Fachkräfte gewinnen und halten: Erkenntnisse vom Forum Wirtschaftspsychologie 2024

Hochschule für Angewandte Psychologie

Der Mangel an Fachund Arbeitskräften stellt viele Schweizer Unternehmen vor erhebliche Herausforderungen. Darüber wurde am 13. Forum Wirtschaftspsychologie am 14. November 2024 im Stadttheater Olten diskutiert.

Wie stellen Sie sich eine typische Fachperson im Bereich Informatik vor’ Wenn Sie an einen männlichen Nerd denken, der am Laptop komplexe Codes erstellt, sind Sie damit nicht allein. Solche stereotypen Berufsbilder sind nicht nur in der ICT verbreitet, sondern auch in Bereichen wie dem Lehramt oder den MINT-Fächern.

Berufsbranding: Berufe für neue Zielgruppen öffnen

Um dem Fachkräftemangel in diesen Berufsfeldern entgegenzuwirken, empfiehlt Dörte Resch von der Hochschule für Angewandte Psychologie FHNW ein geschlechterintegratives Professionsbranding. «Das Konzept zielt darauf ab, Berufe für alle Geschlechter gleich attraktiv - also frei von Geschlechterstereotypen - zu positionieren», erklärte Dörte Resch in ihrem Impulsreferat. «Damit können Sie für eine breitere Zielgruppe zugänglich gestaltet werden.»

Mit Employer Branding Mitarbeitende rekrutieren und binden

Der Fachund Arbeitskräftemangel in der Schweiz ist für viele Unternehmen zu einer grossen Herausforderung geworden. Es wird zunehmend schwieriger, neue Mitarbeitende zu gewinnen. Ein bewährter Ansatz ist gemäss Dörte Resch Employer Branding: Unternehmen bewerben sich quasi um die Mitarbeitenden, positionieren sich klar und heben ihre eigenen Stärken im Vergleich zu den Mitbewerber*innen hervor. Das erleichtert die Rekrutierung geeigneter Mitarbeitender und wirkt sich positiv auf deren Bindung ans Unternehmen aus. «Voraussetzung für erfolgreiches Employer Branding ist, dass strategisch vorgegangen wird, und dass Versprechen gehalten werden», betonte Dörte Resch.

«Voraussetzung für erfolgreiches Employer Branding ist, dass strategisch vorgegangen wird, und dass Versprechen gehalten werden.»

Dörte Resch

Strategischer Prozess: Das Gesamtpaket muss stimmen

Nicht zuletzt müssen auch die Arbeitsbedingungen stimmen. Der Wunsch nach Flexibilität und Teilzeitarbeit ist ausgeprägt. Durch flexible Lösungen kann ungenutztes Arbeitsund Fachkräftepotenzial aktiviert werden. «Die Ebenen Branding, Rebranding, Organisationskultur und Arbeitsbedingungen müssen als strategischer Organisationsprozess gemeinsam gedacht und entwickelt werden», schloss Dörte Resch ihr Impulsreferat ab.

Angeregte Podiumsdiskussion

Unter der Leitung von Moderatorin Anita Panzer diskutierten anschliessend Expert*innen aus Praxis und Forschung, wie Unternehmen den Herausforderungen begegnen können. Auf die Frage, wie junge Menschen auch für scheinbar weniger attraktive Berufe gewonnen werden können, antwortete Isabelle Gisler vom Universitätsspital Basel, dass Berufe im Gesundheitswesen für junge Menschen nicht per se unattraktiv seien, im Gegenteil: «Junge Menschen suchen wertstiftende Aufgaben, wie sie in der Gesundheitsbranche zu finden sind. Unsere Aufgabe ist es, die Berufe auch im Alltag attraktiv zu machen, zum Beispiel durch ansprechende Arbeitsmodelle.» Für Thomas Rentsch von der Stiftung TOP-Ausbildungsbetrieb gibt es dabei ein zentrales Element: «Wir müssen den Jugendlichen Erfolgserlebnisse ermöglichen. Das motiviert sie nachhaltig und sorgt für eine starke Bindung.»

