Millionen von verfügbaren Dächern: Welche Strategien für 2050?

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Millionen von verfügbaren Dächern: Welche Strategien für 2050?
Mehr als die Hälfte der Schweizer Dächer sind für die Stromerzeugung geeignet. Um diese 5 Millionen Dächer optimal zu nutzen, wurden 2 Strategien für den Ausbau der Photovoltaik analysiert. Zusammengefasst würden sie eine Autonomie in 70% der Schweizer Gemeinden ermöglichen.

Die Energiestrategie 2050 in der Schweiz hat unter anderem zum Ziel, die Anzahl der Photovoltaik-Solaranlagen drastisch zu erhöhen. Mindestens 35 TWh Strom sollen im Jahr 2035 aus erneuerbaren Energien erzeugt werden, Wasserkraft nicht mitgerechnet, und 45 TWh im Jahr 2050. Wie können diese Ziele auf effiziente und für jede Schweizer Stadt und/oder Gemeinde gerechte Weise erreicht werden?


Am Labor für Sonnenenergie und Bauphysik der EPFL (LESO-PB) an der Fakultät für natürliche, architektonische und gebaute Umwelt (ENAC) ist das Energiepotenzial von Dächern ein Bereich, mit dem man sich schon lange beschäftigt, denn es ist bekannt, dass die Stromerzeugung durch Photovoltaik-Solaranlagen eine wichtige Rolle bei der Dekarbonisierung unseres Energiesystems spielen wird.

Während ihrer Doktorarbeit konzentrierte sich Alina Walch auf die Bewertung des Potenzials von erneuerbaren Energiesystemen auf der Grundlage der Megadatenwissenschaft und kombinierte dies interdisziplinär mit Methoden des maschinellen Lernens, die oft als Künstliche Intelligenz (KI) bezeichnet werden. Sie hat insbesondere zwei Szenarien für die Entwicklung des Photovoltaikparks in der Schweiz entworfen und verglichen, mit dem Ziel, die Ziele der Energiestrategie 2050 zu erreichen oder sogar zu übertreffen. Zu diesem Zweck arbeitete sie mit Dr. Martin Rüdisüli von der EMPA in Dübendorf zusammen, einem Experten auf dem Gebiet der Modellierung von Energiesystemen. "Wir haben die Studie gemeinsam durchgeführt und dabei mein Wissen über die Modellierung des Solarpotenzials mit seiner Erfahrung in der Analyse der Auswirkungen verschiedener Ausbauszenarien im Kontext der Energiewende kombiniert."

Nach Norden ausgerichtete Dächer

Bevor die Doktorandin mit der detaillierten Analyse des Energiepotenzials unserer Dächer für 2050 beginnen konnte, musste sie zunächst wissen, worauf sie sich stützen sollte, was eine Reihe von Ausgangshypothesen erforderte. Welche Dächer sollten wirklich berücksichtigt werden, sollte man nicht weniger streng sein und Dächer akzeptieren, die weniger der Sonne ausgesetzt sind oder regelrecht nach Norden ausgerichtet sind - In einem ersten Ansatz waren nur Dächer berücksichtigt worden, die hauptsächlich nach Süden ausgerichtet waren. "In meiner ersten Studie hatte ich Norddächer ausgeschlossen, aber es stellte sich heraus, dass ein Dach mit einer Neigung von weniger als 20 Grad selbst bei Nordausrichtung sehr produktive Photovoltaikanlagen aufnehmen kann." Durch die Einbeziehung dieser Dächer in ihr Modell konnte Alina Walch feststellen, dass das Potenzial der Schweizer Dächer im Vergleich zum Basisfall um 25% wuchs. "Wir haben das maximale Potenzial berechnet, das auf allen Schweizer Dächern realisiert werden kann, aber die wichtigste Frage, da uns in Zukunft die Zeit davonläuft, ist, welche Strategie wir verfolgen müssen, um die Ziele des Bundes so schnell wie möglich zu erreichen."

Strategie 1: Große Flachdächer priorisieren.

