Im Zellstoffwechsel nimmt das funktionierende G6PD-Enzym eine Schlüsselrolle im sogenannten Pentosephosphatweg ein. Dabei wird das Co-Enzym Nicotinamidadenindinukleotid (NADPH) gebildet, das zwei Funktionen hat: Es stellt zum einen sicher, dass in den roten Blutkörperchen genügend Glutathion vorhanden ist, das als Antioxidans die Zellen schützt. Bei einem G6PD-Mangel verlieren die Zellen diesen Schutz vor oxidativem Stress und es kommt zur Hämolyse. Zum anderen führt es in den Fresszellen des Immunsystems zur Bildung reaktiver Sauerstoffverbindungen, die zur Abwehr von Bakterienund Pilzinfektionen benötigt werden.
Immundefekt wie bei der septischen Granulomatose
Das Zürcher Team hat gemeinsam mit Forscherkollegen aus Deutschland den Mechanismus der gestörten Infektabwehr aufgeklärt: «Bei einem kompletten G6PD-Mangel, also ohne nachweisbare Restfunktion des Enzyms, können die Fresszellen durch mangelhafte Bereitstellung von NADPH keine reaktiven Sauerstoffverbindungen wie Wasserstoffperoxid bilden», erklärt Janine Reichenbach, Professorin für Pädiatrische Immunologie an der Universität Zürich. Dadurch kommt es wie bei einem bekannten Immundefekt der Fresszellen, der septischen Granulomatose, zu einer gestörten Bildung von DNA-Netzen – sogenannten «Neutrophil Extracellular Traps» (NET). Diese werden zum Einfangen und Abtöten von Bakterien und Pilzen benötigt. «Der schwere oder komplette Enzymdefekt stellt damit neben dem geringfügigeren G6PD-Mangel, der hauptsächlich rote Blutkörperchen betrifft, auch einen Immundefekt der Fresszellen dar», fasst Janine Reichenbach die Studienergebnisse zusammen.
Auswirkungen auf die Therapie
Dies hat Konsequenzen für die Therapie von Patienten mit G6PD-Mangel: «Um den Bedarf einer antimikrobiellen Dauerprophylaxe zu bestimmen, muss bei der Diagnose zunächst die Schwere des G6PD-Mangels bestimmt werden. Bei schwerem Enzymmangel sollte anschliessend die Bildung reaktiver Sauerstoffverbindungen und die Bildung von DNA-Netzen analysiert werden», schliesst Janine Reichenbach.
Literatur:
Ulrich Siler, Susana Romao, Emilio Tejera, Oleksandr Pastukhov, Elena Kuzmenko, Rocio G. Valencia, Virginia Meda Spaccamela, Bernd H. Belohradsky, Oliver Speer, Markus Schmugge, Elisabeth Kohne, Manfred Hoenig, Joachim Freihorst, Ansgar S. Schulz, Janine Reichenbach, Severe G6PD-deficiency leads to susceptibility to infection and absent NETosis, Allergy and Clinical Immunology, May 30, 2016. DOI:
Favismus
Das Kinderspital Zürich führt im Durchschnitt pro Tag eine bis zwei Analysen zu Favismus durch. Pro Monat wird in der Regel eine Person mit Favismus identifiziert.
Favismus tritt vorwiegend im Mittelmeer-Raum, in Afrika, im Nahen Osten sowie in einigen asiatischen Ländern wie Thailand oder Indien auf. Die Prävalenz in der Schweiz liegt bei "0,5 Prozent (vgl. S. Hofmann et al.; Swiss Medical Forum 2016). Zukünftig dürften durch die Migration und das Reiseverhalten die Fallzahlen zu Favismus in der Schweiz steigen.