Einig waren sich alle, dass Verbände und Unternehmen an einem Strang ziehen müssen. Saskia Schenker vom Arbeitgeberverband Region Basel sagte: «Nach Covid gingen viele Unternehmen davon aus, dass sich die Situation wieder entspannen würde. Wir sagen: Wer jetzt nicht reagiert und dies strategisch angeht, wird in ein paar Jahren die Marktziele nicht mehr erreichen können.» Dörte Resch schloss mit den Worten: «Es ist wichtig, dass wir zusammen und nicht gegeneinander denken. Es gibt verschiedene Wege, und diese sollten nicht gegeneinander ausgespielt werden.»

Relevante und praxisnahe MAS-Arbeit ausgezeichnet

Im Rahmen des Forums Wirtschaftspsychologie erhielt Silvana Ulber den Weiterbildungsaward 2024 für Ihre hervorragende Abschlussarbeit im MAS Business Psychology ( . Der Beirat Weiterbildung und das Zentrum für Weiterbildung der Hochschule für Angewandte Psychologie FHNW vergeben jährlich den Award für die beste Abschlussarbeit aus einem Master of Advanced Studies Programm.

Ausblick: Forum 2025

Das Forum Wirtschaftspsychologie wird von der Hochschule für Angewandte Psychologie FHNW und der Alumni-Organisation der Hochschule organisiert. Im Zentrum des Anlasses steht der Austausch zwischen angewandter Forschung und Unternehmenspraxis. Das nächste Forum findet am Donnerstag, 27. November 2025 zum Thema «Life & Job Crafting: Sinn in der Arbeit und im Leben erzeugen - der Beitrag der angewandten Psychologie» statt.

Das 13. Forum Wirtschaftspsychologie fand im Stadttheater Olten statt. (Foto: Patrick Lüthy) Tanja Manser, Direktorin der Hochschule für Angewandte Psychologie FHNW, eröffnete das Forum Wirtschaftspsychologie 2024. (Foto: Patrick Lüthy) Dörte Resch, Institutsleiterin an der Hochschule für Angewandte Psychologie FHNW, hielt das Einstiegsreferat zum Thema «Herausforderung Fachkräftemangel - der Beitrag der angewandten Psychologie». (Foto: Patrick Lüthy) Dörte Resch forscht an der FHNW zu Themen wie Employer Branding und geschlechterintegratives Professionsbranding. (Foto: Patrick Lüthy) Verterter*innen aus Forschung und Praxis diskutierten, wie Unternehmen der Herausforderung Fachkräftemangel begegnen können. (Foto: Patrick Lüthy) Auf dem Podium (v.l.n.r.): Dörte Resch (Hochschule für Angewandte Psychologie FHNW), Saskia Schenker (Arbeitgeberverband Region Basel), Thomas Rentsch (Stiftung TOP-Ausbildungsbetrieb), Isabelle Gisler (Universitätsspital Basel), Anita Panzer (Moderation, apacom.ch). (Foto: Patrick Lüthy) Bettina Sollberger, Leiterin des Zentrums für Weiterbildung der Hochschule für Angewandte Psychologie FHNW, und ihr Team organisieren die Veranstaltung jährlich. (Foto: Patrick Lüthy) Im Rahmen des Forums Wirtschaftspsychologie erhielt Silvana Ulber den Weiterbildungsaward für die beste MAS-Thesis. (Foto: Patrick Lüthy) Silvana Ulber entwickelte in ihrer MAS-Thesis ein Lernmodul zur Stärkung der individuellen psychischen Resilienz. (Foto: Patrick Lüthy) Beim anschliessenden Apéro hatten Podiumsgäste und Teilnehmende die Gelegenheit, sich untereinander auszutauschen. (Foto: Patrick Lüthy) Das nächste Forum Wirtschaftspsychologie findet am 27. November 2025 zum Thema «Life & Job Crafting: Sinn in der Arbeit und im Leben erzeugen - der Beitrag der angewandten Psychologie» statt. (Foto: Patrick Lüthy)