Herausforderungen und Ziele der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit standen im Fokus eines Vortrags von Botschafterin Patricia Danzi. Die Direktorin der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) war als Rednerin der Veranstaltungsreihe «Presidential Lectures» am 16. April an der Universität Luzern zu Gast.
Das Thema Entwicklungszusammenarbeit hätte nicht aktueller gewählt sein können: Nur wenige Stunden vor dem Referat hatte sich eine Partei im Nationalrat für eine drastische Kürzung der entsprechenden Gelder ausgesprochen, erklärte Moderatorin Katja Stauber einleitend. Was nötig ist und sinnvoll mit Blick auf Entwicklungszusammenarbeit, sind und bleiben politisch hart umkämpfte Fragen, die auch an der 6. Presidential Lecutre zur Sprache kamen.
Humanitäres Engagement
Um sich für ihr Amt zu wappnen, hätte Patricia Danzi aus einer Vielzahl passender Studiengänge an der Universität Luzern wählen können, postulierte Rektor Bruno Staffelbach in seinem Begrüssungswort augenzwinkernd - und schlug Politologie, Recht sowie den interdisziplinären Studiengang Philosophy, Politics and Economics vor. Tatsächlich hat die im Kanton Zug aufgewachsene Danzi allerdings Geografie sowie Agrarund Umweltwissenschaften studiert und später einen weiteren Abschluss in Entwicklungszusammenarbeit erworben. Vor ihrem aktuellen Amt war sie lange für das Internationale Rote Kreuz IKRK im Einsatz, unter anderem in Bosnien, Lateinamerika und Afrika.
An diese Erfahrungen knüpfte Danzi dann auch in ihrem Referat an - und unterstrich gleich zu Beginn, dass es in ihrer Arbeit in aller Regel nicht um das Dozieren gehe, sondern ums Zuhören und Verstehen. Zurzeit sei ihre Direktion dabei, die Strategie für die Legislaturperiode 2025-2028 auszuarbeiten. Das beinhalte, die lokalen Bedürfnisse im Ausland, langfristige Schweizer Interessen und den Mehrwert der schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit in Einklang zu bringen. Das Ausbalancieren dieser Ziele habe man in der über 60-jährigen Geschichte der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit immer wieder anders angepackt.
Verschiedene Ansätze
Während in den 60er-Jahren Infrastrukturprojekte wie das Bauen von Brunnen und Brücken im Zentrum stand, habe man in den 70er-Jahren auf humanitäre Hilfe bei Katastrophen gesetzt. Beide Ansätze sind auch heute noch aktuell, so unterstützt die Schweiz in Nepal Brückenbauprojekte und hat im vergangenen Jahr bei der Bewältigung der dramatischen Folgen des Erdbebens in der Türkei vor Ort Hilfe geleistet. Zum Einsatz kommen heute aber auch neue Instrumente, beispielsweise die Ziele für Nachhaltige Entwicklung der Uno aus dem Jahr 2015, das «Alphabet in der Entwicklungszusammenarbeit», wie Danzi diese bezeichnete. Jedes Land muss regelmässig berichten, wie gut diese 17 «Sustainable Development Goals» umgesetzt werden.
Viele Herausforderungen
Danzi betonte, dass im Kontext von globalen Herausforderungen wie dem Klimawandel, nationalen Kontroversen um Budgetkürzungen und hitzig geführten Diskussionen um sinnvolle Massnahmen zur Steuerung von Migrationsbewegungen gleichzeitig sorgfältiges Abwägen wie auch entschlossenes Handeln gefordert ist. Zentral sei dabei auch, die jeweils richtigen Partner zu finden; teilweise arbeite die DEZA mit anderen Staaten zusammen, mit internationalen Organisationen oder auch (sowohl lokal wie auch global agierenden) NGO. Bei allen Partnerschaften sei es zentral sicherzustellen, dass Hilfsgelder ihren intendierten Zweck erfüllen.
Fokus auf das Positive
Im Anschluss an das Referat blieb noch Zeit für eine von der Journalistin Katja Stauber geführte Diskussion, an der sich neben Particia Danzi auch Rektor Bruno Staffelbach sowie Martina Caroni, Ordinaria für öffentliches Recht, Völkerrecht und Rechtsvergleichung im öffentlichen Recht, beteiligten. Auch zahlreiche interessierte, zuweilen auch kritische Fragen aus dem Publikum ermöglichten eine facettenreiche Diskussion der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit. In ihrem Schlusswort plädierte Danzi schliesslich dafür, stets auf das Positive zu fokussieren. Das sei kein Kraftakt, sondern eine Einstellung, die sie in sehr vielen Krisengebieten bei direkt Betroffenen immer wieder habe erleben dürfen.
Die Referentin
Patricia Danzi arbeitete ab 1996 beim Internationalen Komitee vom Roten Kreuz, wo sie als Delegierte mit zunehmender Verantwortung auf dem Balkan (Bosnien, Serbien, Montenegro, Kosovo), in Peru, in der Demokratischen Republik Kongo und in Angola im Einsatz war. Am IKRK-Sitz in Genf war sie als stellvertretende Einsatzleiterin des Bereichs Horn von Afrika und als politische Beraterin des Direktors für internationale Einsätze tätig. Von November 2008 bis April 2015 hatte sie die operative Leitung des amerikanischen Kontinents inne. Ab Mai 2015 leitete sie die Regionaldirektion Afrika, bevor sie per 1. Mai 2020 das Amt der DEZA-Direktorin Übernahm.