Der steinige Weg zu den Anfängen des Lebens

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Der steinige Weg zu den Anfängen des Lebens
Craig Walton ist der erste NOMIS-Fellow am Centre for Origin and Prevalence of Life der ETH Zürich. Mit einer originellen Idee will er herausfinden, unter welchen Bedingungen auf der Erde Leben entstanden ist.

Die Grundidee hinter Craig Waltons Forschung klingt nachvollziehbar: «Wenn wir den geologischen Zustand der Erde vor Beginn des Lebens wiederherstellen können, finden wir heraus, wie Leben entstanden ist und wie es weiterbestehen konnte», erklärt der Erdwissenschaftler. «Dafür will ich planetare Mini-Landschaften in Glasgefässen nachbauen.» Doch wie genau sah dieser Zustand aus, und woher kommen die nötigen Zutaten, um ihn zu reproduzieren?

«Erkenntnisse aus der erdwissenschaftlichen und planetologischen Forschung liefern wichtige Informationen über die Bedingungen auf der Erde vor mehr als vier Milliarden Jahren. Durch die enge Zusammenarbeit mit Forschenden aus anderen Disziplinen, die sich ebenfalls mit dem Ursprung des Lebens beschäftigen, können wir weitere Puzzleteile hinzufügen», sagt der Wissenschaftler.

Um seine hochkomplexe Idee umzusetzen, kann Craig Walton auf das interdisziplinäre Netzwerk des Centre for Origin and Prevalence of Life (COPL) der ETH Zürich zugreifen. «Am Centre können wir Wissen bündeln und hoffentlich gemeinsam Fragen beantworten», erklärt Craig Walton begeistert.

Schottische Vulkane und Pokémon

Craig Waltons Interesse für Geologie erwachte früh. Er wuchs in Schottland auf, in der Nähe von Edinburgh und dessen Hausberg vulkanischen Ursprungs, Arthur’s Seat. Die raue Landschaft Schottlands, die eine wichtige Rolle bei vielen bedeutenden geologischen Entdeckungen spielte, weckte die Leidenschaft des Forschers für Erdwissenschaften. Der zweite Grund, weshalb er dieses Fach gewählt hat, Überrascht: «Pokémon», erklärt Walton lachend. «In den früheren Spielen ging es oft um Steine und darum, wie Leben und Geologie zusammenhängen. Dies zieht sich wie ein roter Faden durch meine Forschung.»

Dass er dieser Forschung nun in der Gruppe von ETH-Professorin Maria Schönbächler am Institut für Geochemie und Petrologie nachgeht, hat er der Partnerschaft zwischen der NOMIS Foundation und der ETH zu verdanken. Nach seinem Doktorat und Forschung an der University of Cambridge bewarb er sich für das dreibis vierjährige NOMIS-ETH-Fellowship und wurde angenommen. «Das Fellowship gibt mir die Freiheit, Ideen umzusetzen, über die ich seit zehn Jahren nachdenke. Diese Chance, Risiken einzugehen und visionäre Forschung zu betreiben, ist unglaublich wertvoll», sagt Walton.

Gratis-Mittagessen für frühes Leben?

Er ist Überzeugt, dass das COPL der perfekte Ort für seine Forschung ist. «Die Infrastruktur und die Expertise sind einmalig. Egal ob Materialwissenschaften oder Informatik - für die Suche nach der Entstehung von Leben sind Erkenntnisse aus allen möglichen Feldern relevant.»


In Maria Schönbächlers Labor kann er auf wichtige Ressourcen zugreifen: Mikrometeoriten und kosmischen Staub, den die ETH-Professorin von einer Expedition aus der Antarktis mitbrachte. Aufgrund seiner bisherigen Forschung vermutet Walton, dass diese pulverförmigen ausserirdischen Materialien bei der Entstehung von Leben eine wichtige Rolle spielten. «Kosmischer Staub ist Überall, auf jedem Hausdach. Wahrscheinlich sammelte er sich an bestimmten Stellen der frühen Erde an. Er besteht aus den Elementen, die das Leben braucht, und kann aufgrund seiner instabilen chemischen Form leicht zersetzt werden. Dies könnte eine Art -kostenloses Mittagessen- für das erste Leben gewesen sein», erklärt der Forscher.

Ein kostenloses Mittagessen allein reiche jedoch nicht aus, um Leben in Gang zu bringen. «Mich interessiert nicht nur, wie die Chemie des Lebens entstanden ist, sondern auch, wie sie weiterbestehen konnte. Nur wenige Umgebungen hätten den grossen Appetit des entstehenden Lebens stillen können. Somit mussten die ersten Formen von Leben schnell lernen, effizient mit den verfügbaren Ressourcen, umzugehen, da die Vorräte an leicht zugänglicher -Nahrung- zur Neige gingen. Mit anderen Worten: Sie haben das Wiederverwerten gelernt», sagt der Geologe. «Die Mikroben haben schon vor Milliarden von Jahren herausgefunden, wie man begrenzte Ressourcen am besten nutzt - vielleicht sollte sich die menschliche Zivilisation dies als Vorbild nehmen.»

In seinen Erwartungen bleibt der Forscher realistisch. «Das Ziel ist nicht, in den nächsten vier Jahren das Rätsel des Lebens zu lösen», lacht er. «Ich hoffe aber, neue aufregende Aspekte zu entdecken.» Neue Erkenntnisse zur Erde liefern auch Hinweise für die Suche nach Leben auf anderen Planeten. Craig Walton schliesst nicht aus, dass es in den Weiten des Alls Leben gibt oder gab. Er hält es jedoch für denkbar, dass die Geschichte des Lebens auf der Erde einzigartig ist. «Die Chance, dass wir intelligentes Leben finden, schätze ich klein ein. Vielleicht sind die grünen Aliens in Wirklichkeit winzige Mikroben.»

Dieser Artikel erschien zuerst in «Uplift», dem Magazin der externe Seite ETH Foundation call_made.
Andrea Zeller