Die verfügbare Fläche auf den Dächern muss bestmöglich genutzt werden. Das größte Energiepotenzial haben zweifellos große, flach geneigte Flachdächer, z. B. von Industrie- oder Landwirtschaftshallen. Diese Dächer haben den Vorteil, dass sie nur wenige Aufbauten wie Dachfenster oder Schornsteine haben, und diese Gebäude, die sich oft außerhalb der Städte befinden, können ästhetisch unauffällig nachgerüstet werden. Nach Berechnungen von Alina Walch könnte mit 4 % der großen Schweizer Dächer sehr schnell eine jährliche Stromproduktion von 15 TWh erreicht werden, und das bei minimalen Kosten und CO2, da weniger Solaranlagen gebaut werden müssten. Durch das Anbringen von Photovoltaik-Solaranlagen auf weiteren 2,5 Millionen Dächern könnte eine Jahresproduktion von 45 TWh leicht und schnell erreicht werden. Aber, denn es gibt ein Aber, diese Alternative weist regionale Unterschiede auf, vor allem in den städtischen Zentren, die nicht über genügend Dachflächen verfügen, um ihren Strombedarf zu decken.

Strategie 2: Die Stromerzeugung ausgleichen.

Was müsste an der Strategie geändert werden, um die Energieerzeugung auf regionaler Ebene auszugleichen - Was würde passieren, wenn auf allen Hausdächern der Gemeinden Photovoltaikanlagen installiert würden, um eine maximale Stromproduktion zu erreichen? "Wir haben in einer Simulation die Energieautonomie der einzelnen Bezirke bewertet. In ländlichen Gemeinden ist es einfach, den Strombedarf zu decken, selbst wenn nur ein Teil des Potenzials genutzt wird. In den großen Städten wird dies praktisch unmöglich: Es besteht ein Ungleichgewicht, das nicht ausgeglichen werden kann." Eine solche Strategie kann den Bedarf der Regionen besser decken, erfordert aber die Installation von PV-Solaranlagen auf 4 Millionen Dächern, um die Anforderungen des Bundes zu erfüllen.

Maximierung der Selbstversorgung

In diesen schwierigen Zeiten, in denen sich mehrere Probleme überlagern, wie der Klimawandel und/oder internationale politische Unsicherheiten, ist die Stromversorgung ein wichtiges Anliegen. Alina Walch ist davon überzeugt, dass eine Produktion, die nahe am Strombedarf liegt, die erhoffte Energiesicherheit bringen kann. "Die letzte Analyse, die wir durchgeführt haben, ist ein Kompromiss zwischen den beiden Strategien, wobei wir Hangars und Gebäudedächer berücksichtigt haben. Die optimale Strategie, die sich aus unseren Analysen ergibt, besteht darin, zunächst die größten Dächer der Gemeinden auszustatten, bis die Ziele erreicht sind. Und um noch weiter zu gehen, schlagen wir vor, die Installation von Photovoltaikanlagen zu begrenzen, sobald der Bedarf einer Gemeinde durch erneuerbare Energien gedeckt wird."

Artikel veröffentlicht in Journal Of Physics

https://iopscience.iop.org/article/10.1088/1742-6596/1343/1/012035/meta


A critical comparison of methods to estimate solar rooftop photovoltaic potential in Switzerland.

Alina Walch1, Nahid Mohajeri2 und Jean-Louis Scartezzini1.

Daten zu erneuerbaren Energien in der Schweiz

Die Daten aus dem HyEnergy-Projekt des Nationalen Forschungsprogramms 75 "Big Data" (NFP 75), das vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) unterstützt wird, sind auf der HyEnergy Data Plattform über den Link https://hyenergy.epfl.ch/ frei zugänglich. Diese Daten umfassen das jährliche Energiepotenzial von (i) photovoltaischen Solaranlagen auf Gebäudedächern, (ii) Windturbinen und (iii) Erdwärmepumpen in der Schweiz. Sie basieren auf Daten, die von Bundesämtern (SwissTopo, BFS, BFE) zur Verfügung gestellt werden, sowie auf digitalen Bildern aus der Satellitenfernerkundung. Ihre Analyse basiert auf fortgeschrittenen statistischen Methoden und maschinellem Lernen. Für weitere Informationen besuchen Sie bitte die Webseite des NFP75 www.nfp75.ch