Dürfen wir vorstellen: Unsere Mitarbeitenden aus aller Welt

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Dürfen wir vorstellen: Unsere Mitarbeitenden aus aller Welt
Dürfen wir vorstellen: Unsere Mitarbeitenden aus aller Welt

Die Bildserie mit Salome Mwaiko , Claire Aksamit , Tim Alexander , Rohini Athavale und Bernhard Wehrli ist im Rahmen des Fotojournalismus-Studiengangs entstanden, den Christian Dinkel am MAZ in Luzern absolviert.


Salome ist dreifache Mutter und stammt aus der Region Kilimanjaro in Tansania. Sie hat viel zu erzählen, und währenddessen lacht sie laut und viel. Aufgewachsen ist sie in einer konservativen Gesellschaft, wo Frauen früh heiraten und sich um Kinder und den Haushalt kümmern. Trotzdem wollte Salome schon von Kindesbeinen an die Universität.

Ihre Verwandten fanden das zum Teil mutig, zum Teil herrschte aber auch Verständnislosigkeit. Doch ihr Vater war ein Gymnasiumlehrer, der in England studiert hatte und dem die Ausbildung seiner Töchter am Herzen lag. «Für die Einstellung meines Vaters zur Gleichberechtigung in der Bildung bin ich unglaublich dankbar», sagt Salome.

Doch sie hatte neben kulturellen auch staatliche Hürden zu überwinden. Denn wollte man damals in Tansania studieren, musste jede und jeder ein Jahr lang Militärdienst absolvieren. Und so stand Salome mit 20 Jahren, bewaffnet und im Tarnanzug, während 360 Tagen in einem Militärlager an der Grenze zu Mozambique.

Ihr Bachelorstudium an der Universität in Dar Es Salam in Zoologie und mariner Biologie schloss sie im Jahr 1984 ab und ergatterte eine Stelle am nationalen Fischereiinstitut. Dort arbeitete sie an Nachhaltigkeitsprojekten für die Fischerei im Indischen Ozean. Vier Jahre später erhielt sie ein Stipendium, um Fischressourcen und Fischereimanagement an der Universität Bergen in Norwegen zu studieren und somit die Möglichkeit ihren Master abzuschliessen.

Nachdem sie wieder ein paar Jahre in Tansania gearbeitet hatte, erlangte sie ein Stipendium für ein Doktorat in Grossbritannien, um die Taxonomie von haploiden Buntbarschen an der University of Aberdeen in Schottland zu untersuchen.

So wanderte sie, inzwischen dreifache Mutter, mit ihren Kindern nach Europa aus. Weil es ihrem Mann dort nicht gefiel, war Salome nach kurzer Zeit ganz auf sich alleine gestellt: In einem neuen Land, einer neuen Kultur, drei schulpflichtigen Mädchen und mit einer Doktorarbeit, die bald einmal aussichtslos erschien, weil ihre Betreuerin nur wenige Monate nach Salomes Ankunft in Grossbritannien verstarb.

«Ich stand kurz davor, alles hinzuschmeissen und zurück nach Tansania zu gehen», sagt Salome. Doch dann lernte sie über sieben Ecken Ole Seehausen kennen, der die Betreuung ihrer Doktorarbeit übernahm und sie schlussendlich an die Eawag brachte.

Für die Familie hiess das, wieder in einem neuen Land Fuss zu fassen. «Meine Kinder haben mich gehasst, als sie realisierten, dass sie Deutsch lernen müssen», sagt Salome, sie lacht dabei aber von Herzen. Während ihre älteste Tochter zurück nach Tansania gegangen ist, fühlen sie und ihre anderen beiden Töchter sich nun nach 15 Jahren in der Schweiz zu Hause - zurück nach Tansania möchte sie nicht mehr.


Claire Aksamit stammt aus Kanada. Deshalb ist es auch nicht erstaunlich, dass Natur und Outdoorsport zu ihrer Leidenschaft gehören. In Saskatoon, Saskatchewan und Ottawa, Ontario studierte sie Umweltnaturwissenschaften und arbeitete danach als Beraterin in Rohstoffund Naturschutzprojekten in British Columbia.

In dieser Funktion unterrichtete sie auch Ureinwohner darin, wie man für Monitoringprogramme Wasserund Fischproben entnimmt und diese analysiert. «Das war ziemlich cool», sagt Claire, die sich gut vorstellen könnte, später in der Lehre tätig zu sein.

