Bundesrat verabschiedet Bericht zu Qualifikationsmöglichkeiten von Erwachsenen ohne Berufsabschluss

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Der Bundesrat hat am 22. November 2023 einen Postulatsbericht zur Validierung von Bildungsleistungen und Qualifizierungsmöglichkeiten für Erwachsene ohne Berufsabschluss verabschiedet. Der Bericht zeigt auf, dass Erwachsenen je nach individuellen Voraussetzungen verschiedene Wege zur Erlangung eines Berufsabschlusses offenstehen. Die aktuellen Angebote für Validierungsund Anrechnungsverfahren bewähren sich.

In der Schweiz stehen Erwachsenen ohne Berufsabschluss verschiedene Wege zur Erlangung eines solchen Abschlusses zur Verfügung. Neben der klassischen beruflichen Grundbildung können sie mittels Anrechnung bereits erworbener Kompetenzen beispielsweise eine verkürzte berufliche Grundbildung absolvieren. Personen mit Berufserfahrung haben zudem die Möglichkeit, sich mittels spezieller Vorbereitungskurse direkt aufs Qualifikationsverfahren vorzubereiten. Auch eine etappierte, modulare Vorbereitung auf einen Berufsabschluss ist auf verschiedene Arten möglich.

Die Mehrheit der rund 10’600 jährlichen Berufsabschlüsse von Erwachsenen erfolgen auf traditionellem Weg über ein Qualifikationsverfahren mit Abschlussprüfung. Nur ein kleiner Teil der Abschlüsse, rund 650 pro Jahr, werden über die Validierung von Bildungsleistungen erworben. Das Validierungsverfahren ist ein speziell für berufserfahrene Erwachsene entwickeltes Qualifikationsverfahren. Dabei belegen die Kandidatinnen und Kandidaten nicht an einer Abschlussprüfung, sondern in einem Dossier, dass sie über die in einem Beruf geforderten Handlungskompetenzen und die Anforderungen der Allgemeinbildung verfügen.

Für die Entwicklung und Einführung der Validierung sind die Trägerschaften der beruflichen Grundbildungen, Organisationen der Arbeitswelt, zuständig. Die Validierung existiert in 15 beruflichen Grundbildungen, insbesondere in Branchen mit Fachkräftemangel oder in regulierten Berufen mit Bedarf an Mitarbeitenden mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis (v.a. Gesundheitsund Sozialwesen) sowie im kaufmännischen Bereich. Der Zugang zur Validierung ist dank interkantonaler Zusammenarbeit in der ganzen Schweiz gewährleistet.

Ein Validierungsverfahren wird von den Trägerschaften dann entwickelt, wenn die Branche oder die Betriebe einen Nutzen davon haben. Aufgrund hoher Transaktionskosten bei geringer Nachfrage sowie Akzeptanzproblemen in der Branche sind sowohl die Trägerschaften als auch die für die Umsetzung zuständigen Kantone beim Ausbau dieses Angebotes zurückhaltend.

Basierend auf den im Bericht aufgezeigten Zuständigkeiten und den bereits laufenden Massnahmen und Angeboten sieht der Bundesrat aktuell keinen zusätzlichen Handlungsbedarf. Der Bund achtet jedoch darauf, dass die gewonnenen Erkenntnisse künftig in die Berufsentwicklungsprozesse einfliessen. Auch kann der Bund über die Projektförderung auf Basis des Berufsbildungsgesetzes Projekte von Kantonen, Organisationen der Arbeitswelt und Dritten, zum Beispiel innovative Projekte zur Entwicklung neuer Qualifikationsverfahren für Erwachsene, finanziell unterstützen.

Mit dem Bericht erfüllt der Bundesrat das Postulat von Nationalrat Mustafa Atici 21.3235. Dieses verlangte, dass der Bundesrat prüft, warum sich die Validierung als Qualifikationsweg in der Schweiz nicht stärker durchgesetzt hat bzw. ob sich daraus eine neue Ausrichtung des Verfahrens ableiten lässt.

Der auf zwei Expertenstudien gestützte Bericht erläutert die Rahmenbedingungen von Validierungsund Anrechnungsverfahren in der Schweiz, vergleicht das Schweizer Berufsbildungssystem mit anderen Berufsbildungssystemen in der EU und zeigt die Möglichkeiten und Grenzen von Validierungsverfahren in der Schweiz auf.