minibus-Service entwickeln. Das Projekt hat ein Gesamtbudget von 55 Millionen Euro für vier Jahre, wovon 16 Millionen Euro von der Schweizerischen Eidgenossenschaft und 24 Millionen Euro von der Europäischen Kommission finanziert werden.
Ab 2025 sollen für ein Jahr 15 fahrerlose elektrische Minibusse in einem noch festzulegenden Gebiet in Genf eingesetzt werden. Diese Shuttles mit etwa 15 Sitzplätzen werden auf Anfrage rund um die Uhr von Tür zu Tür fahren. Dieses Pilotprojekt, das vom europäischen ULTIMO-Konsortium geleitet wird, an dem die Universität Genf beteiligt ist, soll ein autonomes öffentliches Verkehrsnetz in voller Größe aufbauen. Es wird auf den vielversprechenden Ergebnissen des Projekts AVENUE aufbauen, das von 2018 bis 2022 von der Universität Genf geleitet und an acht Teststandorten in Europa durchgeführt worden war, darunter das Hôpital de Belle-Idée, das dem Universitätsspital Genf (HUG) angegliedert ist, und Meyrin.
Das Ziel von AVENUE war es, die technische und wirtschaftliche Machbarkeit eines automatisierten On-Demand-Fahrdienstes sowie die potenziellen psychologischen Hemmnisse für dessen Nutzung zu untersuchen. ULTIMO soll ein echtes Geschäftsmodell entwickeln, das den konkreten wirtschaftlichen, rechtlichen und sicherheitstechnischen Problemen eines solchen Dienstes gerecht wird’, erklärt Dimitri Konstantas, ordentlicher Professor und Direktor des Information Science Institute der Geneva School of Economics (GSEM) der Universität Genf, assoziierter Koordinator und technischer Direktor von ULTIMO.
Dieses europäische Konsortium vereint 23 Partner aus acht europäischen Ländern. Darunter sind acht Schweizer: die Universität Genf, die Genfer Verkehrsbetriebe (tpg), der Staat Genf, das Start-up MobileThinking Sarl, die Unternehmen ArgYou SA und ZF-CV SA sowie die Vereine Open Geneva und SAAM. Unter der Leitung der Deutschen Bahn AG und mit einem Budget von 55 Millionen Euro über vier Jahre - 24 Millionen Euro von der Europäischen Kommission, 16 Millionen Euro von der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Rest von den verschiedenen Industriepartnern - wird das Konsortium neben Genf auch in zwei weiteren Teststädten tätig sein: Kronach (Deutschland) und Oslo (Norwegen). Insgesamt werden 45 Minibusse in Betrieb genommen.
Konkrete Antworten auf komplexe Fragen
ULTIMO wird sich zunächst auf die Lösung ganz konkreter Probleme konzentrieren: Wie kann man die Sicherheit der Passagiere gewährleisten und z. B. bei Unfällen oder Unhöflichkeiten in unbemannten Shuttles reagieren? Welche Preise sollten für Fahrkarten festgelegt werden, wenn die Fahrten à la carte sind? Welche Mindest- und Höchstentfernungen sollten für die angefahrenen Ziele festgelegt werden? Wie kann der gesetzliche Rahmen angepasst werden, der derzeit keine unbemannten Busse mit einer Geschwindigkeit von mehr als 30 km/h zulässt? Nicht zu vergessen sind die Herausforderungen bei der Standardisierung von Geländemodellen, damit diese mit den Leitsystemen einer großen Anzahl von Fahrzeugen kompatibel sind und die technischen Kosten optimiert werden können.
Der zweite Teil des Projekts dient der praktischen Umsetzung des autonomen Transportdienstes. In Genf werden verschiedene Arten von Shuttles eingesetzt, um die Kompatibilität der Systeme zu testen. Die tpg, Partner der ersten Stunde, erläutern das Ziel: "Parallel zum täglichen Mobilitätsmanagement in der Agglomeration Genf denken wir über den öffentlichen Verkehr der Zukunft nach", sagt Denis Berdoz, Generaldirektor der tpg. Wir sind überzeugt, dass das autonome Fahrzeug langfristig eine immer größere Rolle im Verkehr spielen wird. Dieses ehrgeizige Projekt soll uns die Möglichkeit geben, wichtige Erkenntnisse zu gewinnen, um die Zukunft zu begreifen.
Serge Dal Busco, Staatsrat der Republik und des Kantons Genf und zuständig für das Infrastrukturdepartement, betont seinerseits, dass "es eine Chance für den Kanton Genf und die tpg ist, an diesem internationalen Avantgardeprojekt teilzunehmen, das es ermöglichen kann, das Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln im Rahmen der tiefgreifenden Veränderungen, die unsere Mobilität in den kommenden Jahren erfahren wird, sinnvoll zu erneuern und zu erweitern.
Die groß angelegte Einführung eines autonomen öffentlichen Verkehrs würde viele Vorteile mit sich bringen. Durch die Bereitstellung eines bedarfsgesteuerten, rund um die Uhr verfügbaren Haus-zu-Haus-Transports würde die Qualität der Dienstleistung steigen. Außerdem könnten Fahrten mit geringeren Fahrgastzahlen in Randzeiten vermieden und somit Kosten gesenkt werden. Schließlich könnten durch die Reaktion auf die Nachfrage in Echtzeit Warteschlangen und Engpässe in der Nähe der Stationen vermieden werden. Das ist ein echter Paradigmenwechsel im öffentlichen Nahverkehr", schloss Dimitri Konstantas.
22 Dez. 2022