Mit dem Ziel, energiesparende und umweltfreundliche Hochleistungsrechner und Rechenzentren zu entwickeln, haben IBM und ETH Zürich vor einem Jahr das Projekt Aquasar ins Leben gerufen. Heute wurde der neuartige Supercomputer an der ETH Zürich in Betrieb genommen. Aquasar wird anstelle von Luft mit heissem Wasser gekühlt und gibt die abgeführte Wärme direkt an die Gebäudeheizung weiter. Das zukunftsweisende System soll neue Massstäbe in Energieeffizienz und CO2-Ausstoss setzen.
Aquasar, der in einem Labor des Departements für Maschinenbau und Verfahrenstechnik der ETH Zürich steht, verbraucht bis zu 40% weniger Energie als ein vergleichbarer luftgekühlter Rechner. Und auch die CO2-Bilanz des Rechners kann deutlich verbessert werden: Durch die direkte Abwärmenutzung kann das System die Emissionen um bis zu 85% reduzieren.
"Mit Aquasar leisten wir einen wichtigen Beitrag für die Entwicklung nachhaltiger Hochleistungsrechner und Computersysteme. In Zukunft wird es entscheidend sein, wie leistungsfähig ein Rechner pro Watt und pro Gramm CO2 ist", betont Prof. Dimos Poulikakos, Projektleiter und Leiter des Laboratoriums für Thermodynamik in neuen Technologien der ETH Zürich.
Der Energieverbrauch ist ein zentrales Thema in der Computerentwicklung. Laut den Marktanalysten von IDC wurden 2009 weltweit geschätzte 330 Terawattstunden Energie für den Betrieb von Rechenzentren aufgewendet. Auf die Luftkühlung, die heute typischerweise in Rechenzentren eingesetzt wird, entfällt dabei bis zu 50% des gesamten Strombedarfs. Flüssigkühlung dagegen ist weitaus wirksamer: Wasser etwa hat eine rund 4000-mal höhere Wärmekapazität als Luft und kann Wärme daher sehr effizient transportieren. Dies erlaubt neue Kühlkonzepte — wie etwa das Kühlen mit heissem Wasser — die sowohl aus ökonomischer als auch aus ökologischer Sicht nachhaltig sind. Eine solche Heisswasserkühlung wurde nun mit dem Supercomputer Aquasar erstmalig realisiert.
Der Hochleistungsrechner wurde in einem einjährigen Pilotprojekt von IBM für die ETH Zürich gebaut. Er besteht aus speziell für das Projekt angefertigten wassergekühlten IBM BladeCenter Servern. Für eine direkte Vergleichbarkeit mit herkömmlichen luftgekühlten Rechnern sind im Gesamtsystem auch luftgekühlte IBM BladeCenter Server untergebracht. In toto erreicht das System eine Leistung von etwa 6 Teraflops und verbraucht etwa 20 Kilowatt.
Aquasar steht in erster Linie im Dienste der Forschung. Der Bau des Computers bettet sich ein in das dreijährige, gemeinschaftliche Forschungsprogramm "Direkte Abwärmenutzung von flüssiggekühlten Supercomputern: Der Weg zu energiesparenden, emissionsfreien Hochleistungsrechnern und Rechenzentren". An diesem Projekt ist neben der ETH Zürich und IBM Research — Zürich auch die ETH Lausanne beteiligt. Es wird durch das Förderprogramm Schweizer Kompetenzzentrum für Energie und Mobilität (CCEM) unterstützt.
Dr. Bruno Michel, Manager Advanced Thermal Packaging bei IBM Research — Zürich erklärt: "Mit der Inbetriebnahme von Aquasar haben wir einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zu energiearmen und CO2-neutralen Rechenzentren erreicht. Dies ist ein wichtiges Signal für die Industrie." Die Forscher fokussieren als nächstes auf genaue Untersuchungen über die Leistungsfähigkeit und Eigenschaften des Kühlsystems, um es weiter zu optimieren. Zu diesem Zweck ist der Rechner eigens mit einer umfassenden Sensorik ausgestattet.
An der ETH Zürich wird aber nicht nur überprüft, wie gut und zuverlässig die neue Wasserkühlung funktioniert und wie viel thermische Energie dabei zu gewinnen ist, sondern auch, wie leistungsfähig Aquasar ist. Das "Computational Science and Engineering"-Labor des Lehrstuhls für Computerwissenschaften der ETH Zürich verwendet Aquasar für komplexe Strömungssimulationen. Wissenschaftler dieses Labors optimieren in Zusammenarbeit mit dem IBM Forschungszentrum und anderen Partnerinstitutionen auch die Effizienz, mit der die Algorithmen berechnet werden.
Mit bis zu 60°C heissem Wasser werden die Prozessoren und weitere Komponenten in dem neuen Hochleistungsrechner gekühlt. Möglich wird dies durch ein innovatives Kühlsystem, dass direkt dort ansetzt, wo am meisten Wärme entsteht: beim Prozessor. Leistungsfähige Mikrokanalkühler sind auf der Rückseite des Chips angebracht. Dank der Kühler können die Chips, die zehnmal mehr Wärmedichte als eine Kochplatte entwickeln, selbst mit bis zu 60°C heissem Wasser noch auf ihre maximal erlaubte Betriebstemperatur von 80° — 85°C gekühlt und so wertvolle Abwärme gewonnen werden.
Das gesamte Kühlsystem des Rechners ist ein geschlossener, hermetisch abgedichteter Kreislauf. Mit Hilfe einer Pumpe wird das Wasser im System mit einer Rate von 30 Litern pro Minute durch den Hochleistungsrechner gepumpt. Die Abwärme wird durch einen Wärmetauscher an einen externen, zweiten Wärmekreislauf weitergegeben, im Fall von Aquasar an das Gebäudeheizsystem der ETH Zürich.
Mit heissem Wasser zu kühlen, verbindet also mehrere Vorteile: Es werden keine energieintensiven Kältemaschinen benötigt, was den Energieverbrauch erheblich reduziert. Durch direkte Abwärmenutzung gewinnt man zudem wertvolle Wärmeenergie zurück, die sich vielfältig verwenden lässt. Im Vergleich zu ähnlichen Systemen reduziert sich die CO2-Bilanz dadurch erheblich.