An der Eawag arbeitet Claire nun seit etwas mehr als einem Jahr. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Gruppe von Martin Schmid. Sie untersucht den Einfluss von Wasserkraft auf kleine alpine Flüsse. Sie zog mit ihrem Mann in die Schweiz, der eine Postdoc-Stelle an der ETH erhielt. Claire hat auch ihren Hund namens Fern aus Kanada mitgenommen. «Er begleitet mich immer und überall hin, er ist länger in meinem Leben als mein Mann», sagt Claire lachend. Und wenn sie sagt, sie nimmt Fern überall mit, dann meint sie es auch so: Ob auf Snowboardtouren, zum Klettern, Wandern oder Traillaufen - Fern ist dabei. Gerade die Nähe von Luzern zu den Bergen ist das, was Claire am meisten schätzt. So ist sie in ihrer Freizeit vor allem in Engelberg, Andermatt oder irgendwo sonst in den Urner Alpen unterwegs. «Das liebe ich an der Schweiz: Der einfache Zugang zu den Bergen.» Anders als in Kanada komme man mit dem öffentlichen Verkehr praktisch überall hin - und die Skitickets seien erschwinglich. Trotzdem: «Ich vermisse Kanada schon etwas», gesteht sie. Die Jahreszeiten seien in Kanada viel ausgeprägter und die Natur sei einsamer.

Bis Ende April 2020 wird Claire noch an der Eawag sein. «Wo es uns als nächstes hinzieht, steht in den Sternen», sagt Claire. Sie lebe am liebsten von Woche zu Woche und sei offen für alle Möglichkeiten, die ihr das Leben noch bieten werde.


Eigentlich hatten wir um 13:30 Uhr Schweizerzeit abgemacht, um für das Interview zu skypen. Doch kurz vorher schreibt Tim, ob wir das Gespräch um einige Minuten verschieben könnten, er müsse dringend noch einen Possum wegfahren.

«Das geschieht momentan mehrmals pro Woche», erklärt der gebürtige Australier einige Minuten später. Denn im Dach des Nachbarhauses, das Tim als Büro nutzen wollte, haben sich mehrere Possums eingenistet. Seit einer von ihnen im Dach starb und es zu entsprechender Geruchsbelästigung kam und Maden entlang der Lichtinstallation durch die Decke fielen, fängt Tim diese Tiere und fährt sie weit weg.

Seit Januar ist Tim wieder zurück in Tasmanien, wo er sich gemeinsam mit seiner Frau und den zwei Kindern ein Haus in einem 400-Seelendorf mit etwa 5000 Quadratmetern Umschwung gekauft hat. Im Garten leben gut ein Dutzend wilde Pademelons, eine kleine Känguruart. Und über dem Haus kreisen tasmanische Keilschwanzadler, die die Hasenpopulationen in Schach halten.

Tim war während fast sechs Jahren an der Eawag tätig, wo er sich in Ole Seehausens Gruppe vor allem um das Project Lac kümmerte. Zuvor absolvierte er sein Doktorat in Tasmanien und ein Postdoc auf den Salomonen. Dort lernte er die Schweizerin und seine jetzige Frau Karin kennen, die dort ein Auslandpraktikum als Medizinstudentin absolvierte - so verschlug es Tim nach Europa und schliesslich an die Eawag.

Auf seine liebsten Momente in Kastanienbaum angesprochen, fällt ihm vieles ein: Die tägliche Velofahrt von Luzern nach Kastanienbaum, das inspirierende Arbeitsklima, die Aussicht auf den Vierwaldstättersee von der Caféteria aus, die Wälder und Berge - und das «Krüseliwasser» direkt aus dem Zapfhahn. Nur: «Das Surfen hat mir definitiv gefehlt», sagt Tim. Obwohl er allerlei ausprobiert hat - von Flusssurfen in der Aare, über Bungee-Surfing bis hin zu Surfen auf einer stehenden Welle in in der Mall of Switzerland.

Zurück am anderen Ende der Welt frönt er nicht nur wieder dem Surfen, sondern hat bereits einen neuen Job ergattert und arbeitet nun als Berater in einem Umweltbüro in Tasmanien. «Die Arbeit ist unglaublich vielfältig», sagt Tim. Es gehe vor allem darum, Firmen in ökologischen Fragen zu unterstützen - sei es bei Aquakulturen, Lachsfarmen oder beim Erweitern von Häfen.


Einen stärkeren Kontrast hätte sich Rohini Athavale nicht aussuchen können: Aufgewachsen inmitten der Chaosmetropole Mumbai in Indien, zog sie vor fünf Jahren für ihre Doktorarbeit nach Kastanienbaum. «Ich habe mich kaum über den Ort informiert, bevor ich hierherkam, sondern habe mich einfach auf die Überraschung gefreut», sagt Rohini lachend.

Aber endlich könne sie ihrem Hobby, dem Biken, sooft sie wolle direkt vor der Haustüre frönen. Früher in Indien war das kaum möglich, einzig in einem nahen gelegenen Nationalpark fuhr sie manchmal Rad - oder in den Ferien mit ihrem Vater. Inzwischen scheut sie sich auch vor langen Touren nicht mehr: Traditionellerweise umrundet sie mit einigen Eawag-Kolleginnen und Kollegen einmal pro Jahr während der Bike-to-Work-Woche den

Vierwaldstättersee, um morgens von Horw nach Kastanienbaum zu gelangen. Das sind immerhin 100 Kilometer.

Gut, dass Rohini gerne kocht, um sich und ihre Freunde nach solchen Touren wieder zu stärken. Und: «Ich mag es nicht, zweimal dasselbe zu kochen und probiere ständig Neues», sagt sie. Am liebsten mit Gemüse vom eigenen Hochbeet, wo sie Gurken, Tomaten, Peperoni, Mangold, Chili und Kräuter hegt und pflegt.

Rohini studierte Chemie in Mumbai und entwickelte danach eine Zeit lang bei einem Start-up elektrochemische Sensoren für Umweltmessungen. Im Jahr 2013 arbeitete sie einige Monate in Köln, ehe es sie für ihre Doktorarbeit nach Kastanienbaum an die Eawag verschlug.

An der Eawag entwarf und baute sie in der Gruppe von Bernhard Wehrli Sensoren, die es erlauben, verschiedene Parameter wie ph-Wert, gelöstes Kohlendioxid oder Ammonium extrem hochaufgelöst direkt im See zu messen. «Mir gefiel vor allem die Abwechslung im Projekt: Vom Konzept, übers Werkeln im Labor bis zum Austesten auf dem Rotsee war alles dabei », sagt Rohini, die bis Mitte Juli 2019 an der Eawag war. Nun arbeitet sie bei Büchi Labortechnik, wo sie ihrem Tüftlergeist so richtig freien Lauf lassen kann.


Bernhard Wehrli sitzt auf dem Foto nicht aus Jux in einer Badewanne. Die Badewanne nämlich steht für ein typisches, wissenschaftliches Vorgehen: «Die Badewanne widerspiegelt eine begrenzte Box, wie wir sie als Modelle in unserer Forschung immer benutzen», erläutert Bernhard. «Wir studieren nie einen ganzen See, sondern schaffen uns Systemgrenzen, um spezifischer zu beobachten, was hineinund hinausfliesst und um die Prozesse im geschlossenen System kontrollierter erfassen zu können.»

Ursprünglich plante der Fotograf eigentlich, Bernhard seinem Titel entsprechend professoral in Szene zu setzen: «Aber das wäre nicht Ich», sagt er lachend.

Während seines Studiums in Chemie legte Bernhard ein Zwischenjahr ein. Denn dass die Pharmabranche nichts für ihn ist, merkte er schnell. Stattdessten engagierte er sich bei einer NGO, die sich für den Schutz von hochalpinen Lebensräumen einsetzte und den Bau von Flusskraftwerken zu verhindern versuchte. «Das gelang uns leider nicht, aber immerhin retteten wir die Greina-Hochebene vor der Überflutung durch einen Stausee», erzählt Bernhard, dessen Interesse für die Schnittstelle zwischen Gewässerschutz und Chemie damals so richtig entfacht ist.

Später absolvierte er seine Doktorarbeit in Dübendorf - und blieb seither der Eawag treu. Er verliess das Wasserforschungsinstitut nur kurz für eine Postdoc-Stelle in den USA sowie für einige Sabbatical-Abstecher nach Frankreich und Israel. Auch als er im Jahr 1991 zum Assistenzprofessor an der ETH Zürich ernannt wurde, überlegte er nie ernsthaft, seine Zelte in Kastanienbaum abzubrechen. Seit er regelmässig zwischen beiden Standorten pendelt, schätzt er die Kollegialität an der Eawag umso mehr. «An der ETH ist jeder sehr spezialisiert, Zusammenarbeiten daher oftmals erschwert», sagt Bernhard. Auch die gute Lage für Feldarbeit und die immsense Unterstützung der Technikerinnen und Techniker schätzt er an der Eawag sehr.

Bernhards Forschungsschwerpunkte liegen momentan auf dem ökologischen Wert von Feuchtgebieten sowie dem Einfluss von Staudämmen auf die Wasserchemie.

Und auch wenn er inzwischen häufig vor dem Computer und in Meetings sitzt: Feldarbeit lässt er sich nicht gerne entgehen. Obwohl er zugibt, manchmal unter all den jungen, motivierten Forschenden «fast eher im Weg zu stehen als wirklich zu helfen.»